EuGH: die Sanierungsklausel in § 8c Abs. 1 a KStG kann wieder angewendet werden!

Der Europäische Gerichtshof hat den Beschluss der EU-Kommission 2011/527/EU vom 26.11.2011 für nichtig erklärt. Mit diesem Beschluss hatte die EU-Kommission die sog. "Sanierungsklausel" des § 8c Abs. 1a KStG als staatliche Beihilfe für deutsche Unternehmen eingestuft und deren Anwendung untersagt. § 8c  KStG regelt, dass bei Beteiligungserwerben von mehr als 25 % bzw. mehr als 50% die bestehenden Verlustvorträge der Kapitalgesellschaft anteilig bzw. ganz untergehen. Mit der Regelung in Abs 1a hatte der deutsche Gesetzgeber hiervon eine Ausnahme gemacht, indem er den Beteiligungserwerb zum Zwecke der Sanierung von dieser ungünstigen steuerlichen Rechtsfolge freistellen wollte.

Mit dem jetzigen Urteil hat der EuGH klargestellt, dass Abs. 1a, die sog. "Sanierungsklausel" wieder angewendet werden darf. Damit dürften Sanierungen durch den  Einstieg von Investoren in Zukunft wieder deutlich leichter werden.

QUELLE: EuGH Urt. vom 28.06.2018 -C-219/16 P, Lowell Financial Services GmbH . Ein Parallelverfahren wurde inhaltsgleich entschieden: EuGH vom 28.06.2018 - C-203/16 P, Dirk Andres als Insolvenzverwalter der Heitkamp BauHolding GmbH.


Wie geht es weiter mit der Steuerbefreiung des Sanierungsgewinns?

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Bereits im Frühjahr 2017 hat der Gesetzgeber quasi im Eilverfahren den neuen § 3a EStG erlassen und damit sehr zügig darauf reagiert, dass der BFH die bisherige Verwaltungsanweisung zur Steuerbefreiung von Sanierungsgewinnen - den sog. Sanierungserlass - für verfassungswidrig erklärt hatte. Allerdings tritt die neue gesetzliche Regelung erst dann in Kraft, wenn die EU-Kommission ihre Zustimmung erteilt hat, weil es sich europarechtlich um eine genehmigungspflichtige Beihilfeleistung handelt. Diese Zustimmung lässt aber auf sich warten. In der Zwischenzeit sind viele Unternehmenssanierungen von großen steuerlichen Unsicherheiten bedroht, wenn sie nicht sogar daran scheitern.

Die Bundesregierung hat sich jetzt zum Stand des Genehmigungsverfahrens  hinsichtlich des neu  eingeführten § 3a EStG  geäußert.

Hierzu führt die Bundesregierung weiter aus:

  • Das beihilferechtliche Notifizierungsverfahren zu § 3a EStG wurde zeitnah bei der EU-Kommission eingeleitet. Wegen wiederholter Nachfragen der EU-Kommission an die Bundesregierung zum Regelungsgehalt der Vorschrift konnte die beihilferechtliche Überprüfung noch nicht abgeschlossen werden.
  • Die Zwei-Monats-Frist im Notifizierungsverfahren ist noch nicht angelaufen. Sie beginnt erst, wenn die Kommission alle Informationen erhalten hat, die nach ihrer Ansicht für die Notifizierung erforderlich sind.

Quelle: Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Dr. Michael Meister vom  auf die Frage des Abgeordneten Christoph Meyer (FDP), BT-Drucks. 19/1126 S. 41 (il)


Barley will Insolvenzrecht fortentwickeln

Foto: Katarina Barley, über dts Berlin (dts) – Bundesjustizministerin Katarina Barley (SPD) hat eine Reform des Insolvenzrechts angekündigt. „Durch eine frühzeitige Einleitung von Sanierungsmaßnahmen erhalten Unternehmensleiter oft größere Gestaltungsmöglichkeiten“, sagte Barley dem „Handelsblatt“. Sie werde den deutschen Rechtsrahmen im Lichte europäischer Vorgaben aus der geplanten EU-Restrukturierungsrichtlinie fortentwickeln. „Zu einer guten Unternehmensführung gehört auch eine ehrliche […]

über Barley will Insolvenzrecht fortentwickeln — HASEPOST Online Zeitung für Osnabrück


Rose, Nico/ WiWo: Ist Ihr Unternehmen auf dem Weg in die Krise?

