BFH: 1 %-Regelung gilt nur für tatsächlich zur privaten Nutzung überlassene Dienstwagen

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit Urteil vom 21. April 2010 VI R 46/08 entschieden, dass die 1 %-Regelung nur gilt, wenn der Arbeitgeber seinem Arbeitnehmer tatsächlich einen Dienstwagen zur privaten Nutzung überlässt. Aus der Bereitstellung eines Fahrzeugs zu betrieblichen Zwecken könne nicht aufgrund eines Anscheinsbeweises darauf geschlossen werden, dass das Fahrzeug vom Arbeitnehmer auch privat genutzt werde.

In dem der Entscheidung zu Grunde liegenden Streitfall betrieb der Kläger eine Apotheke mit Arzneimittelherstellung und etwa 80 Mitarbeitern, darunter auch der Sohn des Klägers, der auch das höchste Gehalt aller Mitarbeiter erhielt. Im Betriebsvermögen befanden sich sechs Kraftfahrzeuge, die für betriebliche Fahrten zur Verfügung standen. Fahrtenbücher wurden nicht geführt. Im Anschluss an eine Lohnsteuerprüfung ging das Finanzamt davon aus, dass der Sohn das teuerste der sechs betrieblichen Kraftfahrzeuge, einen Audi A8 Diesel, auch privat nutze, setzte dies als steuerpflichtigen Sachbezug mit der 1 %-Regelung an und erließ gegen den Kläger einen Lohnsteuerhaftungsbescheid.

Der Kläger machte dagegen vor dem Finanzgericht (FG) im Ergebnis erfolglos geltend, dass die Mitarbeiter und auch sein Sohn die betrieblichen Kraftfahrzeuge nicht privat sondern nur betrieblich genutzt hätten und die Privatnutzung arbeitsvertraglich verboten sei. Das Finanzgericht entschied, dass aufgrund der allgemeinen Lebenserfahrung der Beweis des ersten Anscheins für eine auch private Nutzung des Dienstwagens spreche. Unstreitig habe der Sohn das Fahrzeug dienstlich genutzt. Eine Privatnutzung durch ihn sei daher nicht auszuschließen.

Der BFH hob die Vorentscheidung auf und verwies die Sache an das FG zurück. Im Streitfall seien die Anwendungsvoraussetzungen der 1 %-Regelung, nämlich dass der Arbeitgeber eines der für Betriebszwecke vorgehaltenen Fahrzeuge seinem Sohn zur privaten Nutzung überlassen habe, nicht festgestellt. Stehe eine solche Kraftfahrzeugüberlassung zur privaten Nutzung nicht fest, könne diese fehlende Feststellung nicht durch den Anscheinsbeweis ersetzt werden. Es gebe weder einen Anscheinsbeweis dafür, dass dem Arbeitnehmer ein Dienstwagen aus dem arbeitgebereigenen Fuhrpark zur Verfügung stehe, noch dass der Arbeitnehmer ein solches Fahrzeug unbefugt auch privat nutze.

QUELLE: Bundesfinanzhof, Pressemitteilung Nr. 65 vom 04. August 2010


BMF Fragen und Antworten zur Absetzbarkeit von Arbeitszimmern: Was bedeutet die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts für die Steuererklärung?

Das BMF hat auf seiner Internetseite zu aktuellen Anwendungsfragen nach der Entscheidung des BVerfG zum Arbeitszimmer Stellung genommen. Hier die Ausführungen des BMF im Original:

"Das Bundesverfassungsgericht hat entschieden, dass Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer auch steuerlich abziehbar sein müssen, wenn für die betriebliche oder berufliche Tätigkeit kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht. Bisher gab es nur die Möglichkeit, Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer als Betriebsausgaben oder Werbungskosten anzusetzen, wenn das Arbeitszimmer den  „Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Tätigkeit" darstellt. Insofern wird die Regelung nun um eine weitere Möglichkeit ergänzt.

 Wer profitiert von der neuen Möglichkeit?

Diejenigen, die in ihrem Betrieb kein Arbeitszimmer haben und im häuslichen Arbeitszimmer auch ihre betriebliche bzw. berufliche Tätigkeit ausüben.

