FG Düsseldorf | Einkommensteuer auf zur Masse gezogene Einkünfte als Masseverbindlichkeit

 

Urteil zum Chi-Test

Die Einkommensteuer, die auf Einkünften (hier: Leibrente) beruht, die der Insolvenzverwalter zur Masse gezogen hat, stellt, soweit  § 55 Absatz 1 Nr.  1 InsO nicht einschlägig ist, eine sonstige Masseverbindlichkeit nach § 55 Absatz 1 Nr.  2 InsO analog dar und ist als solche von der Insolvenzmasse zu tragen.

 

FG Düsseldorf, Urt. v. 20.5.2015 – 7 K 1668/14 E, rkr.

Sachverhalt in Kurzform:

Der Insolvenzverwalter hatte Bezüge des Insolvenzschuldners aus Leibrenten zur Masse gezogen. Das Finanzamt hatte die daraus resultierenden Einkünfte dem insolvenzfreien Vermögen des Klägers zugerechnet und die darauf entfallende Steuer gegen ihn festgesetzt. Hiergegen hatte dieser geklagt.
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Die Vorsatzanfechtung in der Insolvenz – aktueller Stand

Die Vorsatzanfechtung in Insolvenzverfahren und Auswege für die betroffenen Anfechtungsgegner, Verteidigungsmöglichkeiten und Vertretung…

Quelle: Die Vorsatzanfechtung in der Insolvenz – aktueller Stand


Insolvenzrecht | Befreiende Wirkung einer Steuererstattung nach Insolvenzeröffnung (BFH)

Die Verletzung der steuerlichen Mitwirkungspflichten durch den Insolvenzverwalter kann dazu führen, dass ihm im Rahmen des § 82 InsO eine Berufung auf die Zurechnung des Wissens des ehemals örtlich zuständigen Finanzamts von der Eröffnung des Insolvenzverfahrens verwehrt ist (BFH, Urteil v. 18.8.2015 - VII R 24/13; veröffentlicht am 2.12.2015).

Hintergrund: Gemäß § 80 Abs. 1 InsO geht die Empfangszuständigkeit für alle Leistungen, welche auf die zur Insolvenzmasse gehörenden Forderungen erbracht werden, mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens auf den Insolvenzverwalter über. Eine Leistung an den Insolvenzschuldner hat allerdings gemäß § 82 InsO weiterhin befreiende Wirkung, wenn der Leistende zur Zeit der Leistung keine Kenntnis von der Eröffnung des Insolvenzverfahrens hatte.

Sachverhalt: Im Streitfall war das FA unter Berufung auf § 82 InsO von der befreienden Wirkung seiner Zahlung an den Insolvenzschuldner ausgegangen, da es sich seiner Auffassung nach die Kenntnis der ehemals örtlich zuständigen Finanzbehörde von der Insolvenzeröffnung nicht zurechnen lassen muss. Die hiergegen gerichtete Klage des Insolvenzverwalters hatte in allen Instanzen keinen Erfolg.

Hierzu führten die Richter des BFH weiter aus:

  • Zwar tritt die befreiende Wirkung der Zahlung gemäß § 82 InsO nur dann ein, wenn der Leistende keine positive Kenntnis von der Eröffnung des Insolvenzverfahrens gehabt hat.
  • Ob bzw. unter welchen Voraussetzungen die positive Kenntnis des ehemals örtlich zuständigen FA von der Insolvenzeröffnung dem aktuell zuständigen FA zugerechnet werden kann, kann hier offen bleiben.
  • Denn der Insolvenzverwalter kann sich jedenfalls dann nicht auf eine Zurechnung der Kenntnis des ehemals örtlich zuständigen FA berufen, wenn er selbst seine steuerlichen Mitwirkungspflichten verletzt hat.
  • Diese Voraussetzung ist im Streitfall erfüllt, da der Insolvenzverwalter entweder von dem Wohnsitzwechsel des Insolvenzschuldners gewusst hat, ohne das FA über die Eröffnung des Insolvenzverfahrens zu informieren, oder keine ausreichenden Vorkehrungen getroffen hat, den Wohnsitz des Insolvenzschuldners nachzuverfolgen.
  • Darüber hinaus hat der Insolvenzverwalter über mehrere Jahre weder die erforderlichen Einkommensteuererklärungen abgegeben noch den Finanzbehörden die Besteuerungsgrundlagen mitgeteilt.

