Vorzeitige Restschuldbefreiung im Insolvenzverfahren?

Die regelmäßige Wohlverhaltensperiode im Insolvenzverfahren beträgt 6 Jahre seit Verfahrenseröffnung , erst danach wird Restschuldbefreiung erteilt. Abweichend davon sieht das Gesetz gegenwärtig ein Insolvenzplanverfahren vor und ab 1.7.2014 die Möglichkeit der Verkürzung auf 3 Jahre, wenn mindestens 25% der Insolvenzforderungen beglichen werden.

Darüberhinaus geibt es aber auch im Insolvenzverfahren weiterhin die Möglichkeit, außergerichtliche Verhandlungen mit den  Gläubigern zu führen und so die Zeit bis zur Restschuldbefreiung zu verkürzen. Diese Wege sind von RA Oliver Gothe-Syren sehr gut in seinem Blog Insolvenz-News dargestellt worden. Hier gehts zum Text.

Verlustvorträge aus der Insolvenz nutzen
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Wichtig: ein solches Vorgehen erfordert a) eine Abstimmung mit dem Insolvenzgericht und b) eine Begleitung durch einen insolvenzerfahrenen Begleiter. Zusätzlich sind auch die hier die steuerlichen Folgen eines Erlassvergleiches zu prüfen und im Auge zu behalten.


BFH | Insolvenz |Abtretungsempfänger aus Globalzession haftet für alle daraus erhaltenen Zahlungen

Die Unternehmenssanierung mit Hilfe des Insolvenzrechts soll verbessert werden
Die Unternehmenssanierung mit Hilfe des Insolvenzrechts soll verbessert werden
Der BFH hat mit Urteil vom 20.03.2013, XI R 11/12, jetzt veröffentlicht, sich mit dem Umfang der Haftung eines Abtretungsempfängers / Zessionars beschäftigt. Zugrunde lag ein Sachverhalt, bei dem nach Insolvenz der abtretenden Firma der vorläufige Insolvenzverwalter Forderungen eingezogen und diese anschließend an die Bank, zu deren Gunsten die Forderungen abgetreten waren, ausgekehrt hatte. Vorläufiger Insolvnezverwalter und Bank hatten die Auffassung vertreten, dass mit dieser Auskehrung Netto-Forderungsbeträge ohne enthaltene Umsatzsteuer an die Bank geflossen seien, so dass diese nicht für enthaltene USt nach § 13c UStG zu haften habe. Der BFH sah das anders und entschied wie folgt:

Leitsätze

1. Die Haftung des Abtretungsempfängers nach § 13c UStG umfasst alle Formen der Abtretung --auch die Globalzession-- von Forderungen des Abtretenden aus Umsätzen.

2. Hat ein vorläufiger Insolvenzverwalter aufgrund richterlicher Ermächtigung eine zur Sicherheit abgetretene Forderung eingezogen und den Erlös an den Abtretungsempfänger weitergeleitet, haftet der Abtretungsempfänger nach § 13c UStG für die im vereinnahmten und an ihn weitergeleiteten Forderungsbetrag enthaltene Umsatzsteuer.

3. Die Haftung nach § 13c UStG kann nicht durch eine zivilrechtliche Vereinbarung ausgeschlossen werden, nach der es sich bei dem weitergeleiteten Betrag um einen Nettobetrag ohne Umsatzsteuer handeln soll.


Hochwasser | Aussetzung der Insolvenzantragspflicht für betroffene Unternehmen (BMJ)

Das Bundeskabinett hat am 24.6.2013 einen Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Aufbauhilfe nach Hochwasserschäden beschlossenen. Der Gesetzentwurf sieht eine bis zum 31.12.2013 befristete Aussetzung der Insolvenzantragspflicht für Unternehmen vor, die infolge des Hochwassers in eine Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung geraten sind. Darauf weist das Bundesministerium der Justiz (BMJ) hin.