Auch Lehrer, die im Klassenzimmer unterrichten und denen kein angemessener Arbeitsplatz in der Schule zur Verfügung steht, können nun ihr häusliches Arbeitszimmer wieder steuerlich geltend machen.

Darf der Gesetzgeber die Absetzbarkeit des Arbeitszimmers nun gar nicht mehr einschränken?

Doch, das darf er weiterhin. Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem Beschluss auch entschieden, dassnicht die gesamte Regelung in der Fassung des Steueränderungsgesetzes 2007 verfassungswidrig ist. Damit hat das Bundesverfassungsgericht klargestellt, dass Beschränkungen der Absetzbarkeit für häusliche Arbeitszimmer, abgesehen von den genannten Ausnahmen, auch weiterhin verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden sind.

 Ab wann tritt das geänderte Gesetz in Kraft?

Die Bundesregierung wird dem Bundestag so bald wie möglich einen entsprechenden Gesetzgebungsvorschlag unterbreiten. Das Bundesverfassungsgericht hat dem Gesetzgeber aufgegeben, eine verfassungskonforme Neuregelung mit Rückwirkung ab 1. Januar 2007 zu treffen. 

Wie sieht die Übergangszeit bis zur Neuregelung aus? 

Das BMF wird die Finanzämter kurzfristig anweisen, bis zum Inkrafttreten der Neuregelung sämtliche betroffene Steuerbescheide ab dem Veranlagungszeitraum 2007 im Rahmen der verfahrensrechtlichen Möglichkeiten (nach § 165 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AO) vorläufig durchzuführen.

 Sollten vorläufige Steuerbescheide oder Feststellungsbescheide aufgrund der späteren gesetzlichen Neuregelung aufzuheben oder zu ändern sein, wird dies von Amts wegen vorgenommen werden; ein Einspruch ist insoweit nicht erforderlich.
Steuerpflichtige, die von der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts betroffen sind, können sich im Übrigen an ihr Finanzamt wenden, wenn Aufwendungen für das häusliche Arbeitszimmer schon vor Inkrafttreten der gesetzlichen Neuregelung bei der Steuerfestsetzung vorläufig berücksichtigt werden sollen. Das Finanzamt wird dann prüfen, ob eine Änderung der Steuerfestsetzung in Betracht kommt. Eine Änderung endgültiger Steuerbescheide, die nicht angefochten worden waren, kommt dabei allerdings nicht in Betracht. (...)

QUELLE: www.bundesfinanzministerium.de


Handwerk fordert Reform des Insolvenzrechtes ohne Fiskusprivileg. — Handwerk und Gewerbe - News

Gegen eine Wiedereinführung des sogenannten Fiskusprivilegs im Insolvenzrecht, wie sie das Bundesfinanzministerium plant, hat sich ZDH-Generalsekretär Holger Schwannecke im Gespräch mit der Süddeutschen Zeitung (23. Juli 2010) ausgesprochen. Schwannecke wörtlich: "Die Reform kann nur gelingen, wenn Privilegien innerhalb des Gläubigerkreises ausgehoben werden".

Der Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH) begrüßt und fordert eine Reform des Insolvenzrechtes, die auf Vereinfachung setzt. Der Erfolg insbesondere des Insolvenzplanverfahrens hänge demanch maßgeblich von der Einigungsbereitschaft und der fairen Lastenverteilung der Gläubiger ab. Die Wiedereinführung des Fiskusprivilegs würde nach Ansicht des ZDH dieses Prinzip von Grund auf torpedieren. 

Holger Schwannecke, ZDH-Generalsekretär: "Die Reform des Insolvenzrechtes kann nur gelingen, wenn sämtliche Privilegien innerhalb des Gläubigerkreises aufgehoben werden. Das sichert in der Praxis auch Handwerksbetrieben die Begleichung noch offener Forderungen."

Handwerk fordert Reform des Insolvenzrechtes ohne Fiskusprivileg. — Handwerk und Gewerbe - News.


