Gutachten zu ermäßigten Umsatzsteuersätzen liegt vor

"BEFELDT Steuerberater" "Steuerberater Lippstadt" "Steuerberatung Lippstadt"Das Bundesfinanzministerium (BMF) hat ein Sachverständigen-Gutachten in Auftrag gegeben, in dem beurteilt werden sollte, inwieweit das gegenwärtige System, bestimmte Leistungen nur mit einer ermäßigten Umsatzsteuer von 7% zu besteuern, gerechtfertig ist und in welchen Bereichen es ggf. refomiert werden soll.

Das Gutachten liegt jetzt vor. Die Gutachter haben jede einzelne ermäßigt besteuerte Leistung auf den Prüfstand gestellt und deren Begründung und tatäschliche Wirksamkeit unter Förderungsgesichtspunkten untersucht. Das Ergebnis in Kurzform ist klar und lesenswert:

"Als Fazit dieses Gutachtens ist festzuhalten, dass der Gesetzgeber der Versuchung widerstehen sollte, den unionsrechtlichen und verfassungsrechtlichen Gestaltungsspielraum im Sinne einer möglichst weitgehenden Einräumung ermäßigter Steuersätze zu nutzen. Vielmehr empfiehlt es sich, die umsatzsteuerlichen Steuersatzermäßigungstatbestände weitestgehend abzuschaffen. Die damit bewirkte Vereinfachung des Steuerrechts senkt die Befolgungskosten für Steuerpflichtigte und Verwaltung, vermeidet nicht zu rechtfertigende Privilegierungen bestimmter leistungsanbietender Unternehmergruppen und trägt zu einer widerspruchsfreieren und gerechteren Belastung der Verbraucher anhand ihrer Konsumaufwendungen bei. Etwaigen nicht gewünschten Erhöhungen des Umsatzsteueraufkommens aus einem weitgehenden Verzicht auf Steuersatzermäßigungen kann durch eine entsprechende Senkung des Regelsteuersatzes leicht begegnet werden.

Kurzum: Für die allermeisten Umsatzsteuerermäßigungen gibt es keine tragfähige Begründung. In Zukunft sollten daher prinzipiell alle umsatzsteuerpflichtigen Leistungen dem Regelsatz unterliegen. Ein ermäßigter Steuersatz erscheint nur für Lebensmittel gerechtfertigt. Der Gesetzgeber hat die für diese Reform erforderlichen Spielräume - er sollte sie nutzen ."( Hervorhebung im Original) .

Dem ist wohl nicht viel hinzuzufügen. Ganz nebenbei haben die Gutachter hier auch noch ein paar Leitlinien eingezogen, die grundsätzlich für jede echte Steuerreform als Orientierung dienen sollten.


Statt einem Fiskusvorrecht im Insolvenzverfahren drei kleine Vorrechte

Der  Gesetzentwurf der Bundesregierung zum sog. "Sparhaushalt" liegt jetzt endlich vor. Er heisst jetzt aber "Zukunftspakt"und ist technisch ein Haushaltsbegleitgesetz.

Neben herben Einschnitten in Sozialleistungen und  der neuen Luftverkehrsteuer, sind darin auch Änderungen im Insolvenzrecht enthalten, die den Fiskus künftig besser stellen sollen. Während bei den ersten Ideen zunächst die Wiedereinführung des früheren Fiskusvorrechts bei den Insolvenzforderungen beabsichtigt war, hat man jetzt an drei anderen Stellen Besserstellungen der öffentlichen Hand eingarbeitet, die ich hier kurz vorstellen und kommentieren will:

