BFH : Berichtigung der Umsatzsteuer bei Bestellung eines starken vorläufigen Insolvenzverwalters

clause-684509_640Bestellt das Insolvenzgericht einen starken vorläufigen Insolvenzverwalter, ist der Steuerbetrag für die steuerpflichtigen Leistungen, die der Unternehmer bis zur Verwalterbestellung erbracht hat, nach § 17 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 UStG wegen Uneinbringlichkeit zu berichtigen. Eine nachfolgende Vereinnahmung des Entgelts durch den starken vorläufigen Insolvenzverwalter führt gemäß § 17 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 UStG zu einer zweiten Berichtigung des Steuerbetrages (BFH, Urteil v. 01.03.2016 - XI R 21/14, veröffentlicht am 29.06.2016).

Hintergrund: Nach § 17 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1, Abs. 1 Satz 1 UStG ist der Steuerbetrag für steuerpflichtige Ausgangsleistungen des Unternehmens zu berichtigen, wenn das vereinbarte Entgelt uneinbringlich geworden ist. Wird das Entgelt für eine uneinbringliche Forderung nachträglich vereinnahmt, sind Steuerbetrag und Vorsteuerabzug erneut zu berichtigen (§ 17 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 UStG).

Sachverhalt und Verfahrensgang: Der Kläger ist Insolvenzverwalter über das Vermögen einer GmbH. Im Juni 2012 wurde die vorläufige Insolvenzverwaltung angeordnet und der Kläger zum starken vorläufigen Insolvenzverwalter bestellt. Der Kläger vereinnahmte nach seiner Bestellung Entgelte für Leistungen, die die GmbH vor Anordnung der vorläufigen Insolvenzverwaltung ausgeführt hatte. Die darauf entfallende Umsatzsteuer erklärte er in den Umsatzsteuer-Voranmeldungen als umsatzsteuererhöhenden Steuerbetrag. Zugleich machte er geltend, die Umsatzsteuer sei nicht zu berichtigen. Dies lehnte das FA ab und setzte eine höhere Steuer als die beantragte fest. Das FG gab der hiergegen gerichteten Klage statt und setzte die Umsatzsteuer antragsgemäß fest. Der BFH gab dem FA Recht.

Hierzu führten die Richter des BFH weiter aus:

  • Entgegen der Auffassung des FG sind die Entgelte für die von der GmbH vor der vorläufigen Insolvenzverwaltung erbrachten steuerpflichtigen Leistungen durch die Bestellung des Klägers zum starken vorläufigen Insolvenzverwalter uneinbringlich geworden (erste Berichtigung). Die nachfolgende Vereinnahmung der Entgelte für diese Leistungen durch den Kläger führt zu einer zweiten Berichtigung und begründet Masseverbindlichkeiten.
  • Noch ausstehende Entgelte für zuvor erbrachte steuerpflichtige Leistungen eines Unternehmers werden uneinbringlich, wenn über sein Vermögen das Insolvenzverfahren eröffnet wird.
  • Auch wenn das Insolvenzgericht vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens einen vorläufigen Insolvenzverwalter bestellt, ist der Steuerbetrag für die steuerpflichtigen Leistungen, die der Unternehmer vor oder nach der Verwalterbestellung bis zum Abschluss des Insolvenzeröffnungsverfahrens erbracht hat, zu berichtigen.
  • Nach diesen Grundsätzen sind die von der GmbH vor der vorläufigen Insolvenzverwaltung erbrachten Leistungen durch die Bestellung des Klägers zum Insolvenzverwalter über das Vermögen der GmbH uneinbringlich geworden. Vereinnahmt der Kläger danach Entgelte für diese Leistungen, ist die Umsatzsteuer zum zweiten Mal zu berichtigen.