Hintergrund: Nach § 15a Abs. 1 der Insolvenzordnung (InsO) müssen Geschäftsleiter von juristischen Personen und bestimmten Gesellschaften, bei denen kein Gesellschafter eine natürliche Person ist (Beispiel: GmbH & Co KG), bei Eintritt einer Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung unverzüglich, spätestens jedoch nach drei Wochen, einen Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens stellen. Nach § 15 Abs. 4 und 5 InsO ist eine Verletzung dieser Insolvenzantragspflicht strafbar. Sie kann ferner nach § 823 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuches in Verbindung mit § 15a Abs. 1 InsO zur Folge haben, dass der antragspflichtige Geschäftsleiter den Gläubigern zum Schadensersatz verpflichtet ist.

Hierzu führt das BMJ u.a. aus:

■Unter den derzeitigen Ausnahmebedingungen als Folge der Hochwasserkatastrophe lässt sich nicht gewährleisten, dass innerhalb der für die Stellung von Insolvenzanträgen an sich vorgesehenen Höchstfrist von drei Wochen alle Verfahren und Verhandlungen abgeschlossen werden können, die Voraussetzung für den Bezug von Versicherungs-, Hilfs- oder Spendenleistungen oder für den Abschluss etwaig erforderlicher Sanierungs- oder Finanzierungsvereinbarungen sind.
■Ohne gesetzliche Neuregelung wären die Geschäftsleiter der betroffenen Unternehmen gezwungen, zur Vermeidung einer strafrechtlichen Verfolgung und einer zivilrechtlichen Haftung auch dann einen Insolvenzeröffnungsantrag zu stellen, wenn erfolgversprechende Aussichten auf die Beseitigung der Insolvenzlage bestehen.
■Die Insolvenzantragspflicht soll in den Fällen ausgesetzt werden, in denen Aussichten darauf bestehen, dass sich die eingetretene Insolvenzlage durch erlangbare Versicherungs-, Entschädigungs- oder Spendenleistungen oder durch eine Sanierungs- oder Finanzierungsvereinbarung beseitigen lässt.
■Erst wenn dies bis zum Jahresende 2013 nicht gelingt, müssen die betroffenen Unternehmen innerhalb der neu anlaufenden Höchstfrist von drei Wochen einen Insolvenzantrag stellen.
■Eine Verlängerung der Aussetzung der Antragsfrist bis längstens zum 31.3.2014 bleibt möglich, wenn sich herausstellen sollte, dass eine Vielzahl von Unternehmen zum Jahresende noch mehr Zeit benötigt, um erstrebte Geldleistungen zu erhalten oder erfolgversprechende Sanierungs- oder Finanzierungsverhandlungen abzuschließen.
Hinweis: Es sollen aber nicht alle insolvenzrechtlichen Regelungen ausgesetzt werden, sondern ausschließlich die Insolvenzantragspflicht. Unberührt bleibt daher das Recht von Schuldnern oder Gläubigern, einen Insolvenzantrag zu stellen. Da die Einzugstellen für Sozialversicherungsbeiträge und die Finanzverwaltung auf Antrag bis zum 30.9.2013 von Vollstreckungsmaßnahmen absehen werden (s. Rundschreiben RS 2013/247 des GKV-Spitzenverbands v. 13.6.2013), dürfte insoweit auch nicht mit Gläubigeranträgen zu rechnen sein. Allerdings müssen Geschäftsleiter darauf achten, dass sie während des Bestehens einer Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung das Verbot von Zahlungen an einzelne Gläubiger beachten. Quelle: BMJ, Pressemitteilung v. 26.6.2013 /NWB online

Hinweis: Den vollständigen Text der o.g. Pressemitteilung finden Sie auf den Internetseiten des BMJ.