1. Der Insolvenzantrag von Finanzamt oder Krankenkasse wird nicht mehr unzulässig, wenn der säumige Schuldner nach dem Antrag die Forderung bezahlt (Anfügung bei § 14 Abs. 1 InsO)Zahlt ein Schuldner nach bisherigem Recht nach einem Insolvenzantrag die Forderung, derentwegen der Antrag gestellt wurde, so wird dem antragstellenden Gläubiger regelmäßig das Rechtsschutzintersse zu verneinen sein. Damit entfällt eine wesentliche Voraussetzung für eine Fortsetzung des Verfahrens und der Antrag ist als unzulässig zurückzuweisen. Das bestätigt auch die Bundesregierung in der Begründung Ihres Änderungsentwurfes, fügt aber gleichzeitig an, dass dies für Finanzbehörden und Steuerbehörden nicht gelten könne.
Begründung: Während jeder andere Gläubiger seine Geschäftsbeziehung zum säumigen Schuldner aufgeben könne, gälte dies für Finanzamt und Sozialversicherung nunmal nicht, so dass in dieser "Zwangsbeziehung" immer wieder neue Forderungen entstehen würden.  Vor diesem Hintergrund habe das Finanzamt ebenso wie die Sozialversicherungen ein besonderes Interesse, Klarheit über die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners zu erhalten. Das ginge nur durch die Fortsetzung des Insolvenzverfahrens. Originaltext der Gesetzesbegründung "Vor diesem Hintergrund dürften Finanzbehörden und Sozialversicherungsträger die einzigen größeren Gläubigergruppen sein, bei denen trotz vollständiger Befriedigung ein rechtliches Interesse an der Eröffnung eines Insolvenzverfahrens besteht.

Die Argumentation ist abstrus: Armer Fiskus, er wird gewzungen Steuern zu erheben und muss mehr oder weniger wehrlos hinnehmen, dass immer wieder neue Steuern entstehen, auch wenn der Schuldner sie nicht mehr bezahlen kann.  Selbstverständlich ist es Wesen eines Zwangsverhältnisses, das man sich ihm nicht entziehen kann, und zwar beiderseitig: auch der Schuldner kann sich nicht entscheiden, ob er mit dem Finanzamt oder der Sozialversicherung "Geschäfte" machen möchte, und dies auch nicht in Situationen, in denen er wegen eigener wirtschaftlicher Schwierigkeiten andere Geschäfte sehr wohl stoppen und Geschäftsbeziehungen beenden kann. In dieser Lesart ist also das Besteuerungsrecht nichts anderes als eine besondere Form des "Kontrahierungszwangs". Das öffentliche Recht der Erhebung von  Abgaben, ist also ein besonderer Nachteil  gegenüber der zivilrechtlichen Vertragsfreiheit.
Kreativ! Bis man auf diese Idee kommt, wird der eine oder andere Rotwein getrunken werden müssen. Vielleicht ist das aber auch nur das Ergebnis chronischen Schlafmangels bei den langen Streitereien der Koalitionspartner und Ressortverantwortlichen. Nun, zumindest mit diesem Teil des Regierungsentwurfes dürften die Insolvenzverwalter und anderen Gläubiger gut leben können: Wird das Insolvenzverfahren nach einer durch den Insolvenzantrag erzwungen Zahlung des Schuldners fortgesetzt, ist diese vorherige Zahlung  mit Sicherheit anfechtbar und wird zurück zur Insolvenzmasse fließen müssen. Die öffentlichen Kassen haben nichts davon. Einnahmen werden daraus nicht generiert. Im Ergebnis dürfte es sich auch haushaltstechnisch um Luftbuchungen handeln. Das Einzige, was durch ein früher eingeleitetes Insolvenzverfahren "eingespart"wird, ist der Verlust zukünftiger Steuern, die man nach der Begründung des Regierungsentwurfes ohnehin nicht bekommen hätte.