Auf der Website der Wirtschaftswoche ist ein sehr interessanter Beitrag erschienen, der von den Phasen der Krisenentwicklung und Krisenkommunikation im Unternehmen handelt. Der Autor Nico Rose leitet aus dem psychologischen Trauermodell von Kübler-Ross, das sich mit den Bewältigungsstrategien bei Hiobsbotschaften beschäftigt, eine Analogie für Unternehmen in der Krise ab. Dabei stehen vor allem die Reaktionen der Führungspersonen und deren interne und externe Kommunikationsstrategien im Vordergrund. Von der Phase der Leugnung bis zu Phase der Akzeptanz ist es demnach mitunter ein (zu) langer und schwieriger Weg. Praktiker werden hier einiges an bekannten Verhaltensweisen wiederfinden und: auch Hinweise für alternative Reaktionen und Kommunikationsformen werden gegeben.

http://www.wiwo.de/erfolg/management/fuenf-phasen-der-trauer-ist-ihr-unternehmen-auf-dem-weg-in-die-krise/20178244.html


Erbschaft- und schenkungssteuerliche Behandlung von Betriebsvermögen und Anteilen an Kapitalgesellschaften- unter besonderer Berücksichtigung der Problematik bei der Sanierung von Unternehmen

Die Reform des Erbschaftsteuer- und Schenkungssteuergesetz (kurz ErbStG) genoss nicht zuletzt wegen des „sehr planvollen Zustandekommens“ durch die Zustimmung des Bundesrats am 14.10.2016 hohe mediale Aufmerksamkeit. Dessen vorangegangen war ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahre 2014, das das geltende Erbschaftsteuer- und Schenkungssteuergesetz für teilweise verfassungswidrig einstufte. Hauptkritikpunkt waren die Befreiungsvorschriften für Betriebsvermögen in Form der Verschonungsabschläge.

Dieser Artikel befasst sich mit den Neuerungen bezüglich der unentgeltlichen Übertragung von Betriebsvermögen oder Anteilen an Kapitalgesellschaften im Erbschaft- und Schenkungssteuergesetz und beleuchtet dabei die erbschaft- und schenkungssteuerliche Problematik im Hinblick auf die Sanierung von Unternehmen.

Erbschaft- und schenkungssteuerliche Behandlung von Betriebsvermögen und Anteilen an Kapitalgesellschaften

Der Erbschaft- und Schenkungssteuer unterliegen

  • Der Erwerb von Todes wegen
  • Die Schenkungen unter Lebenden sowie
  • Die Zweckzuwendungen.

Voraussetzung ist, dass der Erblasser bzw. der Schenker zum Zeitpunkt der Entstehung der Steuer ihren Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland innehatten. Als steuerpflichtiger Erwerb im Sinne des ErbStG gilt auch die unentgeltliche Übertragung eines Unternehmens bzw. die Anteile an Personen- und Kapitalgesellschaften.

Die Höhe des Erwerbs von Unternehmen und Anteilen und somit die Bemessungsgrundlage für die Erbschaft- und Schenkungssteuer bemisst sich grundsätzlich nach dem gemeinem Wert. Der gemeine Wert wird durch den Preis bestimmt, der im gewöhnlichen Geschäftsverkehr nach der Beschaffenheit des Wirtschaftsgut bei einer Veräußerung zu erzielen wäre (§ 9 Abs. 2 S. 1 BewG). Die Höhe des Erwerbs richtet sich also grundsätzlich nach dem Kaufpreis, den ein fremder Dritter für das Unternehmen bzw. die Anteile als angemessen erachten würde.

