ELENA ist Geschichte

Das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie (BMWi) und das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) haben sich darauf verständigt, das sog. ELENA-Verfahren schnellstmöglich einzustellen. Das teilten beide in einer gemeinsamen Pressemitteilung am 18.07.2011 mit

Nach dem sog. ELENA-Verfahrensgesetz (Gesetz über das Verfahren des elektronischen Entgeltnachweises) müssen die Arbeitgeber seit dem 1.1.2010  für jeden ihrer Arbeitnehmer einmal pro Monat einen Datensatz an eine zentrale Speicherstelle übersenden. Darin ist eine Vielzahl persönlicher Angaben über die jeweilige Person enthalten. Mit dem ELENA-Verfahren sollte ursprünglich ab 2012 der Einkommensnachweis , z.B. für Leistungen der Bundesagentur für Arbeit oder für andere Sozialleistungen, elektronisch mithilfe einer Chipkarte und elektronischer Signatur erbracht werden. Wegen erehblicher Anlaufschwierigkeiten beim Testbetrieb war zuletzt eine Verschiebung der verbindlichen Einführung auf 2014 diskutiert worden. Jetzt haben sich  BMWi und BMAS  darauf verständigt, ELENA „schnellstmöglich einzustellen“.

In der Pressemitteilung wird zu den Gründen ausgeführt:  "Grund ist die fehlende Verbreitung der qualifizierten elektronischen Signatur. Umfassende Untersuchungen haben jetzt gezeigt, dass sich dieser Sicherheitsstandard, der für das ELENA-Verfahren datenschutzrechtlich zwingend geboten ist, trotz aller Bemühungen in absehbarer Zeit nicht flächendeckend verbreiten wird. Hiervon hängt aber der Erfolg des ELENA-Verfahrens ab. Die Bundesregierung wird dafür Sorge tragen, dass die bisher gespeicherten Daten unverzüglich gelöscht und die Arbeitgeber von den bestehenden elektronischen Meldepflichten entlastet werden. Das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie wird in Kürze einen entsprechenden Gesetzentwurf vorlegen. Es ist der Bundesregierung ein wichtiges Anliegen, Lösungen aufzuzeigen, die die bisher getätigten Investitionen der Wirtschaft aufgreifen. Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales wird ein Konzept erarbeiten, wie die bereits bestehende Infrastruktur des ELENA-Verfahrens und das erworbene Know-how für ein einfacheres und unbürokratisches Meldeverfahren in der Sozialversicherung genutzt werden können."

Tatsächlich waren  bereits seit Beginn der ELENA Diskussion von vielen Seiten vor allem zwei Kritikpunkte herausgestellt worden:  Einerseits wurde darauf hingewiesen, dass das Verfahren eine unzulässige Vorratsdatenspeicherung  darstelle, was bis zum Vorwurf der Verfassungswidrigkeit  ging, und andererseits wurden die erheblichen Bürokratiekosten für Arbeitgeber und externe Lohnabrechnungsstellen, z.B. Steuerberater, angeführt.  Das Ende von ELENA dürfte somit breite Zustimmung finden.

Quelle: Gemeinsame Pressemitteilung des BMWi und des BMAS v. 18.7.2011


kurioses Finanzgerichtsverfahren: "Der schlafende Richter" (BFH)

Der BFH hat durch ein aktuelles Urteil festgestellt, dass ein Richter dem Vortrag während der mündlichen Verhandlung auch mit (vorübergehend) geschlossenen Augen und geneigtem Kopf folgen kann (BFH, Beschluss v. 17.2.2011 - IV B 108/09, NV; veröffentlicht am 13.4.2011).