Neuregelung der steuerlichen Berücksichtigung eines häuslichen Arbeitszimmers verfassungswidrig

Häusliches Arbeitszimmer wieder leichter steuerlich absetzbar! Mit Pressemitteilung vom 29.7.2010 hat das BVerfG mitgeteilt, dass es bereits am 6.7.2010 (2 BvL 13/09) beschlossen hat, dass die Neuregelung zur Nichtabziehbarkeit der Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer, wie sie seit dem Veranlagungsjahr 2007 galt, verfassungswidrig ist.  

Mit dem Jahressteuergesetz 1996 wurde in § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG die steuerliche Berücksichtigung von Aufwendungen für ausschließlich betrieblich oder beruflich genutzte häusliche Arbeitszimmer als Betriebsausgaben oder Werbungskosten erstmals eingeschränkt. Eine Ausnahme vom grundsätzlich geregelten Verbot des Abzugs solcher Aufwendungen galt danach dann, wenn die betriebliche oder berufliche Nutzung des Arbeitszimmers mehr als 50 % der gesamten betrieblichen und beruflichen Tätigkeiten betrug oder wenn für die betriebliche oder berufliche Tätigkeit kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung stand. Eine unbeschränkte Abzugsmöglichkeit war darüber hinaus nur noch zugelassen, wenn das Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Tätigkeit bildete. Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem Urteil vom 7. Dezember 1999 (BVerfGE 101, 297) die Verfassungsmäßigkeit dieser Einschränkung bejaht.

Mit dem Steueränderungsgesetz 2007 wurde die Abzugsmöglichkeit weiter eingeschränkt. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG erlaubt den Abzug der Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer sowie die Kosten der Ausstattung nur noch, wenn das Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung bildet. Der Kläger des Ausgangsverfahrens, der beruflich als Hauptschullehrer tätig ist, nutzte täglich für zwei Stunden ein ausschließlich beruflich genutztes häusliches Arbeitszimmer. Die von ihm beantragte Zuweisung eines Arbeitsplatzes in der Schule zur Vor- und Nachbereitung des Unterrichts war vom Schulträger abgelehnt worden. Das Finanzamt ließ die vom Kläger in seiner Einkommensteuererklärung für das Jahr 2007 geltend gemachten Aufwendungen für das häusliche Arbeitszimmer unberücksichtigt. Die deswegen vor dem Finanzgericht erhobene Klage führte zur Vorlage des Finanzgerichts.

Der Zweite Senat des Bundesverfassungsgerichts hat mit einer Mehrheit von 5:3 Stimmen entschieden, dass die Neuregelung in § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG gegen den allgemeinen Gleichheitssatz verstößt, soweit die Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer auch dann von der steuerlichen Berücksichtigung ausgeschlossen sind, wenn für die betriebliche oder berufliche Tätigkeit kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht. Der Gesetzgeber ist danach verpflichtet, rückwirkend auf den 1. Januar 2007 durch Neufassung des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG den verfassungswidrigen Zustand zu beseitigen. Die Gerichte und Verwaltungsbehörden dürfen die Vorschrift im Umfang der festgestellten Unvereinbarkeit mit dem Grundgesetz nicht mehr anwenden, laufende Verfahren sind auszusetzen.

Der Entscheidung liegen im Wesentlichen folgende Erwägungen zugrunde:

Der allgemeine Gleichheitssatz verlangt vom Einkommensteuergesetzgeber eine an der finanziellen Leistungsfähigkeit ausgerichtete hinreichend folgerichtige Ausgestaltung seiner Belastungsentscheidungen. Die für die Lastengleichheit im Einkommensteuerrecht maßgebliche finanzielle Leistungsfähigkeit bemisst sich unter anderem nach dem objektiven Nettoprinzip. Danach sind betrieblich oder beruflich veranlasste Aufwendungen als Betriebsausgaben oder Werbungskosten von der Bemessungsgrundlage abziehbar. Benachteiligende Ausnahmen von dieser Belastungsgrundentscheidung des Einkommensteuergesetzgebers bedürfen eines besonderen sachlichen Grundes, um den Anforderungen des allgemeinen Gleichheitssatzes zu genügen.

