Die Vorsatzanfechtung in der Insolvenz – aktueller Stand

Die Vorsatzanfechtung in Insolvenzverfahren und Auswege für die betroffenen Anfechtungsgegner, Verteidigungsmöglichkeiten und Vertretung…

Quelle: Die Vorsatzanfechtung in der Insolvenz – aktueller Stand


Insolvenzrecht | Befreiende Wirkung einer Steuererstattung nach Insolvenzeröffnung (BFH)

Die Verletzung der steuerlichen Mitwirkungspflichten durch den Insolvenzverwalter kann dazu führen, dass ihm im Rahmen des § 82 InsO eine Berufung auf die Zurechnung des Wissens des ehemals örtlich zuständigen Finanzamts von der Eröffnung des Insolvenzverfahrens verwehrt ist (BFH, Urteil v. 18.8.2015 - VII R 24/13; veröffentlicht am 2.12.2015).

Hintergrund: Gemäß § 80 Abs. 1 InsO geht die Empfangszuständigkeit für alle Leistungen, welche auf die zur Insolvenzmasse gehörenden Forderungen erbracht werden, mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens auf den Insolvenzverwalter über. Eine Leistung an den Insolvenzschuldner hat allerdings gemäß § 82 InsO weiterhin befreiende Wirkung, wenn der Leistende zur Zeit der Leistung keine Kenntnis von der Eröffnung des Insolvenzverfahrens hatte.

Sachverhalt: Im Streitfall war das FA unter Berufung auf § 82 InsO von der befreienden Wirkung seiner Zahlung an den Insolvenzschuldner ausgegangen, da es sich seiner Auffassung nach die Kenntnis der ehemals örtlich zuständigen Finanzbehörde von der Insolvenzeröffnung nicht zurechnen lassen muss. Die hiergegen gerichtete Klage des Insolvenzverwalters hatte in allen Instanzen keinen Erfolg.

Hierzu führten die Richter des BFH weiter aus:

  • Zwar tritt die befreiende Wirkung der Zahlung gemäß § 82 InsO nur dann ein, wenn der Leistende keine positive Kenntnis von der Eröffnung des Insolvenzverfahrens gehabt hat.
  • Ob bzw. unter welchen Voraussetzungen die positive Kenntnis des ehemals örtlich zuständigen FA von der Insolvenzeröffnung dem aktuell zuständigen FA zugerechnet werden kann, kann hier offen bleiben.
  • Denn der Insolvenzverwalter kann sich jedenfalls dann nicht auf eine Zurechnung der Kenntnis des ehemals örtlich zuständigen FA berufen, wenn er selbst seine steuerlichen Mitwirkungspflichten verletzt hat.
  • Diese Voraussetzung ist im Streitfall erfüllt, da der Insolvenzverwalter entweder von dem Wohnsitzwechsel des Insolvenzschuldners gewusst hat, ohne das FA über die Eröffnung des Insolvenzverfahrens zu informieren, oder keine ausreichenden Vorkehrungen getroffen hat, den Wohnsitz des Insolvenzschuldners nachzuverfolgen.
  • Darüber hinaus hat der Insolvenzverwalter über mehrere Jahre weder die erforderlichen Einkommensteuererklärungen abgegeben noch den Finanzbehörden die Besteuerungsgrundlagen mitgeteilt.

Quelle: NWB Datenbank sowie BFH, Pressemitteilung v. 2.12.2015


BAG: Ausschlussfrist im Insolvenzplan für Klage bei bestrittener Forderung regelmäßig wirksam

Eine Klausel in einem Insolvenzplan, nach der bestrittene Forderungen bei der Verteilung nur berücksichtigt werden, wenn innerhalb einer Ausschlussfrist Klage auf Feststellung zur Tabelle erhoben wird, ist in der Regel wirksam. Dies begründet das Bundesarbeitsgericht damit, dass eine solche Klausel lediglich die Verteilung der Masse regele, aber nicht den materiell-rechtlichen Anspruch berühre. Die Forderungen der aufgrund einer solchen Klausel zunächst nicht berücksichtigten Insolvenzgläubiger würden nicht dauerhaft entwertet. Insbesondere hindere eine solche Klausel die Durchsetzung der Planquote nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens im Wege der Leistungsklage nicht (Urteil vom 19.11.2015, Az.: 6 AZR 559/14).