Quelle: NWB Datenbank sowie BFH, Pressemitteilung v. 2.12.2015


BAG: Ausschlussfrist im Insolvenzplan für Klage bei bestrittener Forderung regelmäßig wirksam

Eine Klausel in einem Insolvenzplan, nach der bestrittene Forderungen bei der Verteilung nur berücksichtigt werden, wenn innerhalb einer Ausschlussfrist Klage auf Feststellung zur Tabelle erhoben wird, ist in der Regel wirksam. Dies begründet das Bundesarbeitsgericht damit, dass eine solche Klausel lediglich die Verteilung der Masse regele, aber nicht den materiell-rechtlichen Anspruch berühre. Die Forderungen der aufgrund einer solchen Klausel zunächst nicht berücksichtigten Insolvenzgläubiger würden nicht dauerhaft entwertet. Insbesondere hindere eine solche Klausel die Durchsetzung der Planquote nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens im Wege der Leistungsklage nicht (Urteil vom 19.11.2015, Az.: 6 AZR 559/14).

 

QUELLE: Beck-aktuell

http://rsw.beck.de/aktuell/meldung/bag-ausschlussfrist-im-insolvenzplan-fuer-klage-bei-bestrittener-forderung-regelmaessig-wirksam


BMF: Anwendungsregelung zum BFH-Urteil vom 24.09.2014 zu § 55 Abs. 4 InsO

Das BMF hat jetzt die lange benötigte Klarstellung zur Anwendung des BFH-Urteils vom 24.09.2014 vorgenommen. Demnach sind die Grundsätze des BFH-Urteils für solche Insolvenzverfahren anzuwenden, bei denen die Sicherungsmaßnahmen, also die vorläufige Insolvenzverwaltung, nach dem 31.12.2014 angeordnet wurden.

BMF-Schreiben:
Content/DE/Downloads/BMF_Schreiben/Weitere_Steuerthemen/Abgabenordnung/2015-11-18-insolvenzordnung-anwendungsfragen-zu-paragraf-55-absatz-4-InsO.pdf?__blob=publicationFile&v=1

Hier noch einmal die Leitsätze des BFH-Urteils vom 24.09.2014:

Umsatzsteuer im Insolvenzeröffnungsverfahren

Leitsätze

1. Verbindlichkeiten werden nach § 55 Abs. 4 InsO nur im Rahmen der für den vorläufigen Verwalter bestehenden rechtlichen Befugnisse begründet. Für umsatzsteuerrechtliche Verbindlichkeiten ist dabei auf die Entgeltvereinnahmung durch den vorläufigen Insolvenzverwalter abzustellen.

2. Bestellt das Insolvenzgericht einen vorläufigen Insolvenzverwalter mit allgemeinem Zustimmungsvorbehalt und mit Recht zum Forderungseinzug, sind Steuerbetrag und Vorsteuerabzug für die Leistungen, die der Unternehmer bis zur Verwalterbestellung erbracht oder bezogen hat, nach § 17 Abs. 2 Nr. 1 UStG zu berichtigen. Gleiches gilt für den Steuerbetrag und den Vorsteuerabzug aus Leistungen, die das Unternehmen danach bis zum Abschluss des Insolvenzeröffnungsverfahrens erbringt oder bezieht.