Damit durch die Erhebung der Erbschaft- und Schenkungssteuer keine Arbeitsplätze gefährdet werden, räumt der Gesetzgeber weitreichende Befreiungsvorschriften für den Erwerb von Betriebsvermögen und Anteilen am Betriebsvermögen ein. Dies ist im Wesentlichen der Verschonungsabschlag nach § 13a Abs. 1 ErbStG. Mit dem Verschonungsabschlag ist die anteilige oder gänzliche Befreiung von der Erbschaft- und Schenkungssteuer gemeint. Die grundsätzliche Voraussetzung für die Inanspruchnahme des Verschonungsabschlags ist, dass es sich beim übertragenen Vermögen um begünstigtes Vermögen nach § 13b ErbStG handelt, das vorliegt, wenn

  • ein inländischer Wirtschaftsanteils des land- und forstwirtschaftliches Vermögens,
  • inländisches Betriebsvermögens eines selbstständigen Betriebs oder Teilbetriebs oder
  • Anteile an Kapitalgesellschaften, wenn der Erblasser bzw. der Schenker zu mindestens 25% am Nennkapital beteiligt war,

übertragen werden. Nicht zum begünstigten Betriebsvermögen gehört Verwaltungsvermögen, welches sich dadurch auszeichnet, dass es nicht unmittelbar dem Betrieb dient.

Der Verschonungsabschlag für das begünstigte Vermögen nach § 13b Abs. 1 ErbStG beträgt wahlweise 85% oder 100%. Der Verschonungsabschlag ist im Wesentlichen an zwei Bedingungen geknüpft:

  • Lohnsummenregelung
  • Behaltensfrist

Die Lohnsummenregelung besagt, dass innerhalb der Lohnsummenfrist eine bestimmte Mindestlohnsumme nicht unterschritten werden darf. Im Umkehrschluss heißt dies, dass die Steuerbefreiung nur bewilligt wird, sofern die Arbeitsplätze erhalten bleiben. Dabei wird auf die Ausgangslohnsumme (durchschnittliche Bruttogehälter der letzten fünf Jahre) abgestellt, die sodann mit einem Faktor multipliziert wird. Das sich daraus ergebende Produkt ist die die Mindestlohnsumme, die innerhalb eines bestimmten Zeitraums nicht unterschritten werden darf.

Mit der Behaltensfrist ist geregelt, dass das übernommene Vermögen innerhalb dieser nicht veräußert oder entnommen werden darf.

Wenn man der Lohnsummenregelung oder der Behaltensfrist zuwider handelt, wird der Verschonungsabschlag anteilig rückgängig gemacht und die Erbschaft- bzw. Schenkungssteuer nacherhoben. Bezüglich dieser Bedingungen für den Verschonungsabschlag gab es zahlreiche Neuerungen durch die Reform, die im Folgenden gegenübergestellt werden:

  • Verschonungsabschlag nach altem Recht bis zum 30.06.2016
Anzahl der Beschäftigten im UnternehmenMögliche Begünstigungen Auswirkung auf die Behaltens- und Lohnsummenregelung
Unter 20 BeschäftigteVerschonungsabschlag 85%Behaltensfrist 5 Jahre

Lohnsummenregelung gilt nicht

Unter 20 BeschäftigteVerschonungsabschlag 100%Behaltensfrist 7 Jahre

Lohnsummenregelung gilt nicht

Über 20 BeschäftigteVerschonungsabschlag 85%Behaltensfrist 5 Jahre

Mindestens 400% der Ausgangslohnsumme

Über 20 BeschäftigteVerschonungsabschlag 100%Behaltensfrist 7 Jahre

Mindestens 700% der Ausgangslohnsumme

Der Verschonungsabschlag ist nach altem Recht nur zu gewähren, soweit der Anteil des nicht begünstigten Vermögens (Verwaltungsvermögen) am Betriebsvermögen 50% nicht übersteigt. Bei dem Verschonungsabschlag von 100% schmilzt der Anteil auf 10%.

  • Verschonungsabschlag nach neuem Recht ab dem 30.06.2016
Anzahl der Beschäftigten im UnternehmenMögliche Begünstigungen Auswirkung auf die Behaltens- und Lohnsummenregelung
Nicht mehr als 3 BeschäftigteVerschonungsabschlag 85%Behaltensfrist 5 Jahre