Quelle: NWB Datenbank (Sc)


BGH: Indizien für Kenntnis der Zahlungseinstellung durch den Anfechtungsgegner

clause-684509_640Der BGH hat aktuell in einem Anfechtungsfall zu  § 133 Abs. 1 InsO (Vorsätzliche Benachteiligung) wie folgt entschieden:

"Schweigt der Schuldner einer erheblichen Forderung während eines monatelangen Zeitraums auf Rechnungen und Mahnungen und bietet er nach Einschaltung eines Inkassounternehmens und Erwirken eines Mahnbescheids in dem auf seinen Widerspruch eingeleiteten gerichtlichen Verfahren die ratenweise Zahlung der Gesamtforderung einschließlich der Zinsen und der angefallenen Kosten an, hat der Gläubiger die Zahlungseinstellung des Schuldners, dessen Zahlungsverzug nicht mit einer fortdauernden Anspruchsprüfung erklärt werden kann, erkannt. (Leitsatz des Gerichts)

BGH, Urteil vom 25.02.2016 (Vorinstanz LG Aachen)."

In dem entschiedenen Fall hatte ein Transportunternehmen seinen Kunden aufgrund erbrachter Transportleistungen mehrfach zur Zahlung der entsprechenden Rechnungen aufgefordert, mehrere Mahnschreiben versandt, die erfolglos blieben, und den Fall dann zum Forderungseinzug an ein Inkassounternehmen weitergegeben. Dieses erwirkte einen Mahnbescheid gegen den säumigen Kunden, der hiergegen Widerspruch einlegt. Das anschließende Gerichtsverfahren führte zu einem Ratenzahlungsvergleich, auf den der Kunde einige Raten zahlte, bevor er in Insolvenz ging. Der Insolvenzverwalter hat die Zahlungen angefochten und vom dem Transportunternehmen die Rückzahlung zur Masse verlangt. Die Anfechtung wurde argumentativ u.a. darauf gestützt, dass das Transportunternehmen aufgrund der vorherigen Mahnmaßnahmen wusste, dass der Kunde zahlungsunfähig war.

Während die Vorgerichte noch der Meinung waren, dass es dem Transportunternehmen an der Benachteiligungsabsicht gefehlt habe, sah der BFH diese im jetzigen Urteil als gegeben an, weil es gewusst habe, dass der Kunde zahlungsunfähig war. Der BGH  gab der Klage des Insolvenzverwalters somit statt.


Eingeschränkter Vertrauensschutz für Bauleistende

site-1028178_640In einer Pressemitteilung vom heutigen Tag teilt das FG Münster mit:

"Mit heute veröffentlichten Urteilen vom 15.3.2016 (Az. 15 K 1553/15 U und 15 K 3669/15 U) hat der 15. Senat des Finanzgerichts Münster entschieden, dass in sog. Bauträger-Fällen einer Inanspruchnahme des Bauleistenden keine Vertrauensschutzgesichtspunkte entgegenstehen, wenn im Ergebnis eine finanzielle Belastung des Bauleistenden durch Abtretung des Umsatzsteuernachforderungsanspruchs gegen den Bauträger an das Finanzamt ausgeschlossen werden kann.

Den Entscheidungen des 15. Senats lag ein sog. Bauträger-Fall zugrunde. In Bauträger-Fällen erbringt ein Bauleistender gegenüber einem Bauträger, d.h. einem Unternehmer, der selbst nur Grundstückslieferungen ausführt, Bauleistungen. Nach damaliger Ansicht der Finanzverwaltung war auf derartige Fälle das Reverse-Charge-Verfahren (Umkehr der Steuerschuldnerschaft, § 13b Abs. 2 Nr. 4, Abs. 5 Satz 2 UStG) anwendbar. Der Bundesfinanzhof (BFH-Urteil vom 22.8.2013 V R 37/10, BFHE 243, 20, BStBl. II 2014, 128) hat diese Ansicht der Finanzverwaltung verworfen. Das Finanzamt beabsichtigte anschließend, die Bauleistenden anstelle des Bauträgers als Steuerschuldner nach § 13a Abs. 1 Nr. 1 UStG in Anspruch zu nehmen.