BUNDESRAT | Die zweite Insolvenzrechtsreform ist durchgewinkt (BMJ)

Die Unternehmenssanierung mit Hilfe des Insolvenzrechts soll verbessert werden
die zweite Stufe der InsO-Reform wurde gezündet,brennt aber nicht!

Am 7.6.2013 wurde das Gesetz zur Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfahrens und zur Stärkung der Gläubigerrechte im Bundesrat abschließend beraten.

Es hat mal wieder gedauert:  Die lang diskutierte zweite Stufe der Insolvenzrechtsreform, die sich mit der Verbraucherinsolvenz auseinandersetzt, wurde am 7.6.2013 vom Bundesrat verabschiedet.  Mit dem „Gesetzentwurf zur Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfahrens und zur Stärkung der Gläubigerrechte“, das der Bundestag am 16. 5. 2013 verabschiedet hat, sollen die  insolventen (ehemaligen) Unternehmer und Verbraucher, eigentlich alle "natürlichen Personen", schneller als bisher eine zweite Chance erhalten. Voraussetzung ist, dass sie einen Teil ihrer Schulden sowie die Verfahrenskosten begleichen. Nach der Gesetzesbegründung sollen auch die Gläubiger davon profitieren, weil die Schuldner einen gezielten Anreiz erhalten, möglichst viel zu bezahlen. Darüber sind auch Regelungen zur Verkürzung und Umgestaltung des Restschuldbefreiungsverfahrens, zur Stärkung der Gläubigerrechte und Regelungen für insolvente Mitglieder von Wohnungsbaugenossenschaften enthalten. Für die Praxis eher bedeutsam dürfte die Zulassung des Insolvenzplanverfahrens für Verbraucher sein – eine weitere Möglichkeit, dass sich Schuldner und Gläubiger im Insolvenzverfahren über die Regulierung der Verbindlichkeiten einigen.

Hierzu erklärt Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger:

  • "Das Gesetz eröffnet insolventen natürlichen Personen neue Perspektiven. Während zur Erlangung der Restschuldbefreiung bislang in allen Privatinsolvenzverfahren ein sechsjähriges Verfahren durchlaufen werden muss, ist künftig schon nach der Hälfte der Zeit ein wirtschaftlicher Neuanfang möglich.
  • Schafft es der Schuldner, innerhalb von drei Jahren mindestens 35 Prozent der Gläubigerforderungen zur Schuldentilgung bereitzustellen, sowie die Verfahrenskosten zu begleichen, kann ihm nach Ablauf dieses Zeitraums Restschuldbefreiung erteilt werden.
  • Wer schneller schuldenfrei sein möchte, kann künftig auch in Verbraucherinsolvenzen die flexible und sofortige Entschuldungsmöglichkeit des Insolvenzplans in Anspruch nehmen. Bis zum Schlusstermin eines Insolvenzverfahrens kann jeder Schuldner einen Insolvenzplan vorlegen, in dem außerhalb des Restschuldbefreiungsverfahrens und abweichend von den Vorschriften der Insolvenzordnung auf seinen Einzelfall abgestimmte Regelungen zur Entschuldung getroffen werden können. Stimmt die Mehrheit der Gläubiger zu, ist der Weg zu einem sofortigen wirtschaftlichen Neustart frei. Dabei wird ein Insolvenzplan bereits in Verbraucherinsolvenzverfahren vorgelegt werden können, die vor dem 1. Juli 2014 beantragt wurden oder werden.
  • Gleichzeitig stärkt das Gesetz die Rechte der Gläubiger. Wenn der Schuldner einen Restschuldbefreiungsantrag stellt, wird ihm bereits mit Beginn des Insolvenzverfahrens auferlegt, eine angemessene Erwerbstätigkeit auszuüben oder sich zumindest um eine solche zu bemühen. Gläubiger können auch zukünftig jederzeit schriftlich einen Versagungsantrag im Insolvenzverfahren stellen.
  • Eine weitere konkrete Verbesserung wurde für den Wohnungserhalt von Mitgliedern von Wohnungsgenossenschaften erreicht. Sie werden vor den Auswirkungen der Kündigung der Mitgliedschaft durch einen Vollstreckungsgläubiger oder den Insolvenzverwalter, die in ihren Folgen mit der Kündigung des Wohnraummietverhältnisses vergleichbar ist, geschützt."