Lohnsummenregelung gilt nicht

Nicht mehr als 3 BeschäftigteVerschonungsabschlag100 %Behaltensfrist 7 Jahre

Lohnsummenregelung gilt nicht

4 bis 10 BeschäftigteVerschonungsabschlag 85 %Behaltensfrist 5 Jahre

Mindestens 250% der Ausgangslohnsumme

4 bis 10 BeschäftigteVerschonungsabschlag100 %Behaltensfrist 7 Jahre

Mindestens 500% der Ausgangslohnsumme

11 bis 15 BeschäftigteVerschonungsabschlag 85 %Behaltensfrist 5 Jahre

Mindestens 300% der Ausgangslohnsumme

11 bis 15 BeschäftigteVerschonungsabschlag100 %Behaltensfrist 7 Jahre

Mindestens 565% der Ausgangslohnsumme

Über 15 BeschäftigteVerschonungsabschlag 85 %Behaltensfrist 5 Jahre

Mindestens 400% der Ausgangslohnsumme

Über 15 BeschäftigteVerschonungsabschlag100 %Behaltensfrist 7 Jahre

Mindestens 700% der Ausgangslohnsumme

Der Verschonungsabschlag ist nach neuem Recht nur zu gewähren, soweit der Anteil des nicht begünstigten Vermögens (Verwaltungsvermögen) am Betriebsvermögen 50% nicht übersteigt. Bei dem Verschonungsabschlag von 100% schmilzt der Anteil auf 20%.

Wesentliche Neuerung im Vergleich zum alten Recht ist der neugefasst § 13c ErbStG. Dieser beschränkt den Umfang der Inanspruchnahme der Verschonungsabschläge für besonders hohe Erwerbe.

Sobald die Grenze von 26 Mio. € für den Erwerb von begünstigtem Vermögen überschritten wird, verringert sich der Verschonungsabschlag um jeweils einen Prozentpunkt für jede vollen 750.000 €, die der Wert des begünstigten Vermögens die Wertgrenze von 26 Mio. € überschreitet.

Beispiel:

Der Wert des begünstigten Vermögens beträgt 40 Mio. €. Es wird auf Antrag den Verschonungsabschlag in Höhe von 100% begehrt.

Lösung: ((40 Mio. € - 26 Mio. €) / 750.000 €)= 19 Prozentpunkte

Der Verschonungsabschlag beträgt nach § 13c ErbStG 81%. Es sind somit 7,6 Mio. € (40 Mio. € x 19%) des begünstigten Vermögens der Erbschaft- und Schenkungssteuer zu unterwerfen.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die größtenteils unwesentlichen Neuerungen beim Verschonungsabschlag sowie die zusätzliche Begünstigung für Familienunternehmen und einer gesetzlich kodifizierten Stundungsmöglichkeit der Erbschaft- und Schenkungssteuer doch mehr von punktuellen Änderungen, als einer Reform sprechen lassen.

Erbschaft- und Schenkungssteuerliche Problematik bei der Sanierung von Unternehmen

Bei der Sanierung eines Unternehmens kommt es immer zu einer Kollision verschiedener Interessen und Anspruchsgruppen. Die Beschäftigten wollen ihre Anstellungen beibehalten, die Gläubiger und die Banken wollen den Forderungsausfall möglich gering halten und die Gesellschafter bzw. Geschäftsführer wollen in der Regel das Unternehmen „retten“ und die persönliche Haftung möglichst gering halten. Es gilt, je nach Lage des Unternehmens, einschneidende Entscheidungen zu treffen, um das Unternehmen wieder wettbewerbs- und ertragsfähig zu machen.

Nicht selten kommt es dazu, dass Personal freigesetzt wird oder ganze Unternehmenteile in andere Länder verlagert oder fremdvergeben werden (Outsourcing). Eine übertragende Sanierung auf einem neuen Rechtsträger oder die Veräußerung ist ebenfalls eine in der Praxis gängige Methode, um ein Unternehmen zu sanieren.

Sollten die Sanierungsmaßnahmen erfolgreich gewesen sein, so könnte die Geschäftsführung bzw. der Gesellschafter denken, dass mit allen Anspruchsgruppen eine Einigung erzielt worden ist. Die Gläubiger haben offene Forderungen gestundet und/oder teilweise auf diese verzichtet, der Betriebsrat und die Beschäftigten haben dem Personalabbau und/oder der Übertragung des Unternehmens bzw. der Teilbereiche zugestimmt und/oder die Geschäftsführer bzw. die Gesellschafter haben sich mit den Interessenten für das Unternehmen bzw. dessen Teilbereiche geeinigt.