Grundsätzlich ist ein Gericht dann nicht vorschriftsmäßig besetzt, wenn ein Richter während der mündlichen Verhandlung schläft und deshalb wesentlichen Vorgängen nicht folgt (vgl. z.B. BFH, Urteil v. 4.8.1967 - VI R 198/66). Aber Schalfen ist nicht gleich Schlafen. Das hat der BFh im jetzigen Fall entschieden:
Hierzu führt der BFH weiter aus: Dass der Richter schläft und demnach der Verhandlung nicht folgen kann, "kann im Allgemeinen erst dann angenommen werden, wenn sichere Anzeichen für das Schlafen wie beispielsweise tiefes, hörbares und gleichmäßiges Atmen oder gar Schnarchen oder eindeutige Anzeichen von fehlender Orientierung gerügt werden. Denn ein Richter kann dem Vortrag während der mündlichen Verhandlung auch mit (vorübergehend) geschlossenen Augen und geneigtem Kopf folgen. Deshalb muss derjenige, der sich darauf beruft, ein Gericht sei wegen eines in der mündlichen Verhandlung eingeschlafenen Richters nicht ordnungsgemäß besetzt gewesen, konkrete Tatsachen vortragen, welche eine Konzentration des Richters auf wesentliche Vorgänge in der mündlichen Verhandlung ausschließen. Derartige sichere Anzeichen ergeben sich im Streitfall aus dem Vorbringen der Kläger nicht. Ihr Vorbringen beschränkt sich im Wesentlichen darauf, der ehrenamtliche Richter habe während der mündlichen Verhandlung von 13:00 Uhr bis 13:04 Uhr die Augen bei zur Seite geneigtem Kopf geschlossen gehalten und teilnahmslos gewirkt; er sei dann plötzlich wieder erwacht. Der betroffene ehrenamtliche Richter hat dazu in seiner dienstlichen Äußerung erklärt, mit Sicherheit behaupten zu können, nicht geschlafen zu haben, allerdings schließe er manchmal kurz die Augen, wenn er eine Sache überdenke; der Prozessbevollmächtigte habe so viele Argumente gegen den Sachverständigen abgeschossen, dass er einmal gründlich über die Sache habe nachdenken müssen. Diese Darstellung lässt sich mit den von den Klägern angeführten Beobachtungen vereinbaren. Dem entspricht es, dass während der mündlichen Verhandlung weder der Prozessbevollmächtigte der Kläger noch der Vertreter des Finanzamts einen Anlass gesehen haben, den Vorsitzenden auf den (angeblich) schlafenden ehrenamtlichen Richter hinzuweisen. Die Kläger haben ihre Einwände vielmehr erst zwei Tage nach der mündlichen Verhandlung (und der Urteilsverkündung) erhoben."

Quelle: NWB online


Umsatzsteuer: Frage-Antwort-Katalog zur elektronischen Rechnungsstellung (BMF)

 Das Bundesministerium der Finanzen (BMF) informiert auf seinen Internetseiten über die beabsichtigten Gesetzesänderungen im Zusammenhang mit der elektronischen Rechnungsstellung. Hintergrund ist, dass durch das Steuervereinfachungsgesetz 2011 (StVereinfG 2011) mit Wirkung ab dem 1.7.2011 die bislang sehr hohen Anforderungen an die elektronische Übermittlung von Rechnungen reduziert werden sollen. Bislang gibt es hierzu erst  einen Gesetzentwurf der Bundesregierung vor, der zur Zeit noch parlamentarisch beraten wird. Dann erst können Bundestag und Bundesrat über die endgültige Ausgestaltung der gesetzlichen Regelungen entscheiden. 

Das BMF hat aber schon jetzt  eine Vielzahl von Fragen zur konkreten Ausgestaltung der zukünftigen Regelung zusammengetragen. Die Wichtigsten wurden in einem Frage-Antwort-Katalog gesammelt.

Zum Frage-Antwort-Katalog des BMF gelangen Sie hier.

Quelle: BMF online


BFH: Insolvenzverwalter mit qualifizierten Mitarbeitern sind in der Regel nicht gewerbesteuerpflichtig

Insolvenzverwalter werden nicht automatisch gewerbesteuerpflichtig, wenn sie mehrere qualifizierte Mitarbeiter beschäftigen. Das hat der Bundesfinanzhof (BFH) mit Urteil vom 15. Dezember 2010 VIII R 50/09 entschieden und damit seine bisher anders lautende Rechtsprechung geändert.