Quellen: Bundesministeriums der Justiz, Pressemitteilung v. 7.6.2013 / www. nwb-online.de

Kommentar: ... es wird weiter dauern:  Die Neuregelungen treten erst ab 1.7.2014 in Kraft und gelten dann auch nur für Verfahren, die ab diesem Datum eröffnet werden. Das ist schön für die handelnden Politiker aller Parteien, weil sie die gute Nachricht noch vor der Bundestagswahl verkünden können, obwohl jeder Schuldner, der jetzt unter Druck steht, faktisch nichts davon hat. Wenn man sich vergegenwärtigt, dass belastende Steuergesetze und die Schließung von sog. "Schlupflöchern" in schöner Regelmäßigkeit  mit Rückwirkung beschlossen werden, ist dies eine Merkwürdigkeit. Eine nachvollziehbare Begründung dafür findet sich im Gesetzgebungsverfahren nicht.  

Inhaltlich dürfte die Reform nur für einen kleinen Kreis von Schuldnern überhaupt einen Vorteil bringen. 35% sind eine hohe Hürde gemessen an den üblicherweise mickrigen Quoten und wer die Praxis und Klientel des Restschuldbefreiungsverfahrens kennt, wird hier nicht viele Illusionen haben, dass es vielen Schuldnern gelingen könnte, diese Hürde zu überspringen. Zu begrüßen ist die Öffnung des Insolvenzplanverfahrens, weil dadurch wesentliche flexiblere Möglichkeiten für eine Einigung mit den Gläubigern zur Verfügung stehen.


Insolvenzantrag | Der "weiche" Überschuldungsbegriff wird unbefristet

Insolvenz, Überschuldung, Fortführungsprognose, Fortbestehensprognose, Insolvenzberatung, Hartmut Befeldt, Steuerberater LippstadtNeben der Zahlungsunfähigkeit begründet  auch die Überschuldung einer Kapitalgesellschaft eine  Insolvenzantragspflicht.  Wird diese verletzt können sich  Geschäftsführer und  auch die Berater der Gesellschaft strafbar machen.

Bei der gegenwärtigen befristeten Gesetzeslage führt eine Überschuldung - also ein Überschuss der Verbindlichkeiten über das Vermögen - dann nicht zur Insolvenzantragspflicht , wenn eine positive Fortbestehensprognose für das Unternehmen besteht. Die Fortbestehensprognose führte also dazu, dass die Überschuldung praktisch irrelevant war.  Dieser sog. "weiche"  Überschuldungsbegriff wurde im Zuge der Finanzkrise eingeführt, um den Zusammenbruch vieler Unternehmen zu verhindern. Die Anwendung war zuletzt bis zum 31.12.2013 befristet worden.

Bei  der alten Regelung, die ab dem 01.01.2014 auch wieder angewendet werden  sollte, liegt Überschuldung dann vor, wenn das Vermögen des Unternehmens inclusive der stillen Reserven nicht ausreicht, um die Verbindlichkeiten abzudecken. Das Vermögen wird hierbei mit seinen Liquidationswerten angesetzt. Besteht hingegen eine positive Fortführungsprognose´können für die Überschuldungsprüfung Fortführungswerte angesetzt werden.  In dieser Konstellation für die positive Fortführungsprognose demnach nur zu einer Änderung der Bewertungsregeln, nach denen die Überschuldung zu berechnen ist, nicht aber zum kompletten Fortfall der Überschuldung.