 

QUELLE: Beck-aktuell

http://rsw.beck.de/aktuell/meldung/bag-ausschlussfrist-im-insolvenzplan-fuer-klage-bei-bestrittener-forderung-regelmaessig-wirksam


FG Münster: Unentgeltliche Überlassung eines Fitnessstudios an Arbeitnehmer ist umsatzsteuerbar

 

Überlässt ein Arbeitgeber seinen Mitarbeitern ein Fitnessstudio zur unentgeltlichen Nutzung, so löst dies Umsatzsteuer aus. Gleiches gilt für andere unentgeltliche Sportangebote, die er seinen Arbeitnehmern macht. Das Finanzgericht Münster bejahte das Vorliegen unentgeltlicher Wertabgaben (Urteil vom 01.10.2015, Az.: 5 K 1994/13 U).


REPORT: Schattenfinanzzentrum Deutschland

Fotolia_15824739_XSFür alle, die schon immer misstrauisch waren, wenn vom  vertragstreuen und alle Regeln befolgenden europäischen Musterschüler Deutschland die Rede war:
HERAUSGEBER:
Global Policy Forum Europe
Königstr. 37a, 53115 Bonn
Tel. 0228-96 50 510, Fax 0228-96 38 206
europe@globalpolicy.org
www.globalpolicy.eu
Bischöfliches Hilfswerk MISEREOR e.V.
Mozartstraße 9, 52064 Aachen
Tel. 0241-442 168, Fax 0241-442 505
info@misereor.de
www.misereor.de
Weltwirtschaft, Ökologie & Entwicklung
Eldenaer Str. 60, 10247 Berlin
Tel. 030-275 822 49, Fax 030-27 96 928
weed@weed-online.org
www.weed-online.org
Tax Justice Network
38 Stanley Avenue, Chesham, Buckinghamshire, HP5 2JG, UK
Tel. 06421-301 95 17, Fax 06421-301 95 16
markus@taxjustice.net
www.taxjustice.net
Netzwerk Steuergerechtigkeit Deutschland
http://steuergerechtigkeit.blogspot.de

Gesetzentwurf | Verbesserung der Rechtssicherheit bei Anfechtungen nach der InsO (BMJV)

ESUG - neue Sanierungschancen

Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV) hat den Referentenentwurf eines Gesetzes zur Verbesserung der Rechtssicherheit bei Anfechtungen nach der Insolvenzordnung und nach dem Anfechtungsgesetz veröffentlicht und an die Länder sowie die betroffenen Fachkreise und Verbände mit der Gelegenheit zur Stellungnahme versandt. Der Entwurf ist auf der Homepage des BMJV veröffentlicht. Das BMVJ führt aus:

Der Referentenentwurf verfolgt das Ziel, den Wirtschaftsverkehr sowie Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer von Rechtsunsicherheiten zu entlasten, die von der derzeitigen Praxis des Insolvenzanfechtungsrechts ausgehen. Zudem sollen die unter dem geltenden Recht gewährten Möglichkeiten der Insolvenzanfechtung punktuell neu justiert werden, um übermäßige Belastungen des Geschäftsverkehrs und von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern zu vermeiden.

Der Referentenentwurf sieht im Wesentlichen folgende Neuregelungen vor:

1. Neujustierung der Vorsatzanfechtung (Änderung des § 133 InsO)

Die Neuregelung lässt die bisherige Grundstruktur der Vorsatzanfechtung unberührt. Die Neuregelung differenziert aber zwischen Deckungshandlungen (Handlungen, die einem Insolvenzgläubiger Sicherung oder Befriedigung gewähren oder ermöglichen) einerseits und sonstigen Rechtshandlungen wie etwa Vermögensverschiebungen andererseits. Bei den Deckungsfällen soll weiter zwischen kongruenten und inkongruenten Deckungen unterschieden werden:

  • Für die Vorsatzanfechtung von Deckungshandlungen soll ein deutlich verkürzter Anfechtungszeitraum von vier (anstatt bislang zehn) Jahren gelten.
  • Die Vorsatzanfechtung von kongruenten Deckungen soll noch weiter eingeschränkt werden. Anders als bislang, sollen diese Deckungen grundsätzlich erst dann anfechtbar sein, wenn der Schuldner sie in Kenntnis der bereits eingetretenen Zahlungsunfähigkeit gewährte und der Gläubiger dies erkannt hat.
  • Für die übrigen Fälle, namentlich Vermögensverschiebungen und Bankrotthandlungen, soll es beim bisherigen Recht (insbesondere bei dem zehnjährigen Anfechtungszeitraum) bleiben, weil hier Einschränkungen der Anfechtbarkeit nicht geboten sind.
  • Gesetzliche Klarstellungen sollen dafür sorgen, dass die Handhabung praktisch relevanter Fallgruppen kalkulierbarer wird: So soll die Bitte des Schuldners um eine verkehrsübliche Zahlungserleichterung für sich genommen nicht zum Anknüpfungspunkt für die Begründung des Anfechtungsanspruches gemacht werden können; das Gleiche soll im Rahmen der Einzelzwangsvollstreckung für das Bemühen des Gerichtsvollziehers um eine gütliche Erledigung gelten. Auch soll sich der Rechtsverkehr darauf verlassen können, dass keine Vorsatzanfechtung droht, wenn ernsthafte Sanierungsbemühungen des Schuldners unterstützt werden sollen oder wenn dem Schuldner mit wertäquivalenten Bargeschäften die Fortführung seines Unternehmens oder die Sicherung seines Lebensbedarfs ermöglicht werden soll.

2. Konkretisierung des Bargeschäftsprivilegs (Änderung des § 142 InsO)

Um die Rechtsunsicherheiten zu beseitigen, die in Bezug auf die Anfechtbarkeit der Zahlung von Arbeitsentgelt bestehen, soll gesetzlich klargestellt werden, dass ein grundsätzlich anfechtungsausschließendes Bargeschäft gegeben ist, wenn der Zeitraum zwischen Arbeitsleistung und Gewährung des Arbeitsentgelts drei Monate nicht übersteigt.

3. Privilegierung der Zwangsvollstreckungsbefriedigung (Änderung des § 131 InsO)

Deckungen, die durch Zwangsvollstreckung auf der Grundlage eines in einem gerichtlichen Verfahren erlangten Vollstreckungstitels erwirkt worden sind, sollen künftig nur unter den erschwerten Anforderungen des § 130 InsO (also bei Kenntnis von der Zahlungsunfähigkeit des Schuldners) anfechtbar sein. Ziel ist es, insbesondere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sowie kleine und mittelständische Unternehmen, die unter Inkaufnahme von Prozess- und Kostenrisiken einen Titel erlangt haben, besser zu schützen.

4. Neuregelung der Verzinsung des Anfechtungsanspruchs (Änderung des § 143 InsO)

Anfechtungsansprüche sollen künftig nur noch nach Maßgabe der allgemeinen Verzugsregeln oder des § 291 des Bürgerlichen Gesetzbuchs verzinst werden. Dadurch sollen bestehende Fehlanreize zu einer schleppenden Durchsetzung von Anfechtungsansprüchen beseitigt und der Rechtsverkehr besser vor einer übermäßigen Zinsbelastung geschützt werden.

Quelle: BMJV, Pressemitteilung v. 16.3.2015


BFH | Veräußerungsverlust gem. § 17 EStG erst bei Abschluss aller Verhandlungen über Bürgschaftsinanspruchnahmen

Das Entstehen eines Auflösungsverlusts i.S. von § 17 Abs. 2 und 4 EStG setzt u.a. voraus, dass die Höhe der nachträglichen Anschaffungskosten feststeht. Ein Auflösungsverlust kann demnach regelmäßig noch nicht berücksichtig werden, sofern im fraglichen Veranlagungszeitraum die Verhandlungen über die Höhe der Inanspruchnahme aus einer Höchstbetragsbürgschaft noch nicht beendet wurden (BFH, Urteil v. 2.12.2014 - IX R 9/14, NV; veröffentlicht am 18.3.2015).