Die Urteile des 15. Senats des Finanzgerichts Münster vom 15.3.2016 betreffen einerseits die Festsetzung der Umsatzsteuer gegenüber dem Bauleistenden und andererseits die Erhebung der festgesetzten Steuer. Zwar sei das Finanzamt befugt, die Umsatzsteuer gemäß § 27 Abs. 19 UStG gegenüber dem Bauleistenden entsprechend höher festzusetzen, da der Vertrauensschutz des Bauleistenden in die damalige Verwaltungsauffassung ausgeschlossen werde. Dieser Ausschluss sei aber nur dann verfassungsgemäß, wenn im Ergebnis eine finanzielle Belastung des Bauleistenden nicht eintrete. Auf Erhebungsebene sei deshalb das Ermessen des Finanzamts gemäß § 27 Abs. 19 Satz 3 UStG, die Abtretung des Umsatzsteuernachforderungsanspruchs anzunehmen, auf null reduziert.

Wegen grundsätzlicher Bedeutung der Streitfragen hat der 15. Senat in beiden Entscheidungen die Revision zum Bundesfinanzhof zugelassen."

Quelle: Justiz NRW  (Pressemitteilung des FG Münster vom 15.04.2016)

In einem ähnlich gelagerten Fall hat der BFH bereits Aussetzung der Vollziehung eines Bescheide bewilligt, mit dem ein Bauleistender für die Umsatzsteuer in Anspruch genommen wurde. Der BFH hat grundsätzliche Bedenken geäußert. Die Finanzämter wollen angeblich bereits ihrer Abwicklungspraxis verändern. 


BMF / Gewinnrealisierung bei Abschlagszahlungen: Rückkehr zur "alten" Rechtslage

Der Deutsche Steuerberaterverband (DStV) teilt aktuell in einer Mail an seine Mitglieder mit:

"Nun ist es also amtlich, das Bundesministerium der Finanzen (BMF) hat im Einvernehmen mit den obersten Landesbehörden der Länder mit Schreiben vom15.3.2016wie vom DeutschenSteuerberaterverband e.V. (DStV) bereits am 11.3.2016 avisiert wurde, die ursprüngliche Rechtslage bei der Gewinnrealisierung von Abschlagszahlungen wiederhergestellt und die Verwaltungsanweisung vom 29.6.2015aufgehoben.

BFH entscheidet zum Abzug von SchuldzinsenDer DStV begrüßt die Rückkehr zur Anwendung der alten Rechtslage ausdrücklich, da hierdurch unnötiger Bürokratieaufwand vermieden wird und die Vorgehensweise praxisbewährt ist. Die Gewinnrealisierung tritt nur noch in den Fällen ein, die dem Sachverhalt des BFH-Urteiles vom 14.5.2014 (Az.:VIII R 25/11) entsprechen. Gewinnrealisierungen sollen somit nur fürAbschlagszahlungen im Sinne des § 8 Abs. 2 HOAI a.F. anfallen, die bis zum17.8.2009 vertraglich vereinbart wurden. Zur Vermeidung von Härten kann derSteuerpflichtige den aus der erstmaligen Anwendung der Grundsätze derBFH-Entscheidung resultierenden Gewinn gleichmäßig entweder auf dasWirtschaftsjahr der erstmaligen Anwendung und das folgende Wirtschaftsjahr oder auf das Wirtschaftsjahr der erstmaligen Anwendung und die beiden folgenden Wirtschaftsjahre verteilen. Keine Anwendung findet das Urteil mehr auf Abschlagszahlungen gemäß § 15 der2013 modifizierten HOAI und nach § 632a BGB. (...)"