Wenn also dieser „weiche“ Überschuldungsbegriff zum 01.01.2014 ausliefe, könnten Gesellschaften insolvent werden, bei denen die psotivie Fortbestehensprognose bisher zum Wegfall der Insolvenzantragspflicht geführt hat. Diese rechtliche Unsicherheit führt zu der Frage, ob bei diesen Gesellschaften bereits heute überhaupt noch eine positive Prognose gestellt werden kann, wenn diese voraussichtlich zum 1.1.2014 rechnerisch überschuldet sein könnten.

Vor diesem Hintergrund hat der Gesetzgeber jetzt  beschlossen, dass der „weichere“ Überschuldungsbegriff unbefristet fortbestehen soll. Auch nach dem 31.12.2013 kann eine positive Fortbestehensprognose die Überschuldung und damit auch die Insolvenzantragspflichten beseitigen.


BFH | Umsatzsteuer | Aufrechnung im Insolvenzverfahren

Die wechselhafte Rechtssprechung zur Aufrechnung der Umsatzsteuer im Insolvenzverfahren hat erneute Änderungen erfahren.  Diesmal hat der BFH über die Aufrechnung von Ansprüchen aus einer Entgeltberichtigung im Sinne des § 17 UStG entschieden:

"Für die Anwendung des in der Insolvenzordnung geregelten Aufrechnungsverbots (§ 96 InsO) ist entscheidend, wann der materiell-rechtliche Berichtigungstatbestand des § 17 Abs. 2 UStG verwirklicht wird. Nicht entscheidend ist, wann die zu berichtigende Steuerforderung begründet worden ist (BFH, Urteil v. 25.7.2012 - VII R 29/11; veröffentlicht am 31.10.2012) .

Hintergrund: Gerät ein Steuerpflichtiger in Insolvenz, besteht für das Finanzamt oftmals nur dann eine aussichtsreiche Möglichkeit, offene Umsatzsteuerforderungen aus der Zeit vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens zu realisieren, wenn es seine Forderungen gegen Zahlungsansprüche des betreffenden Unternehmens (etwa aus Vorsteuerüberhängen in anderen Veranlagungszeiträumen) aufrechnen kann. Die Insolvenzordnung lässt eine solche Aufrechnung zwar grds. zu; sie verbietet sie jedoch, soweit der Insolvenzgläubiger dem Schuldner erst nach Eröffnung des Verfahrens etwas schuldig geworden ist (§ 96 Abs. 1 Nr. 1 InsO). Das war nach der bisherigen Rechtsprechung dann nicht der Fall - eine Aufrechnung war also zulässig -, wenn der Anspruch des Steuerpflichtigen zwar steuerrechtlich erst während des Insolvenzverfahrens entstanden war, jedoch auf dem Ausgleich einer vor Verfahrenseröffnung erfolgten Steuerfestsetzung beruhte, insbesondere etwa einer Umsatzsteuerberichtigung wegen Uneinbringlichwerden des Entgelts (vgl. z.B. BFH, Beschluss v. 6.10.2005 - VII B 309/04). Diese Rechtsprechung hat der BFH nun aufgegeben.

Hierzu führt der BFH weiter aus: Für die Anwendung des § 96 Abs. 1 Nr. 1 InsO ist entscheidend, wann der materiell-rechtliche Berichtigungstatbestand des § 17 Abs. 2 UStG verwirklicht wird. Nicht entscheidend ist, wann die zu berichtigende Steuerforderung begründet worden ist (Änderung der Rechtsprechung). Ohne Bedeutung ist - ebenso wie der Zeitpunkt der Abgabe einer Steueranmeldung oder des Erlasses eines Steuerbescheids, in dem der Berichtigungsfall erfasst wird -, ob der Voranmeldungs-  oder Besteuerungszeitraum erst während des Insolvenzverfahrens abläuft. "