Gesetzentwurf | Verbesserung der Rechtssicherheit bei Anfechtungen nach der InsO (BMJV)

ESUG - neue Sanierungschancen

Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV) hat den Referentenentwurf eines Gesetzes zur Verbesserung der Rechtssicherheit bei Anfechtungen nach der Insolvenzordnung und nach dem Anfechtungsgesetz veröffentlicht und an die Länder sowie die betroffenen Fachkreise und Verbände mit der Gelegenheit zur Stellungnahme versandt. Der Entwurf ist auf der Homepage des BMJV veröffentlicht. Das BMVJ führt aus:

Der Referentenentwurf verfolgt das Ziel, den Wirtschaftsverkehr sowie Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer von Rechtsunsicherheiten zu entlasten, die von der derzeitigen Praxis des Insolvenzanfechtungsrechts ausgehen. Zudem sollen die unter dem geltenden Recht gewährten Möglichkeiten der Insolvenzanfechtung punktuell neu justiert werden, um übermäßige Belastungen des Geschäftsverkehrs und von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern zu vermeiden.

Der Referentenentwurf sieht im Wesentlichen folgende Neuregelungen vor:

1. Neujustierung der Vorsatzanfechtung (Änderung des § 133 InsO)

Die Neuregelung lässt die bisherige Grundstruktur der Vorsatzanfechtung unberührt. Die Neuregelung differenziert aber zwischen Deckungshandlungen (Handlungen, die einem Insolvenzgläubiger Sicherung oder Befriedigung gewähren oder ermöglichen) einerseits und sonstigen Rechtshandlungen wie etwa Vermögensverschiebungen andererseits. Bei den Deckungsfällen soll weiter zwischen kongruenten und inkongruenten Deckungen unterschieden werden:

  • Für die Vorsatzanfechtung von Deckungshandlungen soll ein deutlich verkürzter Anfechtungszeitraum von vier (anstatt bislang zehn) Jahren gelten.
  • Die Vorsatzanfechtung von kongruenten Deckungen soll noch weiter eingeschränkt werden. Anders als bislang, sollen diese Deckungen grundsätzlich erst dann anfechtbar sein, wenn der Schuldner sie in Kenntnis der bereits eingetretenen Zahlungsunfähigkeit gewährte und der Gläubiger dies erkannt hat.
  • Für die übrigen Fälle, namentlich Vermögensverschiebungen und Bankrotthandlungen, soll es beim bisherigen Recht (insbesondere bei dem zehnjährigen Anfechtungszeitraum) bleiben, weil hier Einschränkungen der Anfechtbarkeit nicht geboten sind.
  • Gesetzliche Klarstellungen sollen dafür sorgen, dass die Handhabung praktisch relevanter Fallgruppen kalkulierbarer wird: So soll die Bitte des Schuldners um eine verkehrsübliche Zahlungserleichterung für sich genommen nicht zum Anknüpfungspunkt für die Begründung des Anfechtungsanspruches gemacht werden können; das Gleiche soll im Rahmen der Einzelzwangsvollstreckung für das Bemühen des Gerichtsvollziehers um eine gütliche Erledigung gelten. Auch soll sich der Rechtsverkehr darauf verlassen können, dass keine Vorsatzanfechtung droht, wenn ernsthafte Sanierungsbemühungen des Schuldners unterstützt werden sollen oder wenn dem Schuldner mit wertäquivalenten Bargeschäften die Fortführung seines Unternehmens oder die Sicherung seines Lebensbedarfs ermöglicht werden soll.

2. Konkretisierung des Bargeschäftsprivilegs (Änderung des § 142 InsO)

Um die Rechtsunsicherheiten zu beseitigen, die in Bezug auf die Anfechtbarkeit der Zahlung von Arbeitsentgelt bestehen, soll gesetzlich klargestellt werden, dass ein grundsätzlich anfechtungsausschließendes Bargeschäft gegeben ist, wenn der Zeitraum zwischen Arbeitsleistung und Gewährung des Arbeitsentgelts drei Monate nicht übersteigt.