Hintergrund: Zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb gehört auch der Gewinn aus Veräußerung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft, wenn der Veräußerer in den letzten fünf Jahren am Kapital der Gesellschaft unmittelbar oder mittelbar zu mindestens 1 Prozent beteiligt war (§ 17 Abs. 1 Satz 1 EStG). Veräußerungsgewinn ist der Betrag, um den der Veräußerungspreis nach Abzug der Veräußerungskosten die Anschaffungskosten übersteigt. Als Veräußerung gilt auch die Auflösung einer Kapitalgesellschaft (§ 17 Abs. 4 Satz 1 EStG). Zu den berücksichtigungsfähigen nachträglichen Anschaffungskosten gehören vor allem auch Verluste aus eigenkapitalersetzenden Finanzierungsmaßnahmen (Darlehen, Bürgschaften, Sicherheitsleistungen).

Sachverhalt: Der Kläger war Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH. Auf Antrag der Geschäftsführung eröffnete das Amtsgericht am 1.4.2010 das Insolvenzverfahren über das Vermögen der GmbH. Im Rahmen des Insolvenzverfahrens wurden am 6.5.2010 alle Aktiva (der gesamte Betrieb) an einen Erwerber veräußert. Der Kläger hatte 2009 eine Höchstbetragsbürgschaft für Verbindlichkeiten der GmbH gegenüber einer Bank übernommen. Mit Schreiben vom 20.8.2010 teilte die Bank dem Kläger mit, dass sie noch eine Forderung gegen die GmbH habe. Der Kläger wurde daher aufgefordert, den Bürgschaftsbetrag bis zum 15.10.2010 zu zahlen. Nach mehrmonatigen Verhandlungen teilte die Bank dem Kläger schließlich 2011 mit, dass sie ihn bei Zahlung eines Betrages X bis zum 10.6.2011 aus der Bürgschaft entlassen werde. Mit Schreiben v. 30.5.2011 bestätigte die Bank, dass sie den Vergleichsbetrag am 27.5.2011 erhalten habe und keine Rechte aus der Gesamtbürgschaft mehr geltend mache. Mit ihrer Steuererklärung für das Streitjahr 2010 machten die Kläger einen Verlust gemäß § 17 EStG geltend. Finanzamt und diesem folgend das Finanzgericht vertraten die Auffassung, der Auflösungsverlust sei insgesamt erst 2011 zu berücksichtigen.

Hierzu führte der BFH weiter aus:

  • Das Finanzgericht hat hier zutreffend angenommen, dass im Streitjahr die nachträglichen Anschaffungskosten des Klägers aus der streitbefangenen Höchstbetragsbürgschaft noch nicht feststanden und deshalb der Auflösungsverlust des Klägers noch nicht entstanden war.
  • Das Finanzgericht hat die - ex ante bestehende - Unsicherheit hinsichtlich der Höhe der Inanspruchnahme des Klägers aus der Bürgschaft und damit der Höhe seiner nachträglichen Anschaffungskosten - in schlüssiger Weise - maßgeblich damit begründet, dass im Streitjahr sowie noch im Jahr 2011 schriftliche und telefonische Verhandlungen über die Höhe der Inanspruchnahme des Klägers geführt worden seien, so dass im Streitjahr noch nicht abzusehen gewesen sei, dass der Kläger nur in Höhe von 60.000 EUR in Anspruch genommen würde.
  • Soweit die Kläger in ihrer Revisionsbegründung vortragen, der Kläger sei zu einer Leistung von mehr als 60.000 EUR nach seinen bereits 2010 bekannten Vermögensverhältnissen nicht in der Lage gewesen, so dass deshalb auch die Höhe seiner Inanspruchnahme schon im Streitjahr festgestanden hätte, konnte das Finanzgericht dies nicht feststellen.

Anmerkung: Ohne Erfolg berief sich die Kläger auch auf die Entscheidungen des FG Münster v. 7.10.2003 - 13 K 6898/00 E und v. 12.5.2004 -1 K 6725/02 E. Erstgenanntes Urteil stellt auf die Besonderheiten bei einer Ablehnung eines Konkursverfahrens mangels Masse ab, zweitgenanntes betrifft keinen Fall, in dem über die Höhe der Inanspruchnahme aus einer Bürgschaft verhandelt worden wäre.