2. Steuerverbindlichkeiten aus dem Zeitraum des vorläufigen Insolvenzverfahrens sind künftig Masseverbindlichkeiten (Anfügung an § 55 Abs. 4 InsO)Die Steuern, die aus Geschäften des Unternehmens während des vorläufigen Insolvenzverfahrens entstehen, sollen zukünftig Masseverbindlichkeiten sein, und zwar ohne Rücksicht darauf, ob ein sog. "starker" oder "schwacher" vorläufiger Insolvenzverwalter bestellt wird. Nach geltender Rechtslage ist dies nur beim sog. "starken" vorläufigen Verwalter so, der im Ergebnis verwalten und verfügen darf, wie ein späterer endgültiger Insolvenzverwalter. Begründung für den jetzigen Änderungsentwurf: Der Gesetzgeber habe doch mit seiner Insolvenzrechtsreform erwartet, dass die Gerichte und Verwalter mit Jubel die Figur des "starken Verwalters" aufnehmen würden . Tatsächlich täte das aber keiner und deswegen müsse man dem einen Riegel vorschieben. Das ist Unsinn: Der Gesetzgeber, der über die Insolvenzrechtsreform von 1999 zuvor 15 Jahre lang beraten hat, wollte mit der Figur des "starken" Insolvenzverwalters vor allem die Schwächen des früheren "Sequesters" korrigieren, die immer dann zu Tage traten, wenn schnelle Entscheidungen über die Unternehmenszukunft bereits während des vorläufigen Insolvenzverfahrens zu treffen waren. Nach dieser Motivation war und ist der "starke Verwalter" eine besondere Option, keinesfalls aber als Regelfall gedacht. Das danach eingeführte Wahlrecht "starker/schwacher Verwalter" ist also ausschließlich in der Verfahrensökonomie begründet und unterliegt somit den Entscheidungen des Gerichtes und den Grundsätzen der Gläubigerautonomie, weil es sich an der Vorteilhaftigkeit für die Gesamtgläubigerschaft orientiert. Die Rechtsfigur des "starken Verwalters" im Nachhinein als vorrangig fiskalisch motiviert umzudeuten, entspricht nicht der Rechtsgeschichte.

Besonders abstrus wird die weitere Gesetzesbegründung danach: "Zudem ist zu beobachten, dass  manche schwachen Verwalter ihre Rechtsstellung gezielt ausnutzen, um die Masse durch aktive Gestaltungen zulasten des Fiskus weiter anzureichern."  Zum einen ist der Verwalter selbstverständlich dazu da, seine Rechtsstellung aktiv zu nutzen um die Masse anzureichern. Das ist quais das Wesen seines Jobs. Tut er das nicht, begibt er sich in die persönliche Haftung für seine Unterlassung. Zum anderen ist es ein selbstverständliches Recht, im Rahmen aktiver Geschäftstätigkeit vorhandene Gestaltungsspielräume zu nutzen, die sich aus den geltenden Gesetzen ergeben. Dies im Nachhinein als eine Qualität "schwarzer Schafe" darzustellen, ist infam und dürfte den Berufsstand auf die Palme bringen. 

Unabhängig von den fadenscheinigen Begründungen wird diese Regelung auch in tatsächlicher Hinsicht erhebliche Nachteile auslösen. Wird die Masse während des vorläufigen Insolvenzverfahrens weniger angereichert, wird es zu weniger Verfahrenseröffnungen kommen, was wiederum die Sanierungschancen des Unternehmens und die Befriedigungschancen aller Gläubiger erheblich negativ beeinflusst und dies m.E. in noch weit größerem Maße als ein Fiskusvorrecht bei den Insolvenzforderungen. Die Neuregelung des § 55 Inso greift bereits vor der Insolvenzeröffnung und verhindert in vielen Fällen die geordnete Regelung von Gläubigerinteressen.  Interessant ist: Der Gesetzgeber scheint dies ja sehr wohl zu sehen: In der Kosten-Nutzen-Rechnung der beabsichtigten Änderungen steht einem Mehr an Umsatzsteuer ein Weniger an Körperschaft- und Gewerbesteuer gegenüber, was wohl nur bedeuten kann, dass zukünftige Ertragspotenziale des sanierten Unternehmens und befriedigter Gläubiger nachteilig beinflusst werden.

3. Das Aufrechnungsverbot des § 95 Abs. 1 Satz 3 InsO gilt zukünftig nicht mehr für die Steuergläubiger (Anfügung als  § 96 Abs. 3 InsO)Faktisch bedeutet dies: Alle Aufrechnungsbeschränkungen im Insolvenzverfahren gelten zukünftig für den Steuergläubiger nicht mehr. Es darf ohne Rücksicht auf Entstehenszeiträume, Rechtsgründe und Gläubigerstellung aufgerechnet werden. Forderungen dürfen zur Herstellung von Aufrechnungslagen untereinander abgetreten werden und zwar unabhängig davon ob der Gläubiger oder Schuldner Bund, Länder oder Gemeinden sind. Die aktive Herstellung von Aufrechnungslagen durch Steuergläubiger ist nicht mehr anfechtbar