3. Privilegierung der Zwangsvollstreckungsbefriedigung (Änderung des § 131 InsO)

Deckungen, die durch Zwangsvollstreckung auf der Grundlage eines in einem gerichtlichen Verfahren erlangten Vollstreckungstitels erwirkt worden sind, sollen künftig nur unter den erschwerten Anforderungen des § 130 InsO (also bei Kenntnis von der Zahlungsunfähigkeit des Schuldners) anfechtbar sein. Ziel ist es, insbesondere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sowie kleine und mittelständische Unternehmen, die unter Inkaufnahme von Prozess- und Kostenrisiken einen Titel erlangt haben, besser zu schützen.

4. Neuregelung der Verzinsung des Anfechtungsanspruchs (Änderung des § 143 InsO)

Anfechtungsansprüche sollen künftig nur noch nach Maßgabe der allgemeinen Verzugsregeln oder des § 291 des Bürgerlichen Gesetzbuchs verzinst werden. Dadurch sollen bestehende Fehlanreize zu einer schleppenden Durchsetzung von Anfechtungsansprüchen beseitigt und der Rechtsverkehr besser vor einer übermäßigen Zinsbelastung geschützt werden.

Quelle: BMJV, Pressemitteilung v. 16.3.2015


Verfahrensrecht | Feststellungsbescheid im Insolvenzverfahren (BFH)

BEFELDT Steuerberater Lippstadt Fiskusvorrecht Insovlenzverfahren
Feststellungebscheide über Insolvenzforderungen nicht mehr änderbar

Verfahrensrecht | Feststellungsbescheid im Insolvenzverfahren (BFH)

Ein bestandskräftiger Feststellungsbescheid über eine Umsatzsteuernachzahlung als Insolvenzforderung steht einer später begehrten anderweitigen Umsatzsteuerfestsetzung entgegen, wenn dieser Bescheid nicht mehr geändert werden kann. Die Entscheidung des FA über die Rücknahme des Feststellungsbescheides nach § 130 Abs. 1 AO ist eine Ermessensentscheidung, die von den Gerichten nur eingeschränkt überprüft werden kann (BFH, Urteil v. 11.12.2013 - XI R 22/11; veröffentlicht am 19.2.2014).

Hintergrund: Macht die Finanzbehörde im Insolvenzverfahren einen Anspruch aus dem Steuerschuldverhältnis als Insolvenzforderung geltend, so stellt sie erforderlichenfalls die Insolvenzforderung durch schriftlichen Verwaltungsakt fest, § 251 Abs. 3 AO. Dieser Feststellungsbescheid ist mangels Festsetzung einer Steuer kein Steuerbescheid i.S. von § 155 AO. Er ist daher nach Eintritt der Bestandskraft nur nach §§ 130, 131 AO änderbar (BFH, Urteile v. 24.11.2011 - V R 13/11 und V R 20/10 sowie v. 6.12.2012 - V R 1/12).

Sachverhalt: Der Kläger begehrt als Insolvenzverwalter über das Vermögen der Insolvenzschuldnerin aus einer für das Jahr 2003 (Streitjahr) nachgereichten Umsatzsteuererklärung eine entsprechende Umsatzsteuerfestsetzung sowie die Änderung der nach § 251 Abs. 3 AO bislang vorgenommenen Feststellung der steuerlichen Insolvenzforderung. Die Erklärung hatte er eingereicht, nachdem ein zuvor vom FA erlassene Feststellungsbescheid bestandskräftig und in die Insolvenztabelle eingetragenen geworden war. Das Finanzamt vertrat die Auffassung, dass eine Änderung der Eintragung in der Insolvenztabelle aufgrund der nachgereichten Umsatzsteuererklärung nicht mehr möglich sei. Der Kläger ist dagegen der Meinung, dass die Umsatzsteuerfestsetzung erklärungsgemäß durchzuführen und der streitbefangene Feststellungsbescheid nach §§ 130, 131 AO zu ändern sei.