Wenn nun die Eigentümer des Unternehmens in den vergangenen 5 Jahren den Verschonungsabschlag von 85% oder in den vorangegangen 7 Jahren den Verschonungsabschlag von 100% gewählt haben, könnten dies einen sehr prekären Sachverhalt auslösen.

  • Verstoß gegen die Lohnsummenregelung

Nach § 13a Abs. 1 S. 5 ErbStG mindert sich nämlich der Verschonungsabschlag im selbigen prozentualen Umfang, wie die Mindestlohnsumme unterschritten wird.

Beispiel:

Gesellschafter A ist von seinem leiblichen Vater B 100% der Anteile an der C-GmbH unentgeltlich übertragen worden. Die Schenkung fand am 31.12.2016 statt. Der gemeine Wert des begünstigten Vermögens liegt bei 10 Mio. €. Es wurde der Verschonungsabschlag in Höhe von 85% in Anspruch genommen.

Im Jahre 2017 ist die C-GmbH in finanzielle Schieflage geraten. In 2018 wurde das Unternehmen umfassend saniert. Eine stark defizitäre Produktsparte wurde dabei eingestellt, was zu einer Einsparung an Personalkosten in der Größenordnung von 40% geführt hat. Die Ausgangslohnsumme zum Zeitpunkt der Schenkung beläuft sich auf 5 Mio. €.

Mindestlohnsumme 5 Mio. x 400% = 20. Mio. €

Lohnsumme 2017= 5 Mio. €

Lohnsumme 2018= 3 Mio. €

Lohnsumme 2019= 3 Mio. €

Lohnsumme 2020= 3 Mio. €

Lohnsumme 2021= 3 Mio. €

Lohnsumme gesamt= 17 Mio. €.

Kürzung des Verschonungsabschlags von 85%:

((17/20)x 85%)= 72 %.

Nachversteuerung der Anteile an der C-GmbH:

10 Mio. € x (85%-72%)= 1,3 Mio. €.

Somit hat A einen Betrag von 1,3 Mio. € nachzuversteuern. Bei einem unterstellten Erbschaft- und Schenkungssteuersatz von 19% beträgt die auf diesen Betrag entfallende Erbschaft- und Schenkungssteuer 247.000 €.

  • Verstoß gegen die Behaltensfrist

Nach 13 Abs. 5 S. 2 ErbStG ist der Verschonungsabschlag im Verhältnis zu der im Zeitpunkt der Veräußerung oder Aufgabe verbleibenden Behaltensfrist einschließlich des Jahres der Veräußerung bzw. der Aufgabe zur gesamten Behaltensfrist zu kürzen.

Beispiel:

Die Sanierung der C-GmbH im Jahre 2018 war nicht erfolgreich. Um das Unternehmen zu retten, veräußert A die GmbH-Anteile in 2019 an einen Konkurrenten.

Kürzung des Verschonungsabschlags von 85%:

((2+1)/5)x 85%= 51%.

Nachversteuerung der Anteile an der C-GmbH:

10 Mio. € x (85%-51%)= 3,4 Mio. €.

Somit hat A einen Betrag von 3,4 Mio. € nachzuversteuern. Bei einem unterstellten Erbschaft- und Schenkungssteuersatz von 19% beträgt die auf diesen Betrag entfallende Erbschaft- und Schenkungssteuer 646.000 €.

Wenn sowohl ein Verstoß gegen die Lohnsummenregelung, als auch gegen die Behaltensfrist gegeben ist, kürzt das Finanzamt den Verschonungsabschlag aufgrund der Regelung, welche für den Steuerpflichtigen am günstigsten ist.

Fazit

Wie die Beispiele verdeutlichen, sollte, wenn der Sanierung ein unentgeltlicher Erwerb in den Vorjahren vorausging, unbedingt die Erbschaft- und Schenkungssteuer mit berücksichtigt werden. Unter gewissen Voraussetzungen wäre es nämlich für den oder die Gesellschafter günstiger, ein defizitäres Unternehmen über die Behaltensfrist fortzuführen und in diesem Falle eigene Mittel bereitzustellen, als die Nacherhebung der Erbschaft- und Schenkungssteuer gegen sich ergehen zu lassen. Befreiungsvorschriften oder Möglichkeiten, wonach der Verschonungsabschlag nicht rückwirkend versagt wird, um eine Sanierung durchzuführen und somit den Erhalt des Unternehmens zu gewährleisten, gibt es nach derzeitigem Stand nicht.