Kommentar: Diese Wendung der Rechtssprechung ist grundsätzlich zu begrüßen, weil sie konsequent zur Systematik des  UStG zurückkehrt.Das konnte  man in letzter Zeit nicht von allen BFH-Entscheidungen im Spannungsfeld zwischen Umsteuerrecht und Insolvenzrecht behaupten konnte. Damit ist vor allem an die merkwürdige Auffassung des BFH im Zusammenhang mit der Besteuerung von nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens vereinnahmten Forderungen, die vor Verfahrenseröffnung begründet wurden erinnert.
Quelle: NWB Verlag


ESUG | Teil 2: das Schutzschirmverfahren

Sanierung durch ESUG?Wir hatten an anderer Stelle schon einen Überblick über die Neuerungen durch das ESUG - Gesetz zur Erleichterung von Sanierungen bei Unternehmen - geliefert.

Kern des ESUG ist sicherlich das neue "Schutzschirmverfahren". Es handelt sich um ein besonderes Eröffnungsverfahren, das zur Vorbereitung der bisherigen Verfahrensvarianten der Eigenverwaltung und Sanierung durch einen Insolvenzplan dienen soll.

Das Schutzschirmverfahren ist also ein Vorverfahren mit einer vorläufigen Eigenverwaltung durch den Schuldner selber, also kein außergerichtliches Sanierungsverfahren. Es ist auf drei Monate und den Zeitraum zwischen Eigenantrag und Insolvenzeröffnung begrenzt. Wesentliche Aspekte sind also:

  • das Unternehmen kann in Eigenregie innerhalb von maximal drei Monaten einen Insolvenzplan erstellen,
  • es wird dabei von einem gerichtlich eingesetzen Sachwalter überwacht, den das Unternehmen selbst vorschlagen kann;
  • es wird durch nicht allzu viele gerichtliche Anordnung beschränkt;
  • Auf Antrag des Unternehmens muss das Gericht Zwangsvollstreckungsmaßnahmen von Gläubigern gegen das Unternehmen untersagen.

Wie läuft das Verfahren ab?

Eingeleitet wird es durch einen Insolvenzantrag mit einem Antrag auf Eigenverwaltung, ergänzt durch einen Antrag auf Bestimmung einer Frist zur Vorlage eines Insolvenzplanes. Beigefügt werden muss eine Bescheinigung gem. § 270b InsO die drei wesentliche Inhalte haben muss:

  • es muss eine drohende Zahlungsunfähigkeit und/oder eine Überschuldung bestehen;
  • das Unternehmen darf noch nicht zahlungsunfähig sein;
  • die Sanierung darf nicht bereits offensichtlich aussichtslos sein.

Die Bescheinigung kann durch einen in Insolvenzsachen erfahrenen Steuerberater erstellt werden. Die Bescheinigung muss begründet sein, muss allerdings nicht bereits ein ausformuliertes Sanierungskonzept enthalten. Trotzdem wird natürlich für die Beurteilung der Sanierungsaussicht eine Systematik zugrunde zu legen sein, wie sie im IDW-Standard S6 bzw. ES6 ("Anforderungen an die Erstellung von Sanierungskonzepten") beschrieben ist.

Das Gericht bestimmt danach eine Frist- höchstens drei Monate - innerhalb derer der Insolvenzplan vorgelegt werden muss. Gleichzeitig ernennt es einen vorläufigen Sachwalter, den der Antragsteller - also das Unternehmen - selbst vorschlagen kann. Das Gericht darf von diesem Vorschlag nur abweichen, wenn die vorgeschlagene Person offensichtlich ungeeignet ist. Fraglich ist es , ob diese Beschlüsse auch veröffentlicht werden müssen. Immerhin handelt es sich um einen insolvenzantrag und ein solcher lässt üblicherweise die Kooperationsbereitschaft von Gläubigern erheblich schrumpfen. Die Veröffentlichung könnte also für den Erfolg der Sanierung kritisch sein.  