Hierzu führten die Richter des BFH weiter aus:

Die vom Kläger beantragte Umsatzsteuerfestsetzung für 2003 ist wegen des bestandskräftigen Feststellungsbescheids v. 2.8.2006 nicht mehr möglich.
Zwar kommt wegen der vom Kläger eingereichten Steuererklärung für 2003 mit einem sich daraus ergebenden Erstattungsbetrag eine nachträgliche materielle Rechtswidrigkeit des Feststellungsbescheides i.S. von § 130 Abs. 1 AO in Betracht.
Allerdings ist die Rücknahme eines rechtswidrigen Verwaltungsakts nach dem Wortlaut des § 130 Abs. 1 AO eine Ermessensentscheidung der Finanzbehörde i.S. des § 5 AO, die grundsätzlich nur eingeschränkt gerichtlich geprüft werden kann.
Vorliegend hat das FG im Rahmen der ihm obliegenden Prüfung zutreffend angenommen, dass das FA die Rücknahme des streitbefangenen Feststellungsbescheides ermessensfehlerfrei abgelehnt hat.

Quelle: NWB Datenbank


Insolvenzrecht | Anfechtung von Gehaltszahlungen (BAG)

steuerlichen Verlust aus der Insolvenz für den Neustart nutzen

Das Bundesarbeitsgericht hat zur Insolvenzanfechtung von im Wege des Bargeschäfts erfolgten Lohnzahlungen entschieden (BAG, Urteil v. 29.1.2014 - 6 AZR 345/12).

Hintergrund: Die Anfechtungstatbestände in §§ 129 ff. InsO ermöglichen es dem Insolvenzverwalter, vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommene Schmälerungen der Insolvenzmasse rückgängig zu machen. Nach § 133 InsO können in den letzten 10 Jahren vor dem Insolvenzantrag erfolgte Entgeltzahlungen angefochten werden, wenn der Arbeitgeber mit dem Vorsatz, seine Gläubiger zu benachteiligen, gehandelt hat und der Arbeitnehmer im Zeitpunkt der Zahlung diesen Vorsatz kannte. Eine solche sog. Vorsatzanfechtung ist auch möglich, wenn das Entgelt als Gegenleistung für die in engem zeitlichen Zusammenhang erbrachte gleichwertige Arbeitsleistung gezahlt wird und damit ein Bargeschäft i.S.d. § 142 InsO vorliegt.

Sachverhalt: Die Beklagte war bis zum 31.12.2007 bei der Schuldnerin als Alleinbuchhalterin beschäftigt. Über das Vermögen der Schuldnerin wurde auf Antrag vom 10.10.2007 das Insolvenzverfahren eröffnet und der Kläger zum Insolvenzverwalter bestellt. Die Schuldnerin war seit Anfang 2007 zahlungsunfähig. Die Beklagte erhielt gleichwohl wie alle Arbeitnehmer der Schuldnerin ihr Entgelt stets zum Fälligkeitszeitpunkt gezahlt. Der Kläger begehrt unter dem Gesichtspunkt der Vorsatzanfechtung die Rückzahlung des für die Zeit von Januar bis Juli 2007 gezahlten Nettoentgelts von 10.023,30 Euro zur Insolvenzmasse. Er machte geltend, auch bei Gehaltszahlungen an Arbeitnehmer im Wege des Bargeschäfts lägen bei Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit die subjektiven Voraussetzungen der Vorsatzanfechtung vor. Die so begründete Klage hatte in allen Instanzen keinen Erfolg.