Quelle: NWB Datenbank


Hersteller manipulierbarer Kassensysteme haften für hinterzogene Steuern!

In einem Eilverfahren hat das Finanzgericht Rheinland-Pfalz entschieden, dass der Geschäftsführer einer Firma, die Kassensysteme nebst Manipulationssoftware herstellt und vertreibt, für die Steuern haftet, die ein Kunde (im konkreten Fall der Inhaber eines Eiscafés) hinterzogen hat (rund 1,6 Mio Euro).
QUELLE:  http://www.elektronische-steuerpruefung.de/rechtspr/finanzgericht-rheinland-pfalz-2015-01-07.htm


Verfahrensrecht | Feststellungsbescheid im Insolvenzverfahren (BFH)

BEFELDT Steuerberater Lippstadt Fiskusvorrecht Insovlenzverfahren
Feststellungebscheide über Insolvenzforderungen nicht mehr änderbar

Verfahrensrecht | Feststellungsbescheid im Insolvenzverfahren (BFH)

Ein bestandskräftiger Feststellungsbescheid über eine Umsatzsteuernachzahlung als Insolvenzforderung steht einer später begehrten anderweitigen Umsatzsteuerfestsetzung entgegen, wenn dieser Bescheid nicht mehr geändert werden kann. Die Entscheidung des FA über die Rücknahme des Feststellungsbescheides nach § 130 Abs. 1 AO ist eine Ermessensentscheidung, die von den Gerichten nur eingeschränkt überprüft werden kann (BFH, Urteil v. 11.12.2013 - XI R 22/11; veröffentlicht am 19.2.2014).

Hintergrund: Macht die Finanzbehörde im Insolvenzverfahren einen Anspruch aus dem Steuerschuldverhältnis als Insolvenzforderung geltend, so stellt sie erforderlichenfalls die Insolvenzforderung durch schriftlichen Verwaltungsakt fest, § 251 Abs. 3 AO. Dieser Feststellungsbescheid ist mangels Festsetzung einer Steuer kein Steuerbescheid i.S. von § 155 AO. Er ist daher nach Eintritt der Bestandskraft nur nach §§ 130, 131 AO änderbar (BFH, Urteile v. 24.11.2011 - V R 13/11 und V R 20/10 sowie v. 6.12.2012 - V R 1/12).

Sachverhalt: Der Kläger begehrt als Insolvenzverwalter über das Vermögen der Insolvenzschuldnerin aus einer für das Jahr 2003 (Streitjahr) nachgereichten Umsatzsteuererklärung eine entsprechende Umsatzsteuerfestsetzung sowie die Änderung der nach § 251 Abs. 3 AO bislang vorgenommenen Feststellung der steuerlichen Insolvenzforderung. Die Erklärung hatte er eingereicht, nachdem ein zuvor vom FA erlassene Feststellungsbescheid bestandskräftig und in die Insolvenztabelle eingetragenen geworden war. Das Finanzamt vertrat die Auffassung, dass eine Änderung der Eintragung in der Insolvenztabelle aufgrund der nachgereichten Umsatzsteuererklärung nicht mehr möglich sei. Der Kläger ist dagegen der Meinung, dass die Umsatzsteuerfestsetzung erklärungsgemäß durchzuführen und der streitbefangene Feststellungsbescheid nach §§ 130, 131 AO zu ändern sei.

Hierzu führten die Richter des BFH weiter aus:

Die vom Kläger beantragte Umsatzsteuerfestsetzung für 2003 ist wegen des bestandskräftigen Feststellungsbescheids v. 2.8.2006 nicht mehr möglich.
Zwar kommt wegen der vom Kläger eingereichten Steuererklärung für 2003 mit einem sich daraus ergebenden Erstattungsbetrag eine nachträgliche materielle Rechtswidrigkeit des Feststellungsbescheides i.S. von § 130 Abs. 1 AO in Betracht.
Allerdings ist die Rücknahme eines rechtswidrigen Verwaltungsakts nach dem Wortlaut des § 130 Abs. 1 AO eine Ermessensentscheidung der Finanzbehörde i.S. des § 5 AO, die grundsätzlich nur eingeschränkt gerichtlich geprüft werden kann.
Vorliegend hat das FG im Rahmen der ihm obliegenden Prüfung zutreffend angenommen, dass das FA die Rücknahme des streitbefangenen Feststellungsbescheides ermessensfehlerfrei abgelehnt hat.