Mehr dazu hier auf der Website des DStV

 

 

 


Grundsätze eines vorinsolvenzlichen Sanierungsverfahrens

ESUG - neue SanierungschancenDie EU-Kommission hat bereits in 2014 eine Empfehlung "für einen neuen Ansatz im Umgang mit unternehmerischem Scheitern und Unternehmensinsolvenz" abgegeben (Empfehlung der EU-Kommission vom 12.3.2014 ) Diese Empfehlung enthält auch Ansätze für die Gestaltung und rechtliche Regelung eines  vorinsolvenzlichen Sanierungsverfahrens. Gemeint ist damit ausdrücklich kein außergerichtliches Verfahren, sondern ein gerichtlich kontrolliertes Sanierungsverfahren, das aber noch kein Insolvenzverfahren ist, sondern vielmehr auf einem gerichtlich überwachten Sanierungsplan fußt. Solche Regelungen gibt es bislang im deutschen Recht nicht. Der deutsche Gesetzgeber hat seit 1999 in mehreren Anläufen und Stufen vielmehr versucht, das Insolvenzrecht  "sanierungsfreundlicher" zu gestalten, um damit das Management von Krisenunternehmen dazu zu bewegen, frühzeitiger den Weg ins Insolvenzverfahren bei Sanierungsfähigkeit zu wagen.

Der Verband der Insolvenzverwalter Deutschlands e.V. VID hat jetzt in einer  Stellungnahme seine Sicht dargelegt und Grundsätze für ein solches vorinsolvenzliches Sanierungsverfahren vorgeschlagen.

Die Stellungnahme des VID zum vorinsolvenzlichen Sanierungsverfahren steht auf dessen Website zum Download bereit.


Umsatzsteuer | Finanzämter stoppen Abwicklung der Bauträgerfälle (NWB Experten-Blog)

 Eine neue Entwicklung scheint sich innerhalb der Finanzverwaltung bei der Abwicklung der sog. Bauträgerfälle zu ergeben. Hierauf weisen Robert Hammerl im NWB Experten-Blog sowie diverse Steuerberaterverbände hin.

 

Hintergrund: Der Bauträger ist aufgrund des BFH-Urteils v. 22.8.2013 - V R 37/10 nicht mehr Schuldner der Umsatzsteuer aus dem Bezug von Bauleistungen. Die Finanzverwaltung ist mit BMF-Schreiben vom 5.2.2014 dieser Rechtsprechung gefolgt. Der Bauträger stellt einen Antrag auf Auszahlung der Umsatzsteuer für die Vergangenheit, die aufgrund der Regelung in § 27 Abs. 19 UStG aber nicht ausbezahlt werden soll, sondern durch Inrechnungstellung der Umsatzsteuer durch den Subunternehmer mit der zivilrechtlichen Forderung des Subunternehmers verrechnet wird. Im Ergebnis würde der Bauträger damit nur die Erstattungszinsen im Sinne des § 233a AO erhalten, während der Subunternehmer aufgrund des § 233a Abs. 2a AO nicht mit Nachzahlungszinsen belangt werden soll. Der Zinslauf beim Subunternehmer beginnt erst 15 Monate nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem der Bauträger den Antrag auf Erstattung gestellt hat.

Neue Entwicklung: Der BFH hatte mit Beschluss v. 27.1.2016 - V B 87/15 zur Frage der Aussetzung der Vollziehung in den Bauträgerfällen Stellung genommen und dargelegt, dass ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Inanspruchnahme des Subunternehmers durch § 27 Abs. 19 UStG bestehen. Darüber hinaus hält es der BFH für ernstlich zweifelhaft, ob der Anspruch des Subunternehmers auf Nachbelastung der Umsatzsteuer entsprechend § 17 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 UStG uneinbringlich geworden ist.

Die Finanzverwaltung interpretiert nun diesen Beschluss wie folgt:

  1. Die vom Bauträger und Subunternehmer damals übereinstimmend angenommene Steuerschuldumkehr entfällt gemäß § 17 UStG erst, wenn der Bauträger die Umsatzsteuer an den Subunternehmer bezahlt.
  2. Der Subunternehmer hat die Leistung erst zu versteuern, wenn er den darauf entfallenden Umsatzsteuerbetrag vereinnahmt hat.