Daran fehlt es hier. Die im Gesetzgebungsverfahren angeführten fiskalischen Gründe sind nicht geeignet, die Neuregelung vor dem allgemeinen Gleichheitssatz zu rechtfertigen. Das Ziel der Einnahmenvermehrung stellt für sich genommen keinen hinreichenden sachlichen Grund für Ausnahmen von einer folgerichtigen Ausgestaltung einkommensteuerrechtlicher Belastungsentscheidungen dar. Denn dem Ziel der Einnahmenvermehrung dient jede, auch eine willkürliche steuerliche Mehrbelastung.

Darüber hinaus verfehlt die Neuregelung das Gebot einer hinreichend realitätsgerechten Typisierung, soweit Aufwendungen für das häusliche Arbeitszimmer auch dann nicht zu berücksichtigen sind, wenn für die betriebliche oder berufliche Tätigkeit kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht. Denn der Mangel eines alternativen Arbeitsplatzes, der sich durch die Vorlage einer Bescheinigung des Arbeitgebers ohne weiteres nachweisen lässt, liefert eine leicht nachprüfbare Tatsachenbasis für die Feststellung der tatsächlich betrieblichen oder beruflichen Nutzung und damit die Möglichkeit einer typisierenden Abgrenzung von Erwerbs- und Privatsphäre. Dagegen ist die Ermittlung und Bestimmung der nach der Neuregelung vom Abzugsverbot ausgenommenen Kosten eines Arbeitszimmers, das den „qualitativen“ „Mittelpunkt“ der gesamten betrieblichen oder beruflichen Tätigkeit bildet, offenkundig aufwendig und streitanfällig. Gemessen an den Zielen des Gesetzes - Vereinfachung, Streitvermeidung und Gleichmäßigkeit der Besteuerung - wird das Abzugsverbot, soweit es die Fallgruppe „kein anderes Arbeitszimmer“ betrifft, den Anforderungen einer realitätsgerechten Typisierung daher nicht gerecht.

In Erweiterung der verfassungsrechtlichen Prüfung hat das Bundesverfassungsgericht jedoch entschieden, dass die Ausdehnung des Abzugsverbotes nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz verstößt, soweit davon nunmehr auch Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer erfasst sind, das zu mehr als 50 % der gesamten betrieblichen oder beruflichen Tätigkeit ausschließlich betrieblich oder beruflich genutzt wird. Der Umfang der Nutzung des Arbeitszimmers ist allenfalls ein schwaches Indiz für dessen Notwendigkeit, wenn dem Steuerpflichtigen von seinem Arbeitgeber ein weiterer Arbeitsplatz zur Verfügung gestellt wird. Es fehlt zudem an leicht nachprüfbaren objektiven Anhaltspunkten für die Kontrolle der Angaben des Steuerpflichtigen zum Umfang der zeitlichen Nutzung des Arbeitszimmers.

 QUELLE: BVerG Pressemitteilung 55/2010 vom 29.7.2010


Insolvenzrecht: Insolvenzfestigkeit der Lastschrift per Einzugsermächtigung (BGH)

Der IX. Zivilsenat, der für das Insolvenzrecht zuständig ist, und der XI. Zivilsenat, für Bankrecht zuständig,  haben in zwei Urteilen, die jeweils vom anderen Senat mitgetragen werden, einheitliche Rechtsgrundsätze zur Insolvenzfestigkeit einer mittels Einzugsermächtigungslastschrift bewirkten Zahlung entwickelt und damit bislang bestehende Differenzen in der Rechtsprechung beider Senate ohne Anrufung des Großen Senats beigelegt (BGH, Urteil v. 20.7.2010 - XI ZR 236/07 u. IX ZR 37/09).

Hintergrund: Bei einer Einzugsermächtigungslastschrift tritt nach der sog. Genehmigungstheorie die Erfüllung der Forderung des Gläubigers erst mit der Genehmigung der Belastungsbuchung durch den Schuldner ein. Wird das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Schuldners eröffnet, bevor dieser die Lastschriften genehmigt, kann der Insolvenzverwalter grds. den noch nicht genehmigten Lastschriften widersprechen.