Quelle: NWB Datenbank


Insolvenzrecht | Anfechtung von Gehaltszahlungen (BAG)

steuerlichen Verlust aus der Insolvenz für den Neustart nutzen

Das Bundesarbeitsgericht hat zur Insolvenzanfechtung von im Wege des Bargeschäfts erfolgten Lohnzahlungen entschieden (BAG, Urteil v. 29.1.2014 - 6 AZR 345/12).

Hintergrund: Die Anfechtungstatbestände in §§ 129 ff. InsO ermöglichen es dem Insolvenzverwalter, vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommene Schmälerungen der Insolvenzmasse rückgängig zu machen. Nach § 133 InsO können in den letzten 10 Jahren vor dem Insolvenzantrag erfolgte Entgeltzahlungen angefochten werden, wenn der Arbeitgeber mit dem Vorsatz, seine Gläubiger zu benachteiligen, gehandelt hat und der Arbeitnehmer im Zeitpunkt der Zahlung diesen Vorsatz kannte. Eine solche sog. Vorsatzanfechtung ist auch möglich, wenn das Entgelt als Gegenleistung für die in engem zeitlichen Zusammenhang erbrachte gleichwertige Arbeitsleistung gezahlt wird und damit ein Bargeschäft i.S.d. § 142 InsO vorliegt.

Sachverhalt: Die Beklagte war bis zum 31.12.2007 bei der Schuldnerin als Alleinbuchhalterin beschäftigt. Über das Vermögen der Schuldnerin wurde auf Antrag vom 10.10.2007 das Insolvenzverfahren eröffnet und der Kläger zum Insolvenzverwalter bestellt. Die Schuldnerin war seit Anfang 2007 zahlungsunfähig. Die Beklagte erhielt gleichwohl wie alle Arbeitnehmer der Schuldnerin ihr Entgelt stets zum Fälligkeitszeitpunkt gezahlt. Der Kläger begehrt unter dem Gesichtspunkt der Vorsatzanfechtung die Rückzahlung des für die Zeit von Januar bis Juli 2007 gezahlten Nettoentgelts von 10.023,30 Euro zur Insolvenzmasse. Er machte geltend, auch bei Gehaltszahlungen an Arbeitnehmer im Wege des Bargeschäfts lägen bei Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit die subjektiven Voraussetzungen der Vorsatzanfechtung vor. Die so begründete Klage hatte in allen Instanzen keinen Erfolg.

Hierzu führten die Richter des BAG weiter aus:

    • Ob der Arbeitgeber mit Benachteiligungsvorsatz gehandelt hat und der Arbeitnehmer davon Kenntnis hatte, kann nur aus Indizien hergeleitet werden.
    • Ein Indiz von besonderer Bedeutung ist die Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers.
    • Allerdings sind die subjektiven Voraussetzungen der Vorsatzanfechtung nicht stets schon dann zu bejahen, wenn der Arbeitgeber zahlungsunfähig war und der Arbeitnehmer dies wusste.
    • Vielmehr muss auch dieses Indiz einzelfallbezogen auf seine Beweiskraft hin geprüft werden.
    • Erfolgt die Entgeltzahlung im Wege des Bargeschäfts, kann sich auch bei Kenntnis der eigenen Zahlungsunfähigkeit der Wille des Arbeitgebers darauf beschränken, eine gleichwertige Gegenleistung für die zur Fortführung des Unternehmens nötige Arbeitsleistung zu erbringen, ohne dass ihm eine damit verbundene Gläubigerbenachteiligung bewusst wird.
    • Im Hinblick auf den Bargeschäftscharakter der Entgeltzahlungen hat die Vorinstanz rechtsfehlerfrei für den Einzelfall die subjektiven Voraussetzungen der Vorsatzanfechtung verneint.

Quelle: BAG, Pressemitteilung v. 29.1.2014 / www.nwb.de