Den Luxus einer echten Begründung leistet sich der Gesetzgeber bei dieser beabsichtigten Änderung schon gar nicht mehr. Es genügt der lapidare Hinweis, dass der Fiskus ja bisher auch schon Aufrechnungserleichterungen habe. Da könne es ja wohl offensichtlich auch nichts mehr ausmachen, wenn man an dieser Stelle die Aufrechnungslage jetzt wasserdicht mache. Abgesehen davon, dass eine solche "Begründung" natürlich rechtssystematisch äußerst fragwürdig ist, wird die Wirkung dieser Maßnahme die Masseausstattung der Verfahren schmälern und damit ebenfalls erheblich auf die Eröffnungsfähigkeit von Insolvenzverfahren, die Sanierungsfähigkeit und die  Befriedigungsquoten anderer Gläubiger einwirken.

Fazit: Alle Regelungen, die für alle ab 1.1.2011 gestellten insolvenzanträge gelten sollen,  sind in erheblichem Maße kontraproduktiv für ein Insolvenzrecht, dass einmal an den Grundsätzen der Gläubigerautonomie ausgerichtet wurde und die Sanierungschancen von Unternehmen verbessern sollte. Die Begründungen sind rechtssystematisch und historisch abenteuerlich  und kaschieren das ausschließliche Ziel, Kasse zu machen, kaum. Ob es gerechtfertigt ist, wegen eines erwarteten Mehrergebnisses von "nur" 250 Mio € derartig massive Einschnitte in die Sanierungspraxis zu Lasten von anderen Gläubigern und Arbeitnehmern vorzunehmen, dürfte in der weiteren Diskussion im Vordergrund stehen.


BFH: Vorlage an den EuGH zur USt bei Geschäftsveräußerung im Ganzen

"Geschäftsveräußerung im Ganzen" "Befeldt Steuerberater" "Befeldt" "Steuerberater" "Lippstadt"
Geschäftsveräußerung auch ohne Ladenlokal? EuGH entscheidet

Der BFH hat dem EuGH  die Frage zur Entscheidung vorgelegt, unter welchen Voraussetzungen eine Geschäftsveräußerung im Ganzen im Sinne des europäischen Gemeinschaftsrechts festzustellen ist.

Wenn  ein Unternehmer seinen Betrieb an einen anderen Unternehmer verkauft, der  diesen danach fortführt, unterliegt dieser Vorgang nicht der Umsatzsteuer (§ 1 Abs. 1a UStG) . Vielmehr tritt der Käufer des Unternehmens in die steuerlichen Fußstapfen des Verkäufers. Voraussetzung dafür ist aber nach dem Gesetz, dass alle wesentlichen Betriebsgrundlagen mitveräußert werden. Die Formulierung "wesentlich" schreit geradezu nach einer Auslegung, und deshalb gibt es  in der Praxis immer wieder Streit, wenn es darum geht, ob eine  nicht steuerbare Geschäftsveräußerung im Ganzen auch vorliegt, wenn der Verkäufer des Betriebes wesentliche Betriebsgrundlagen -häufig ist das das Betriebsgrundstück - nicht mitverkauft. In solchen Fällen wird das Grundstück häufig nur an den Käufer vermietet.

In dem aktuellen Fall geht es um die Inhaberin eines Sportgeschäfts. Sie betrieb dieses Geschäfts in einemLadenlokal, das ihr gehörte.  Später verkaufte sie ihr Geschäfts an einen anderen Unternehmer, der dieses fortführen wollte. Verkauft wurden der gesamte Warenbestand, die Geschäftsausstattung, also Verkaufstresen, Kasse, Umkleidekabinen u.a.  Das Ladenlokal verkaufte sie nicht mit, behielt es in ihrem Eigentum und vermietete es an den neuen Inhaber des Geschäftes ohne eine zeitliche Befristung. Der Vertrag war kurzfristig kündbar.