Es ist ein BMF-Schreiben hierzu in Arbeit. Damit möchte die Finanzverwaltung die Zinserstattung beim Bauträger vermeiden und - soweit der Subunternehmer gar nicht mehr in Anspruch genommen werden kann - auch die Auszahlung der Umsatzsteuer. Die Finanzverwaltung stellt nun die Inanspruchnahme des Subunternehmers bis auf weiteres zurück. Sie weist in den Schreiben an die Bauträger darauf hin, dass die Anträge auf Erstattung zurückzunehmen sind, da diese unbegründet sind. Es erstaunt doch sehr, wie der Beschluss des V. Senats von der Finanzverwaltung ausgelegt wird, um sich nun schadlos zu halten.

Empfehlung: Sie sollten sich von der Finanzverwaltung schriftlich bestätigen lassen, dass auch nach Ablauf der Karenzzeit des § 233a Abs. 2a AO beim Subunternehmer keine Zinsen festgesetzt werden, da die Festsetzung der Umsatzsteuer ja nun zurückgestellt wird. Auf Seiten des Bauträgers sollten Sie weiterhin auf dem Antrag beharren und das weitere Vorgehen abwarten. Der Gang zum Finanzgericht ist damit vorprogrammiert.

Quellen: NWB Experten-Blog, Meldung v. 23.3.2016 sowie u.a. Steuerberaterverband Niedersachsen Sachsen-Anhalt e.V. online


Verfahrensrecht/Umsatzsteuer | Haftung des Abtretungsempfängers beim „echten Factoring“ (BFH)

pictureDer BFH hat zur Haftung des Abtretungsempfängers für Umsatzsteuer beim sog. echten Factoring entschieden (BFH, Urteil v. 16.12.2015 - XI R 28/13; veröffentlicht am 9.3.2016).  Im Grundsatz überträgt der BFH die Regelungen, die für Abtretungsempfänger gelten (z.B. Banken im Rahmen von Zessionsverträgen) auf die Fälle des echten Factorings.

Hier die wichtigsten Aussagen des Urteils:

  • Wer kraft Gesetzes für eine Steuer haftet (Haftungsschuldner) - wie der Abtretungsempfänger einer Forderung unter den Voraussetzungen des § 13c UStG -, kann nach § 191 Abs. 1 Satz 1 AO durch Haftungsbescheid in Anspruch genommen werden.
  • Die Haftung nach § 13c Abs. 1 UStG beschränkt sich nicht auf Fälle der Sicherungsabtretung. Vielmehr unterliegt nach dem Willen des Gesetzgebers auch der "echte" Factor unter dieser Haftungsvorschrift.
  • Die Haftung des Abtretungsempfängers entspricht dem Regelungszweck des § 13c UStG, der darin besteht, Umsatzsteuerausfälle zu vermeiden, und eine "Garantiehaftung" begründet (Anschluss an bisherige Rechtsprechung des BFH)
  • Weder das Verfassungs- noch das Unionsrecht stehen einer Haftung des Abtretungsempfängers nach § 13c UStG entgegen.

    Quelle: NWB Datenbank


Verfahrensrecht | Verjährungshemmende Wirkung einer Fahndungsprüfung (BFH)

pictureDer BFH hat in einem jetzt veröffentlichten Urteil festgestellt: Voraussetzung für die verjährungshemmende Wirkung der Ermittlung  durch die Steuerfahndung  ist, dass für den Steuerpflichtigen klar und eindeutig erkennbar ist, in welchen konkreten Steuerangelegenheiten ermittelt wird (BFH, Urteil v. 17.11.2015 - VIII R 67/13; veröffentlicht am 9.3.2016).

Hintergrund: Wenn die  Steuerfahndung  vor Ablauf der Festsetzungsfrist beim Steuerpflichtigen mit Ermittlungen der Besteuerungsgrundlagen beginnt, läuft die Festsetzungsfrist insoweit nicht ab, bevor die aufgrund der Ermittlungen zu erlassenden Steuerbescheide unanfechtbar geworden sind.