Das Gericht soll auch bereits einen vorläufigen Gläubigerausschuss einsetzen, der die Tätigkeit des Unternehmens und des Sachwalters begleitet und den Gläubigern so ein Mitspracherecht bei Gestaltungsmaßnahmen einräumt. Bei bestimmten Unternehmensgrößen muss ein Gläbuigerausschuss einberufen werden (Bilanzsumme > 4,84 Mio.€, Umsatz >9,68 Mio.€, Arbeitnehmer > 50; zwei Kriterien müssen erfüllt sein)  

Danach ist es die vorrangige Pflicht des Unternehmens, einen Insolvenzplan aufzustellen. Dieser hat sich an den allgemein im Insolvenzverfahren geltenden Regelungen zum Insolvenzplan zu orientieren. Die Insolvenzordnung hält dafür ein eigenes Kapital bereit.

Nach der Aufstellungsfrist muss das Gericht über die Eröffnung des Insolvenzverfahrens entscheiden. Idealerweise geht der Gesetzgeber davon aus, dass mit Eröffnung des insolvenzverfahrens vorbereitetet Plan umgesetzt wird und somit bereits bei Verfahrensbeginn feststeht, dass durch das Unternehmen durch den Insolvenzplan saniert werden soll. Die Eigenverwaltung soll somit aufrechterhalten und durch den dann endgültigen Sachwalter weiter überwacht werden.

Allerdings setzt dies voraus, dass das schutzschirmverfahren nichts bereits zuvor aufgehoben wird. Das kann passieren, wenn

  • vor Ablauf der Frist zur Aufstellung des Insolvenzplanes bereits die Zahlungsunfähigkeit eintritt;
  • wenn die angetrebte Sanierung aussichtslos wird, z.B. nach Abbruch von Kreditverhandlungen;
  • wenn der vorläufige Gläubigerausschuss dies durch einfache Kopfmehrheit beantragt;
  • wenn ein Gläubiger dies beantragt und dabei glaubhaft machen kann, dass das Schutzschirmverfahren  Nachteile für die Gläubiger hat (dies gilt nur, wenn kein vorläufiger Gläubigerausschuss gebildet wurde). 

Wird das Schutzschirmverfahren nach diesen Regeln aufgehoben, muss das Gericht ohne Einschränkungen über das weitere Verfahren entscheiden, d.h. Sicherungsmaßnahmen prüfen, ggf. einen anderen Sachwalter einsetzen, über die Fortsetzung der Eigenverwaltung entscheiden, ggf. das Insolvenzverfahren sofort eröffnen etc. Das heisst nicht zwangsläufig, dass die Sanierung durch Eigenverwaltung und Insolvenzplan damit gescheitert ist, allerdings wird der reibungslose Übergang vom Vorverfahren ins Insolvenzverfahren unterbrochen. Die üblichen Risiken, die auch bisher schon zu Akzeptanzproblemen bei der Sanierung im Insolvenzverfahren führen, insbesondere die mangelnde Beherrschbarkeit des Prozesses durch den Schuldner, treten dann wieder in den Vordergrund.


Atradius - Übersicht Insolvenzordnung (InsO) seit dem 1. März 2012

Ein Überblick über die Änderungen der Insolvenzordnung gem. ESUG aus der Sicht der Warenkreditversicherung; höchst interessantes Thema weil in der WKV ja regelmäßig Nichtzahlungstatbestände und Insolvenzanträge zum Eintritt des Versicherungsfalles führen.