Besonders erschwerend kommt hinzu, dass nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs die Versagung des Verschonungsabschlags auch bei Insolvenzeröffnung erfolgt, da zu diesem Zeitpunkt das Unternehmen regelmäßig aufgegeben wird und oder die Lohnsummen stark zurückgehen. In einigen Fällen kann sich so der unentgeltliche Erwerb eines Unternehmens als „Klotz am Bein“ erweisen, wenn das Unternehmen bereits vor der Übertragung in der Krise befand oder sich die Krise innerhalb der Behaltensfrist entwickelt. Hier stehen gerade die Gesellschafter-Geschäftsführer von nicht persönlich haftenden Gesellschaften im Vordergrund, weil sie auf der einen Seite eine Insolvenzantragspflicht haben und, wenn sie dieser nicht nachkommen, sich persönlich straf- wie zivilrechtlich haftbar machen, auf der anderen Seite aber natürlich die Insolvenzantragsstellung aufgrund der Behaltensfrist soweit wie möglich nach hinten verzögern möchten, um der Nacherhebung von Erbschaft- und Schenkungssteuer zu entgehen.

Es wäre daher ratsam, bereits vor der Übertragung Maßnahmen einzuleiten, um einer notwendigen Sanierung innerhalb der Behaltensfrist zuvorzukommen. Insbesondere steht hierbei die Optimierung der Ausgangslohnsumme neben den sonstigen erbschaft- und schenkungssteuerlichen Maßnahmen im Vordergrund. Gerade durch die Neuerungen der Lohnsummenregelung, die nun auch für Unternehmen unter 20 Beschäftigten gilt, ist eine vorausschauende Planung unerlässlich, da bei kleineren Unternehmen die Lohnsummen der Erfahrung nach ohnehin stark schwanken.


Impulse: kurzer Überblick Schutzschirmverfahren

board-1521336_1280Auf der Online-Seite von Impulse, dem Unternehmer-Magazin, findet sich ein kurzer , aber guter Überblick zu den wesentlichsten Aspekten eines Schutzschirmverfahrens, also der Sanierung unter Insolvenzrecht:

Schutzschirmverfahren: 
So lässt sich die Insolvenz abwenden

Die Zeitschrift hat seit geraumer Zeit das Anliegen, die Fehlerkultur und das offene Reden über unternehmerisches Scheitern zu fördern. Deshalb finden sich dort immer wieder gute und persönliche Berichte über Fehler, Turnarounds , Restarts oder Scheitern.


Der Werkzeugkasten des Insolvenzrechts zur Unternehmenssanierung Teil 2: das Insolvenzgeld

Fotolia_5903257_XSIn Teil 1 unserer Reihe zur Unternehmenssanierung mithilfe des Insolvenzrechtes hatten wir bereits einen kleinen Überblick über wesentliche  Werkzeuge,  die dabei eine Rolle spielen, gegeben. Ziel dieser Beitragsreihe ist es, durch eine bessere Kenntnis der Möglichkeiten des Insolvenzrechtes vor allen den KMU-Managern die Angst vor der Nutzung des Insolvenzrechtes zu Sanierungszwecken zu nehmen.

Im heutigen Beitrag sollen die Grundzüge, Wirkungsweisen und Vorteile des Insolvenzgeldes im Rahmen der gerichtlichen Unternehmenssanierung dargestellt werden.

DIE AUSGANGSLAGE: Lohn- und Gehaltsrückstand

Regelmäßig dürfte in Insolvenzverfahren bereits  bei der Antragstellung ein Lohn-und Gehaltsrückstand bestehen.   in der Regel sind dabei zumindest die Entgeltansprüche für den laufenden Monat, in dem der Insolvenzantrag gestellt wird, rückständig. Gelegentlich liegen aber auch bei Antragstellung schon mehrmonatige Rückstände vor. Die Forderungen der Arbeitnehmer aus den Arbeitsleistungen, die sie bereits für das Unternehmen erbracht haben, sind also selber  bereits ein Bestandteil der nicht mehr  gegebenen Zahlungsfähigkeit des Arbeitgebers.Für die  Arbeitnehmer tritt somit neben die Sorge um den Fortbestand ihres Arbeitsplatzes ganz existenziell in dieser Phase immer die Not, die eigene Liquidität zu sichern und weiterhin den eigenen Zahlungsverpflichtungen nachkommen zu können.