Hierzu führt der für Bankrecht zuständige XI. Zivilsenat aus: Bei regelmäßig wiederkehrenden Zahlungen kann auch eine konkludente - also durch schlüssiges und ständiges Verhalten -  Genehmigung der Belastungsbuchung in Betracht kommen (z.B. im Rahmen von Dauerschuldverhältnissen, laufenden Geschäftsbeziehungen oder bei Steuervorauszahlung), wenn der Schuldner dem Einzug nach Ablauf einer angemessenen Prüffrist nicht widerspricht und er einen früheren Einzug bereits genehmigt hatte. Dies gilt jedenfalls dann, wenn das Konto im unternehmerischen Geschäftsverkehr geführt wird.

Der für Insolvenzrecht zuständige IX. Zivilsenat führt hierzu aus: Der Insolvenzverwalter darf in Insolvenzverfahren über das Vermögen natürlicher Personen nicht schematisch allen noch nicht durch den Schuldner genehmigten Lastschriften widersprechen, er muss vielmehr die Grenzen des pfändungsfreien Schuldnervermögens beachten. Solange die Lastschriften nur das pfändungsfreie Schonvermögen betreffen, ist allein dem Schuldner die Entscheidung über die Genehmigung vorbehalten. Soweit die Summe der Buchungen aus Lastschriften und Barabhebungen sowie Überweisungen den pfändungsfreien Betrag ("Schonvermögen") nicht übersteigt, darf der Verwalter daher den Lastschriften nicht widersprechen. Aber auch wenn der Freibetrag überschritten ist, ist ein schematischer Widerspruch unzulässig. Der Verwalter muss dem Schuldner vielmehr Gelegenheit geben zu entscheiden, welche Lastschriften aus dem "Schonvermögen" bedient sein sollen.

Anmerkung: Der XI. Zivilsenat weist in seiner o.g. Entscheidung (Az. XI ZR 236/07) auch darauf hin, dass es der Kreditwirtschaft unter der Geltung des neuen Zahlungsverkehrsrechts (§§ 675c ff. BGB) - anders als nach der bisherigen Rechtslage - nunmehr freisteht, in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen eine von der Genehmigungstheorie abweichende Parteivereinbarung zu treffen. Autorisiert der Zahlungspflichtige mit der dem Gläubiger erteilten Einzugsermächtigung zugleich auch seine Bank, die Zahlung auszuführen, ist die Belastungsbuchung auf seinem Konto von Anfang an wirksam. Bei einer solchen rechtlichen Ausgestaltung der Einzugsermächtigungslastschrift hätten alle auf diesem Wege bewirkten Zahlungen auch dann Bestand, wenn nach der Belastungsbuchung das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Zahlungspflichtigen eröffnet wird beziehungsweise im Eröffnungsverfahren entsprechende Sicherungsmaßnahmen angeordnet werden. Das Recht des Zahlers gemäß § 675x BGB, binnen acht Wochen nach der Belastungsbuchung von seiner Bank Erstattung des Zahlbetrages verlangen zu können, fällt nicht in die Insolvenzmasse, so dass der (vorläufige) Insolvenzverwalter insoweit keine Verfügungsbefugnis erlangt.

Quelle: BGH, Pressemitteilung Nr. 152/2010


BFH zur ErbSt : Keine Steuervergünstigung auch bei Zwangsverkauf innerhalb Behaltensfrist

"Auch für den Fall, dass eine Freiberuflerpraxis aufgrund gesetzlicher Anordnung veräußert wird, führt die Betriebsveräußerung innerhalb der fünfjährigen Behaltensfrist (§ 13a Abs. 5 ErbStG a.F.) zum Wegfall der Steuervergünstigungen nach § 13a Abs. 1 und 2 ErbStG a.F. "

 Das hat der BFH im Urteil v. 17.3.2010 - II R 3/09 (jetzt erst  veröffentlicht am 23.6.2010) entschieden. 