Zu diesem Fall hat der BFH jetzt folgende Fragen dem EuGH vorgelegt:

  • Liegt eine „Übertragung” eines Gesamtvermögens vor, wenn ein Unternehmer den Warenbestand und die Geschäftsausstattung seines Einzelhandelsgeschäfts an einen Erwerber übereignet und ihm das in seinem Eigentum stehende Ladenlokal lediglich vermietet?
  • Kommt es dabei darauf an, ob das Ladenlokal durch einen auf lange Dauer abgeschlossenen Mietvertrag zur Nutzung überlassen wurde oder ob der Mietvertrag auf unbestimmte Zeit läuft und von beiden Parteien kurzfristig kündbar ist?

Quelle: Bundesfinanzhof, Beschluss v. 14.7.2010 - XI R 27/08


Umsatzsteuer aufgrund einer unternehmerischen Tätigkeit des Schuldners nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens

"BFH Urteil, Umsatzsteuer nach Freigabe"Der BFH hat mit Urteil vom 17.03.2010 einen Fall entschieden, bei dem der Insolvenzverwalter bereits mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens den früheren Hotelbetrieb des Schuldners freigegeben hatte, dieser damit also weiter wirtschaften durfte und daraus Umsatzsteuerverbindlichkeiten entstanden sind. 

Dabei versuchte das Finanzamt, den Insolvenzverwalter für die Steuerschulden heranzuziehen, weil dieser dem Schuldner Gegenstände überlassen hatte, die zur Insolvenzmasse gehörten, nämlich die Ausstattung des Hotelbetriebes, nicht aber das Hotegebäude selbst, weil es nicht zur Insolvenzmasse gehörte. Der Tenor des Urteils:

"Übt der Schuldner nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens eine unternehmerische Tätigkeit aus, ist die Umsatzsteuer aus dieser Tätigkeit nicht bereits deshalb eine Masseverbindlichkeit i.S. des § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO, weil der Schuldner dabei mit Billigung des Insolvenzverwalters u.a. auch Massegegenstände verwendet ."

Der Sachverhalt:

Der Schuldner M betrieb ein Hotel mit Restaurant. Am 4.3.2005 wurde das Insolvenzverfahren eröffnet. Am gleichen Tag teilte der Insolvenzverwalter mit, dass er den Hotelbetrieb aus dem Insolvenzbeschlag freigebe und der Schuldner berechtigt sei, diesen im eigenen Namen fortzuführen. Der Insolvenzverwalter überließ ihm dabei die Ausstattung des Hotels, Restaurants und der Küche und verwies darauf, dass daran Sicherungsrechte von Gläubigern zu berücksichtigen seien. Weiterhin wies er Herrn M darauf hin, dass dieser verpflichtet sei, alle Verbindlichkeiten, die daraus entstünden aus den Einnahmen des Hotelbetriebs zu bezahlen. Besonders bedeutsam war dabei, dass zwar das Inventar und die Küche zur Insolvenzmasse gehörten, nicht aber das Hotelgebäude selbst.

Nachdem aus dem weitergeführten Betrieb Umsatzsteuerverbindlichkeiten entstanden waren, vertrat das Finanzamt die Meinung, dass die Freigabe des "Hotelbetriebs" rechtlich nicht möglich gewesen sei und setzte die Umsatzsteuer gegenüber dem Insolvenzverwalter fest. Der Verwalter legte Einspruch ein, das Klageverfahren vor dem Finanzgericht hatte Erfolg. Das Finanzamt ging in die Revision vor dem BFH.

Die Entscheidung des BFH:

Der BFH bestätigte die Entscheidung des FG und gab damit dem Insolvenzverwalter Recht.  Nach Auffassung des BFH genügte es nach der bis zum 30.06.2007 geltenden Rechtslage nicht, dass der Schuldner Gegenstände, die zur Insolvenzmasse gehörten nutzte, um die aus dieser Nutzung entstehenden Verbindlichkeiten als Masseverbindlichkeiten i.S.d. § 55 InsO einzustufen.    