DIE RECHTSLAGE: Absicherung durch Insolvenzgeld

Insolvenzgeld ist eine Sozialleistung, die durch das Agentur für Arbeit ausgezahlt wird.  Durch das Insolvenzgeld werden im Falle einer Insolvenz des Arbeitgebers die nicht mehr bezahlten Arbeitnehmeransprüche für einen Zeitraum von längstens drei Monaten in voller Höhe des Nettoentgeltes abgesichert (§ 165 ff. SGB III).   Der Maximalbetrag des monatlichen Insolvenzgeldes liegt allerdings bei der Beitragsbemessungsgrenze in der Arbeitslosengeld-Versicherung (aktuell 2016: 6.200,00 EUR West / 5.200 EUR Ost).

Dieser Drei-Monats-Zeitraum umfasst immer die letzten drei Monate vor der Insolvenzeröffnung (oder der Abweisung des Insolvenzantrages mangels Masse).  Allerdings entsteht der Anspruch auf das Insolvenzgeld für den Arbeitnehmer auch erst zu genau diesem Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung. Insolvenzgeld wird also rückwirkend gezahlt, was regelmäßig zur Folge hat, dass die Liquiditätsprobleme der Arbeitnehmer im Zeitraum zwischen der Insolvenzantragstellung und der deutlich späteren Insolvenzeröffnung durch das Insolvenzgeld eben nicht gelöst werden.  Zwar besteht die grundsätzliche Möglichkeit eine Vorschusszahlung auf das Insolvenzgeld zu erhalten, allerdings handelt sich hierbei um eine Ermessensentscheidung der Agentur für Arbeit.  Problematischer ist aber noch, dass auch die Vorschusszahlung zunächst einen wirksamen Antrag auf unser Insolvenzgeld voraussetzt, der aber erst nach der Insolvenzeröffnung gestellt werden kann (oder ausnahmsweise, wenn das Arbeitsverhältnis bereits vor der Insolvenzöffnung endet).  Nach der Gesetzessystematik besteht der "Normalfall" also darin, dass der Arbeitnehmer für drei Monate ohne Gehaltszahlungen bleibt und diesen Zeitraum wirtschaftlich überbrücken muss. Für die meisten Arbeitnehmer ist dies eine faktische Unmöglichkeit.

Darüber hinaus birgt diese Gesetzeslage für das Unternehmen , das ja saniert werden soll, das Problem, dass Arbeitnehmer mehr oder weniger gezwungen werden, aus eigener Liquiditätsnot ihre Arbeitsverhältnisse zu kündigen, um bereits früher eine Zahlung auf das Insolvenzgeld zu erhalten. In der Regel werden somit gerade die gut qualifizierten Arbeitnehmer, die schnell eine neue Anstellung finden können, aus dem Unternehmen getrieben und stehen für die  Unternehmensfortführung nicht mehr zur Verfügung. Neben allen anderen Problemen und Vertrauensverlustes, die das insolvente Unternehmen in dieser Phase zu bewältigen hat, tritt also auch noch die Gefahr, dass wesentliche Leistungsträger das Unternehmen verlassen, weil Ihre Löhne und Gehälter nicht gezahlt werden können.

DIE LÖSUNG: Vorfinanzierung des Insolvenzgeldes

Um für dieses Problem von Arbeitnehmern und Unternehmen eine Lösung zu finden, stellt § 170 Abs. 3 SGB III  die Möglichkeit der Insolvenzgeld-Vorfinanzierung als Werkzeug bereit.

Diese Vorfinanzierung erfolgt praktisch durch einen Bankkredit, den die Arbeitnehmer erhalten, und der aus dem späteren nach Verfahrenseröffnung gezahlten Insolvenzgeld wieder zurückgezahlt wird.

Initiiert werden kann die Entgeltvorfinanzierung im Fall des Regelinsolverfahrens durch den  Insolvenzverwalter.  Wird das unseren Verfahren in Eigenverwaltung (§  270a InsO, § 270b InsO) durchgeführt,  muss die Vorfinanzierung durch den Arbeitgeber selbst bzw. seine Sanierungsberater organisiert werden.