Der Fall:  Der minderjährige Kläger ist Alleinerbe seines 2006 verstorbenen Vaters, der eine Arztpraxis besaß. Da der Kläger nicht über die für eine Fortführung der freiberuflichen Praxis erforderliche Berufsqualifikation verfügte, beantragten seine gesetzlichen Vertreter bei der zuständigen Kassenärztlichen Vereinigung, den Vertragsarztsitz - also die Praxis - des Vaters öffentlich auszuschreiben. Nach der Ausschreibung wurde die Praxis 2007 im Namen und für Rechnung des Erben verkauft . In seiner Erbschaftsteuererklärung bezifferte der Erbe den Wert der zum Nachlass gehörenden Arztpraxis mit insgesamt 306.326 € und beantragte, ihm für das erworbene Betriebsvermögen die Steuerentlastungen des § 13a Abs. 1 und Abs. 2 des ErbStG zu gewähren. Das Finanzamt lehnte dies ab. Dieser Auffassung schloss sich der BFH jetzt an.

Die Begründung des BFH:  Der Fortbestand der Qualität als Betriebsvermögen hängt bei dessen Erwerb von einem Freiberufler nicht tätigkeitsbezogen davon ab, dass der Erbe auch die freiberufliche Tätigkeit des Erblassers fortsetzt. § 13a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. Abs. 4 Nr. 1 ErbStG stellt wegen der Anknüpfung an den Erwerb von Betriebsvermögen vielmehr allein betriebsbezogen auf die Aufrechterhaltung und Weiterführung des Betriebs des Erblassers ab. Der Gesetzeswortlaut des § 13a Abs. 5 Nr. 1 ErbStG erfasst zwar die freiberufliche Einzelpraxis nicht. Da § 13a Abs. 5 Nr. 1 ErbStG aber erkennbar an § 13a Abs. 4 Nr. 1 ErbStG anknüpft, ist dem Gesetzgeber bei der Abfassung des Abs. 5 Nr. 1 offensichtlich ein Redaktionsversehen unterlaufen. Das Gesetz kann schon aus systematischen Gründen nicht in dem Sinne verstanden werden, dass die Veräußerung einer freiberuflichen Einzelpraxis vom Anwendungsbereich des § 13a Abs. 5 Nr. 1 ErbStG ausgeschlossen wäre. Vielmehr ergibt sich aus der in § 12 Abs. 5 ErbStG i.V.m. § 96 BewG angeordneten Gleichbehandlung des freiberuflichen und gewerblichen Betriebsvermögens, dass auch freiberufliche Einzelpraxen von § 13a Abs. 1 ErbStG erfasst werden. § 13a Abs. 5 Nr. 1 ErbStG ist nicht in Fällen, in denen die Veräußerung zwangsweise oder sogar kraft gesetzlicher Anordnung erfolgt, teleologisch zu reduzieren.

 

Anmerkung: Der BFH führt damit die Rechtsprechung fort, die kürzlich bereits im zusammenhang mit dem Zwangsverkauf eines Unternehmens im Rahmen einer Insolvenz ergangen ist (siehe hier). Auch in jenem Fall hatte das Gericht entschieden, dass der Gesetzgeber nicht habe erkennen lassen, dass er für gewisse Zwangssituationen, die die Behaltefrist beenden oder unmöglich machen, die Anwendung der Steuerbvergünstigung gewollt habe. Insoweit sah der BFH im Hinblick auf § 13 a Abs. 5 ErbStG a.F. keinen Anlass zur Einschränkung der gesetzlichen Formulierung.   

Quelle: BFH online


BFH ändert Rechtsprechung zur umsatzsteuerlichen Organschaft

Mit Urteil vom 22. April 2010 ((Aktenzeichen V R 9/09) hat der Bundesfinanzhof (BFH) seine Rechtsprechung zur umsatzsteuerrechtlichen Organschaft (Konzernbesteuerung) geändert. Das Urteil betrifft die in der Praxis häufig anzutreffende Fallkonstellation der Betriebsaufspaltung zwischen Schwestergesellschaften, die nach dem jetzigen Urteil des BFH keine Organschaft bilden.