Insolvenzrecht | ESUG am 1.3.2012 in Kraft getreten | ein Überblick

ESUG - neue Sanierungschancen Mit diesem Beitrag starten wie eine  Serie über die wichtigsten Änderungen des Insolvenzrechts durch das ESUG:

Am 1.3.2012 ist das "Gesetz zur weiteren Erleichterung der Sanierung von Unternehmen" (ESUG) in Kraft getreten. Dabei handelt es sich um eine weitreichende Reform der Insolvenzordnung und damit des Insolvenzrechts im allgemeinen. Der Gesetzgeber hat erkannt, dass die nach 15- jähriger Diskussion sehr halbherzig geratene Insolvenzrechtsreform von 1999 in ihren wesentlichen Anliegen verpufft ist. Deren Ziel war es nämlich, die Sanierung von Unternehmen zur Sicherung von Arbeitsplätzen zu erhalten. Zentrales Instrument sollte demnach das sog. Insolvenzplanverfahren sein, ein in der Insolvenzordnung geregeltes Verfahren um einen Ausgleich zwischen verschiedenenen Gläubigergruppen herzustellen. Das Verfahren war kompliziert, schwerfällig und in der Praxis nicht akzeptiert: bis 2010 wurden nur ca. 1 bis 2 Prozent aller Insolvenzverfahren im sog. "Planverfahren" abgewickelt.  

Grund dafür ist die in Deutschland nach wie vor verbreitete Meinung, dass ein Insolvenzverfahren, auch wenn es zur Sanierung dienen soll, faktisch eine "Bankrotterklärung" des Unternehmers darstellt. Dies hat zur Folge, dass Restruktierungs- und Sanierungsmaßnahmen vielfach zu spät eingeleitet werden (können) und somit häufig auch keine Erfolgsaussicht mehr haben. Nebeneffekt dabei ist es nach wie vor, dass viele Schuldner zumindest förmlich ins Ausland flüchten (Frankreich, England), weil sie dort eine weniger "makelbehaftete", schnellere und unkomplizierte Sanierung erwarten (sog. "Insolvenztourismus").

Das war der Hintergrund, vor dem die Insolvenzrechtsfreform des ESUG konzipiert wurde. Die Reform soll nach dem Willen des Gesetzgebers vor allem dazu dienen, dem negativen Image des Insolvenzverfahrens entgegenzuwirken und eine "neue Insolvenzkultur" zu schaffen (BMJ Pressemitteilung vom 23.02.2011) . Demnach bestehen die Änderungen vor allem in folgenden Bereichen:

  • das "Schutzschirmverfahren": im gewollten Ergebnis ähnlich dem amerikanischen Chapter-11-Verfahren wird dem Schuldner ermöglicht, sich in ein besonderes Insolvenzverfahren zu begeben, das bestimmt von Eigenverwaltung und Insolvenzplan möglichst frei und ohne Verfügungsbeschränkungen die Sanierung des Unternehmens ermöglichen soll. Wichtigster Vorteil ist dabei der vorübergehende, gerichtlich angeordnete Vollstreckungsschutz, um "in Ruhe" die notwendigen Sanierungsoptionen zu überprüfen und einzuleiten.
  • die Stärkung der Gläubigerrechte durch einen vorläufigen Gläubigerausschuss bereits währen des Insolvenzeröffnugnsverfahrens.
  • Umwandlung von Gläubigerforderungen in Eigenkapital (Beteiligungsrechte) im Rahmen eines sog. "debt-equity-swaps", auch dies als Gestaltungsmaßnahme im Rahmen des Insolvenzplanverfahrens wählbar. Hier liegen steuerrechtliche Minen vergraben: Der Sanierungsgewinn bei Kapitalgesellschaften durch Forderungsverzicht wird grundsätzlich durch § 8c Abs. 1a KStG geregelt. Ob dieser auch für die debt-equity-swaps gelten wird, ist ungeklärt. Das ist deshalb von Bedeutung, weil nach Auffassung der europäischen Kommission diese Regelung als europarechtswidrige Beihilfe anzusehen ist.

In weiteren Beiträgen werden wir Sie über diese Themen im Detail informieren:

  • Das Insolvenzplanverfahren / Schutzschirmverfahren
  • Der vorläufige Gläubigerausschuss
  • Kapital und- Gesellschaftsrechte (dept-equaty-swap) /steuerliche Folgen