Notwendig ist somit zunächst die Sicherstellung der Kreditzahlung durch eine Bank, die im Regelfall schon länger mit dem Verwalter/Sanierungsberater zusammenarbeitet und das Procedere gut kennt. Einige Banken haben bereits spezialisierte Abteilungen für diese Vorfinanzierungsaufgaben. Notwendig ist aber auch die Zustimmung der Agentur für Arbeit zur Durchführung der Vorfinanzierung. Diese macht aber jede Zustimmung davon abhängig, dass die Vorfinanzierung dazu geeignet ist, einen erheblichen Teil der Arbeitsverhältnisse zu erhalten.  Letztlich ist also gegenüber der Bundesagentur die Fortführungsperspektive des Unternehmens glaubhaft zu machen.  Im Falle der Eigenverwaltung dürfte  in diesem Verfahrensstadium bereits ein Sanierungskonzept/Insolvenzplan vorliegen, der es ermöglicht diese Dokumentation gegenüber der Agentur vorzunehmen.  in den Fällen, in denen die Sanierung durch übertragende Sanierung erfolgen soll, verlangt die Bundesagentur in der Regel eine Aussage zu den bereitstehenden Kaufinteressenten  für die Vermögenswerte des Unternehmens und deren Fortführungsplänen.

Liegen die Finanzierungsbereitschaft einer Bank und die Zustimmung zur Vorfinanzierung seitens der Bundesagentur für Arbeit vor, werden dreiseitige Verträge zwischen den einzelnen Arbeitnehmern, dem Unternehmen/vorl. Insolvenzverwalter und der finanzierenden Bank geschlossen. Im Kern handelt es sich um Kreditverträge zwischen der Bank und dem einzelnen Arbeitnehmer, zu denen der Arbeitgeber bzw. vorläufige Insolvenzverwalter  garantiert, dass entsprechende Insolvenzgeldansprüche bestehen und bescheinigt werden, sodass eine Rückführung des Darlehens aus dem späteren Insolvenzgeld möglich wird.

In der Regel beauftragen sowohl Insolvenzverwalter als auch Sanierungsberater wiederum spezialisierte Dienstleister, häufig Steuerberater-Kanzleien mit Kenntnissen und Erfahrungen im Insolvenzrecht  und Insolvenzsteuerrecht mit der vollständigen Durchführung der Insolvenzvorfinanzierung.  Diese kümmern sich um die gesamte Vertragsabwicklung und vor allem die laufende monatliche Entgeltabrechnung und Auszahlung aus dem vorhandenen Darlehen an die jeweiligen Arbeitnehmer. Häufig übernimmt dieser Dienstleister auch für eine Übergangszeit die vollständige Funktion der Lohn und Gehaltsabrechnung des Unternehmens.

Wird später antragsgemäß das Verfahren eröffnet, stellen die Arbeitnehmer ihre Anträge auf Insolvenzgeld bei der Bundesagentur für Arbeit, Unternehmen/Insolvenzverwalter bescheinigen die rückständigen Arbeitsentgelte, die vorfinanzierende Bank legt die Abtretung des Anspruches auf Insolvenzgeld gegenüber der Bundesagentur vor.  Nach entsprechender Antragsbearbeitung und Bewilligung des Insolvenzgeldes wird dieses dann in der Höhe, wie es zuvor durch die Bank vorfinanziert wurde, an diese zurückgezahlt. Die Darlehensschuld des Arbeitnehmers ist dadurch wieder getilgt.

FAZIT

Das Insolvenzgeld und vor allem die Möglichkeit seiner Vorfinanzierung ist ein ein wichtiger Bestandteil einer Unternehmenssanierung im Rahmen des Insolvenzrecht. So werden gleichzeitig die Liquiditätsnöte der Arbeitnehmer beseitigt, Leistungsträger dem Unternehmen gesichert und darüber hinaus dem Unternehmen selber durch die Vorfinanzierung von maximal drei Monatslöhnungen  erhebliche Liquiditätsspielräume für die Unternehmenssanierung erschlossen. Die Summe dieser Vorteile  kann allerdings nur im Rahmen der gerichtlichen Sanierung mittels des Insolvenzrechtes erzielt werden.