Der Fall:  Bei der Klägerin handelte es sich um eine Kommanditgesellschaft (KG), die eine Reihe von entgeltlichen Leistungen an ihre Schwestergesellschaft, eine GmbH, erbrachte. Die GmbH betrieb Alten- und Pflegeheime und führte dabei steuerfreie Leistungen aus, so dass für sie keine Berechtigung zum Vorsteuerabzug bestand. An der KG und der GmbH waren drei Gesellschafter zu jeweils 1/3 beteiligt. Die KG ging davon aus, dass zwischen ihr als herrschender Organträger und der GmbH als beherrschte Organgesellschaft eine sog. Organschaft bestand und stützte dies darauf, dass sie die GmbH mittelbar über die gemeinsamen Gesellschafter beherrschen könne. Da alle Unternehmensteile einer derartigen Organschaft als einheitliches Unternehmen zu behandeln sind, und Leistungen zwischen diesen Unternehmensteilen nicht der Besteuerung unterliegen, war die KG weiter der Auffassung, dass sie ihre gegenüber der GmbH erbrachten Leistungen nicht zu versteuern habe. Für die GmbH wäre damit das Entstehen nichtabzugsfähiger Vorsteuerbeträge vermieden worden.

 Die Meinung des Gerichtes: Dem folgte der BFH unter Aufgabe seiner bisherigen Rechtsprechung nicht. Nach dem Urteil des BFH kann eine GmbH nicht mittelbar über mehrere gemeinsame Gesellschafter in eine Schwester-KG eingegliedert sein. Der BFH stützt dies insbesondere darauf, dass die Organschaft ein klares Über- und Unterordnungsverhältnis voraussetzt, an dem es zwischen Schwestergesellschaften zumindest für die jetzt entschiedene Fallkonstellation fehlt.

 Quelle: Pressemitteilung des BFH http://www.bfhurteile.de

 Weitere Details: Urteil des V.  Senats vom 22.4.2010 - V R 9/09


Das Fiskusvorrecht ruiniert Sanierungschancen

Der VID Verband deutscher Insovlenzverwalter hat sich in einer Pressemitteilung vom 08.06.2010 klar gegen die Wiedereinführung des Fiskuvorrechts ausgesprochen. Die Bundesregierung hatte diesen Plan nach ihrer sog. Sparklausur am 6./7.6. 2010 veröffentlicht. In diesem Blog wurde schon darüber berichtet. 

Mit der Wiedereinführung des Fiskusprivilegs verabschiede sich die Bunderegierung von einem zentralen Grundstz des Insolvenzrechts, der Gleichbehandlung aller Gläubiger, so der VID. Damit verschlechterten sich die Sanierungschancen für an sich gesunde Unternehmen, für die das Insolvenzrecht ein Sanierungsinstrumentarium bereitstelle.   

Scharf wendet sich der VDI auch gegen die Begründung für das Regierungsvorhaben, und bestätigt die Position, die bereits hier vertreten wurde: Die Wiedereinführung des Fiskusvorrechts ist das Gegenteil von Gläubigergleichbehandlung und hat mit einer angeblichen Privilegierung von Banken im Insolvenzverfahren überhaupt nichts zu tun und somit darauf auch überhaupt keinen Einfluss.


Finanzmarkttransaktionssteuer: Die Diskussion gewinnt an Fahrt

Finanzmarkttransaktionssteuer
globale Finanzströme sollen besteuert werden

Die "Finanzmarkttraktionssteuer" ist auf dem besten Weg zum Wort des Jahres zu werden. In jedem Fall ist sie  das Wort des Monats Mai. Nahezu täglich gibt es dazu neue Stellungnahmen verschiedener politischer und wirtschaftlicher Akteure, deren Position, wie im Fall der Bundeskanzlerin Angela Merkel, sich auch schon einmal in Tagesfrist ändern kann.  Einen interessanten Überblick über die aktuelle Diskussion bietet nealine.

Was ist das eigentlich, diese Finanzmarkttransaktionssteuer? Eine gute Beschreibung dazu findet sich bei wikipedia. Und wer es gerne visuell aufbereitet mag, findet dazu auch ein Video mit einer Positionsbestimmung namhafter Schauspieler.


Eine Steuer gegen Armut!

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