 Diese Schlussfolgerung gründete sich vor allem darauf, dass Masseverbindlichkeiten nur solche Schulden sein können, die durch Handlungen des Insolvenzverwalters oder in anderer Weise durch die Verwaltung der Masse erzielt oder durch die Verwertung der Masse ausgelöst wurden. Das war in diesem Fall aber nicht gegeben. Der BFH führte weiter aus, dass das bloße Dulden einer Tätigkeit des Insolvenzschuldners keine Masseverbindlichkeit auslösen könne. Da der Schuldner im Übrigen gegenüber seinen Kunden eine einheitliche "Hotel-Dienstleistung" erbracht habe, gebe es auch keine Möglichkeite, die Umsatzsteuerschuldne auf die Nutzung des Hotelgebäudes und des Inventars und der Küche aufzuteilen.

Hinweis:

Dieser Fall wurde für die bis zum 30.06.2007 geltende Rechtslage entschieden. Seit dem 1.7.2007 hat   der Gesetzgeber die Gesetzeslage neu geregelt. Er hat deshalb in § 35 InsO einen Abs. 2 eingefügt, wonach der Insolvenzverwalter zu erklären hat, ob Vermögen aus der selbständigen Tätigkeit des Schuldners zur Insolvenzmasse gehört und ob Ansprüche aus dieser Tätigkeit im Insolvenzverfahren geltend gemacht werden können.


Umsatzsteuer: Zuordnung zum Unternehmen in der nächst möglichen Voranmeldung

Bei der Anschaffung von gemischt - teilweise privat, teilweise unternehmerisch - genutzten Gegenständen steht es dem Unternehmer grundsätzlich frei, diese umsatzsteuerlich vollständig dem Unternehmen zuzuordnen. Der Vorteil liegt auf der Hand: er erhält den vollen Vorsteuer-Abzug. Der BFH vertritt die Ansicht, dass dies durch Aufnahme in die Umsatzsteuervoranmeldung des Zeitraumes erfolgen muss, in dem der Gegenstand geliefert wurde, spätestens aber in der Umsatzsteuerjahreserklärung.

Kürzlich hat aber das Finanzgericht Niedersachsen (13.8.2009 - 16 K 463/07) entschieden, dass zwingend das Wahlrecht in der nächstmöglichen Voranmeldung ausgeübt werden muss. Gegen dieses Urteil ist die Revision zugelassen, so dass der BFH erneut entscheiden wird.

EMPFEHLUNG: Bis dahin sollte man zur Sicherheit das Wahlrecht umsatzsteuerlich so früh wie möglich, also in der nächstmöglichen Voranmeldung ausüben.


Umsatzsteuer: Weitere Anpassungen an EU-Vorgaben

Voraussichtlich am 26.3.2010 wird der Bundesrat weitere Veränderungen im Umsatzsteuerrecht verabschieden. Dabei handelt es sich um Ergänzungen zum sog. "Mehrwertsteuer-Paket", mit dem bereits zum 1.1.2010 für alle Sonstigen Leistungen das sog. Reverse-Charge-Verfahren - die Umkehr der Steuerschuldnerschaft - eingeführt wurde: Für Umsatzsteuer, die auf sonstige Leistungen innerhalb der EU entsteht, ist bereits seitdem grundsätzlich der Leistungsempfänger auch der Steuerschuldner. Hier die weiteren voraussichtlichen Ergänzungen:
  • § 13b UStG: Entstehen der Steuer bei der Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers für sonstige Leistungen mit Ablauf des Voranmeldungszeitraums, in dem die sonstige Leistung tatsächlich ausgeführt worden ist.
  • §18a UStG: Umstellung auf grundsätzlich monatlich abzugebende Zusammenfassende Meldungen bei innergemeinschaftlichen Warenlieferungen und Lieferungen im Sinne des § 25b Abs. 2 UStG mit Ausnahmeregelung (Abgabe quartalsweise) für Unternehmer, die innergemeinschaftliche Warenlieferungen und Lieferungen in geringer Höhe (bis zum 31.12.2011: bis 100.000 € pro Quartal; ab 1.1.2012: bis 50.000 € pro Quartal - Absenkung ist zwingend) bewirken.

Das Mehrwertsteuer-Paket und die weiteren Änderungen erfordern vor allem auch Anpassungen in der Organisation des Rechnungswesens.