ESUG - neue Sanierungschancen Mit diesem Beitrag starten wie eine  Serie über die wichtigsten Änderungen des Insolvenzrechts durch das ESUG:

Am 1.3.2012 ist das “Gesetz zur weiteren Erleichterung der Sanierung von Unternehmen” (ESUG) in Kraft getreten. Dabei handelt es sich um eine weitreichende Reform der Insolvenzordnung und damit des Insolvenzrechts im allgemeinen. Der Gesetzgeber hat erkannt, dass die nach 15- jähriger Diskussion sehr halbherzig geratene Insolvenzrechtsreform von 1999 in ihren wesentlichen Anliegen verpufft ist. Deren Ziel war es nämlich, die Sanierung von Unternehmen zur Sicherung von Arbeitsplätzen zu erhalten. Zentrales Instrument sollte demnach das sog. Insolvenzplanverfahren sein, ein in der Insolvenzordnung geregeltes Verfahren um einen Ausgleich zwischen verschiedenenen Gläubigergruppen herzustellen. Das Verfahren war kompliziert, schwerfällig und in der Praxis nicht akzeptiert: bis 2010 wurden nur ca. 1 bis 2 Prozent aller Insolvenzverfahren im sog. “Planverfahren” abgewickelt.  

Grund dafür ist die in Deutschland nach wie vor verbreitete Meinung, dass ein Insolvenzverfahren, auch wenn es zur Sanierung dienen soll, faktisch eine “Bankrotterklärung” des Unternehmers darstellt. Dies hat zur Folge, dass Restruktierungs- und Sanierungsmaßnahmen vielfach zu spät eingeleitet werden (können) und somit häufig auch keine Erfolgsaussicht mehr haben. Nebeneffekt dabei ist es nach wie vor, dass viele Schuldner zumindest förmlich ins Ausland flüchten (Frankreich, England), weil sie dort eine weniger “makelbehaftete”, schnellere und unkomplizierte Sanierung erwarten (sog. “Insolvenztourismus”).

Das war der Hintergrund, vor dem die Insolvenzrechtsfreform des ESUG konzipiert wurde. Die Reform soll nach dem Willen des Gesetzgebers vor allem dazu dienen, dem negativen Image des Insolvenzverfahrens entgegenzuwirken und eine “neue Insolvenzkultur” zu schaffen (BMJ Pressemitteilung vom 23.02.2011) . Demnach bestehen die Änderungen vor allem in folgenden Bereichen:

  • das “Schutzschirmverfahren”: im gewollten Ergebnis ähnlich dem amerikanischen Chapter-11-Verfahren wird dem Schuldner ermöglicht, sich in ein besonderes Insolvenzverfahren zu begeben, das bestimmt von Eigenverwaltung und Insolvenzplan möglichst frei und ohne Verfügungsbeschränkungen die Sanierung des Unternehmens ermöglichen soll. Wichtigster Vorteil ist dabei der vorübergehende, gerichtlich angeordnete Vollstreckungsschutz, um “in Ruhe” die notwendigen Sanierungsoptionen zu überprüfen und einzuleiten.
  • die Stärkung der Gläubigerrechte durch einen vorläufigen Gläubigerausschuss bereits währen des Insolvenzeröffnugnsverfahrens.
  • Umwandlung von Gläubigerforderungen in Eigenkapital (Beteiligungsrechte) im Rahmen eines sog. “debt-equity-swaps”, auch dies als Gestaltungsmaßnahme im Rahmen des Insolvenzplanverfahrens wählbar. Hier liegen steuerrechtliche Minen vergraben: Der Sanierungsgewinn bei Kapitalgesellschaften durch Forderungsverzicht wird grundsätzlich durch § 8c Abs. 1a KStG geregelt. Ob dieser auch für die debt-equity-swaps gelten wird, ist ungeklärt. Das ist deshalb von Bedeutung, weil nach Auffassung der europäischen Kommission diese Regelung als europarechtswidrige Beihilfe anzusehen ist.

In weiteren Beiträgen werden wir Sie über diese Themen im Detail informieren:

  • Das Insolvenzplanverfahren / Schutzschirmverfahren
  • Der vorläufige Gläubigerausschuss
  • Kapital und- Gesellschaftsrechte (dept-equaty-swap) /steuerliche Folgen