Sachverhalt: Die Kläger im vorliegenden Streitfall erklärten am 3.5.2010 als Erben ihrer verstorbenen Mutter Einkünfte aus Kapitalvermögen für die Jahre 1998 bis 2002 nach. Die Steuerfahndungsstelle des Finanzamts für Steuerstrafsachen und Steuerfahndung teilte dem Kläger mit Schreiben vom 6.12.2010 unter Hinweis auf ein gegen ihn eingeleitetes steuerstrafrechtliches Ermittlungsverfahren und seine Selbstanzeige vom 6.3.2010 mit, dass sie mit der Überprüfung seiner Selbstanzeige für die Jahre 1999 bis 2008 beauftragt worden sei und forderte ihn u.a. auf, überprüfbare Unterlagen über die nacherklärten Einkünfte seiner Mutter vorzulegen. Das Finanzamt erließ jeweils am 25.5.2011 geänderte Einkommensteuerbescheide für die Streitjahre 1998 und 1999. Die hiergegen gerichtete Klage hatte in letzter Instanz Erfolg.

Hierzu stellten die Richter des BFH klar:

  • Die angefochtenen Bescheide durften gemäß nicht mehr ergehen, da zuvor Festsetzungsverjährung eingetreten war. Der Ablauf der Festsetzungsfrist war nicht gehemmt. (§ 169 Abs. 1 Satz 1 AO)
  • Voraussetzung für die verjährungshemmende Wirkung der Ermittlungen der Besteuerungsgrundlagen ist, dass für den Steuerpflichtigen klar und eindeutig erkennbar ist, in welchem konkreten Besteuerungs- bzw. Strafverfahren die Steuerfahndung ermittelt.
  • Diese Voraussetzung war im Streitfall nicht gegeben, da es im Streitfall für den Kläger nicht eindeutig erkennbar war, dass Gegenstand der Ermittlungen der Steuerfahndung auch die Kapitaleinkünfte der Mutter für die Jahre 1998 und 1999 sein sollten.

Quelle: NWB Datenbank (mit weiteren Hinweisen)


Aktuelles zu Versagungsanträgen bei angestrebter Restschuldbefreiung

Nach Beobachtung vieler Berater und Verwalter in Insolvenzangelegenheiten nehmen die Anträge auf Versagung der Restschuldbefreiung durchaus zu.

Nun hat das AG Göttingen als Insolvenzgericht einen Antrag in einer sog. Bagatellesache zurückgewiesen. Im entschiedenen Fall ging es um einen "vergessenen Kleingläubiger".Näheres dazu berichtet Insolvenz News & Beratung.

Der Verfasser weist zurecht darauf hin, dass dies kein Grund sein kann, bei der Insolvenzantragstellung, insbesondere bei der Erstellung des Gläubigerverzeichnisses nachlässig zu arbeiten.


FG Düsseldorf | Einkommensteuer auf zur Masse gezogene Einkünfte als Masseverbindlichkeit

 

Urteil zum Chi-Test

Die Einkommensteuer, die auf Einkünften (hier: Leibrente) beruht, die der Insolvenzverwalter zur Masse gezogen hat, stellt, soweit  § 55 Absatz 1 Nr.  1 InsO nicht einschlägig ist, eine sonstige Masseverbindlichkeit nach § 55 Absatz 1 Nr.  2 InsO analog dar und ist als solche von der Insolvenzmasse zu tragen.

 

FG Düsseldorf, Urt. v. 20.5.2015 – 7 K 1668/14 E, rkr.

Sachverhalt in Kurzform:

Der Insolvenzverwalter hatte Bezüge des Insolvenzschuldners aus Leibrenten zur Masse gezogen. Das Finanzamt hatte die daraus resultierenden Einkünfte dem insolvenzfreien Vermögen des Klägers zugerechnet und die darauf entfallende Steuer gegen ihn festgesetzt. Hiergegen hatte dieser geklagt.
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