Hierzu führten die Richter des BAG weiter aus:

    • Ob der Arbeitgeber mit Benachteiligungsvorsatz gehandelt hat und der Arbeitnehmer davon Kenntnis hatte, kann nur aus Indizien hergeleitet werden.
    • Ein Indiz von besonderer Bedeutung ist die Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers.
    • Allerdings sind die subjektiven Voraussetzungen der Vorsatzanfechtung nicht stets schon dann zu bejahen, wenn der Arbeitgeber zahlungsunfähig war und der Arbeitnehmer dies wusste.
    • Vielmehr muss auch dieses Indiz einzelfallbezogen auf seine Beweiskraft hin geprüft werden.
    • Erfolgt die Entgeltzahlung im Wege des Bargeschäfts, kann sich auch bei Kenntnis der eigenen Zahlungsunfähigkeit der Wille des Arbeitgebers darauf beschränken, eine gleichwertige Gegenleistung für die zur Fortführung des Unternehmens nötige Arbeitsleistung zu erbringen, ohne dass ihm eine damit verbundene Gläubigerbenachteiligung bewusst wird.
    • Im Hinblick auf den Bargeschäftscharakter der Entgeltzahlungen hat die Vorinstanz rechtsfehlerfrei für den Einzelfall die subjektiven Voraussetzungen der Vorsatzanfechtung verneint.

Quelle: BAG, Pressemitteilung v. 29.1.2014 / www.nwb.de


Neuerungen bei Konzerninsolvenzen?

wegen Insolvenz geschlossenBundesregierung will Koordinierung von Konzern-Insolvenzen verbessern

Geraten im Rahmen eines Konzerns mehrere Betriebe in wirtschaftliche Schwierigkeiten, so sollen die einzelnen Insolvenzverfahren der verschiedenen Firmen in Zukunft besser auf einander abgestimmt werden,  wie der Bundestag mitteilte:  "Die Bundesregierung hoffe, dass auf diese Weise komplizierte Insolvenzen innerhalb verschachtelter Unternehmensstrukturen effizienter bewältigt und die verbliebenen Vermögensbestände betroffener Firmen zugunsten der Gläubiger besser verwertet werden können. Diesem Ziel einer «koordinierten Insolvenzabwicklung im Konzernkontext» diene ein Gesetzentwurf (BT-Drs. 17/407), den das Kabinett vorgelegt habe."

Einsatz mehrerer Insolvenzverwalter kann wirtschaftliches Gesamtinteresse des Konzerns gefährden

Bisher muss nach dem geltenden Insolvenzrecht für jeden einzelnen betroffenen Betrieb ein eigenes Insolvenzverfahren eröffnet werden,  wobei jeweils auch ein eigener Insolvenzverwalter bestellt wird. Geraten merhere Firmen innerhalb eines Konzernverbundes in Schweirigkeiten,  so beschwört dies nach Ansicht  der Regierung erhebliche Gefahren herauf. "So könnten etwa die einzelnen Insolvenzverwalter unterschiedliche Strategien bei der Verwertung des jeweils verbliebenen Betriebsvermögens verfolgen, die nicht aufeinander abgestimmt seien und sogar in «unproduktive und kostenträchtige Rechtsstreitigkeiten» münden könnten."  Der Gesetzentwurf nennt hier die Ergebnisse «suboptimalee Verwertungsergebnisse».

Einzelne Insolvenzverfahren sollen besser verzahnt werden

Die Regierung will  erreichen, dass die einzelnen Insolvenzverfahren von Unternehmen, die in einem Konzern verbunden sind, besser miteinander abgestimmt werden. "Eine zentrale Bedeutung messe die Vorlage dabei der Ermöglichung von «Koordinationsverfahren» zu. Nach diesem Modell werde aus dem Kreis der beteiligten Insolvenzverwalter einer als «Koordinationsverwalter» benannt, der mit der Abstimmung zwischen den einzelnen Insolvenzverfahren betraut wird und entsprechende Vorschläge unterbreiten soll", so der Bundestag. "Ein besonderes Gewicht komme in diesem Zusammenhang dem «Koordinationsplan» zu, den der beauftragte Insolvenzverwalter vorzulegen hat und der gerichtlich bestätigt werden muss: An diesem Konzept sollen sich die Maßnahmen orientieren, die im Zuge der Insolvenzpläne für die betroffenen diversen Firmen entworfen und umgesetzt werden."

Auch zuständiger Gerichtsstand soll neu geregelt werden

Der Gesetzentwurf sieht auch Neuregelungen zum Gerichtsstand vor. Die Regierung strebt damit an, dass sämtliche Verfahren im Rahmen einer Konzerninsolvenz an einem einzigen Insolvenzgericht gebündelt werden können.  Sollten mehrere Insolvenzverfahren mit diversen Verwaltern an verschiedenen Gerichten bearbeitet werden, so solle die Zusammenarbeit zwischen Gerichten und Insolvenzbeauftragten intensiviert werden. Die Gerichte sollen im Übrigen zwingend prüfen müssen, ob es machbar ist, im Interesse der effizienten Abwicklung einer Konzerninsolvenz einen einzigen Insolvenzverwalter für mehrere oder auch alle Verfahren zur Vermögensverwertung zu installieren.

QUELLE: beck-aktuell-Redaktion, Verlag C.H. Beck, 3. Februar 2014.

Insolvenzrecht | Einkommensteuer auf Vermietung von zwangsverwaltetem Grundbesitz (FG)

FG MünsterDas Finanzgericht Münster hat entschieden, dass die auf Vermietungseinkünfte entfallende Einkommensteuer auch dann gegenüber dem Insolvenzverwalter als Masseverbindlichkeit festzusetzen ist, wenn die vermieteten Grundstücke zugleich unter Zwangsverwaltung stehen (FG Münster, Urteil v. 29.11.2013 - 4 K 3607/10 E; Revision zugelassen).

Hintergrund: Sonstige Masseverbindlichkeiten i.S. des § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO sind u.a. Verbindlichkeiten, die durch Handlungen des Insolvenzverwalters oder in anderer Weise durch die Verwaltung, Verwertung und Verteilung der Insolvenzmasse begründet werden, ohne zu den Kosten des Insolvenzverfahrens zu gehören.

Sachverhalt: Zum Vermögen des Insolvenzschuldners, für das der Kläger als Insolvenzverwalter eingesetzt war, gehörten unter anderem vermietete Grundstücke, über die bereits vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens die Zwangsverwaltung angeordnet worden war. Das Finanzamt setzte die Einkommensteuer auch im Hinblick auf die Vermietungseinkünfte als Masseverbindlichkeit gegenüber dem Kläger fest. Hiergegen wendete sich der Kläger, weil die Einkommensteuer insoweit nicht durch seine Verwaltungsmaßnahmen entstanden sei.

Hierzu führte das Finanzgericht weiter aus:

"Der Behandlung der auf die Vermietungseinkünfte entfallenden Einkommensteuer als Masseverbindlichkeit steht die Zwangsverwaltung nicht entgegen. Die Einkünfte sind zwar nicht durch Handlungen des Insolvenzverwalters, aber in sonstiger Weise durch die Verwaltung der Insolvenzmasse begründet worden.
Die Insolvenzmasse ist auch durch die Zwangsverwaltung bereichert worden, da hierdurch vorrangig die Grundpfandrechtsgläubiger befriedigt worden sind, die ansonsten ihre Ansprüche gegen die Insolvenzmasse hätten richten müssen. Demgegenüber ist das insolvenzfreie Vermögen des Schuldners nicht bereichert worden, so dass eine Steuerfestsetzung ihm gegenüber nicht in Betracht kommt."

Quelle: FG Münster online

Hinweis: Der Senat hat wegen grundsätzlicher Bedeutung die Revision zum BFH zugelassen (dortiges Az. PKH-Verfahren IX S 1/14).