Zwei zu einer Gesellschaft zusammengeschlossene Rechtsanwälte waren als Insolvenzverwalter tätig. Sie hatten dafür verschiedene qualifizierte Mitarbeiter eingesetzt. Sie rechneten ihre Tätigkeit zur Berufstätigkeit eines Rechtsanwalts und damit zur freiberuflichen Tätigkeit i. S. von § 18 Abs. 1 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG).

Das Finanzamt ordnete die Einkünfte hingegen als Einkünfte aus Gewerbebetrieb ein und setzte Gewerbesteuermessbeträge fest: Die Tätigkeit als Insolvenzverwalter führe grundsätzlich zu Einkünften aus sonstiger selbständiger Arbeit i. S. von § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG. Würden dabei aber qualifizierte Mitarbeiter eingesetzt, handele es sich um gewerbliche Einkünfte, die die Gewerbesteuerpflicht auslösten.

Der BFH gab der klagenden Gesellschaft im Ergebnis Recht.

Allerdings hielt er an seiner bisherigen Beurteilung fest, dass die Tätigkeit eines Insolvenz-, Zwangs- und Vergleichsverwalters eine vermögensverwaltende Tätigkeit i. S. des § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG und keine freiberufliche Tätigkeit i. S. des § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG ist.

Der BFH gab jedoch die vom Reichsfinanzhof entwickelte sogenannte Vervielfältigungstheorie auf, nach der der Einsatz qualifizierter Mitarbeiter dem "Wesen des freien Berufs" widersprach und deshalb zur Annahme einer gewerblichen Tätigkeit und zur Gewerbesteuerpflicht führte. Der Gesetzgeber hatte sich davon bereits 1960 gelöst und in § 18 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG geregelt, dass eine freiberufliche Tätigkeit auch dann gegeben ist, wenn ein Freiberufler fachlich vorgebildete Arbeitskräfte einsetzt, sofern er aufgrund eigener Fachkenntnisse leitend und eigenverantwortlich tätig bleibt. Für Einkünfte aus sonstiger selbständiger Arbeit i. S. von § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG hatte die bisherige Rechtsprechung hingegen an der Vervielfältigungstheorie festgehalten, so dass derartige Tätigkeiten - wie die Insolvenzverwaltung - grundsätzlich ohne die Mithilfe fachlich vorgebildeter Hilfskräfte ausgeübt werden mussten, um die Gewerbesteuerpflicht zu vermeiden. In diesem Punkt hat der BFH nunmehr seine Rechtsprechung geändert: Die Regelung für freie Berufe in § 18 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG, nach der der Einsatz qualifizierten Personals grundsätzlich zulässig sei, gelte für die sonstige selbständige Arbeit i. S. von § 18 Abs.%

Quelle: Bundesfinanzhof Pressemitteilung Nr. 20 vom 16.03.2011


BFH: Vorlage an den EuGH zur USt bei Geschäftsveräußerung im Ganzen

"Geschäftsveräußerung im Ganzen" "Befeldt Steuerberater" "Befeldt" "Steuerberater" "Lippstadt"
Geschäftsveräußerung auch ohne Ladenlokal? EuGH entscheidet

Der BFH hat dem EuGH  die Frage zur Entscheidung vorgelegt, unter welchen Voraussetzungen eine Geschäftsveräußerung im Ganzen im Sinne des europäischen Gemeinschaftsrechts festzustellen ist.

Wenn  ein Unternehmer seinen Betrieb an einen anderen Unternehmer verkauft, der  diesen danach fortführt, unterliegt dieser Vorgang nicht der Umsatzsteuer (§ 1 Abs. 1a UStG) . Vielmehr tritt der Käufer des Unternehmens in die steuerlichen Fußstapfen des Verkäufers. Voraussetzung dafür ist aber nach dem Gesetz, dass alle wesentlichen Betriebsgrundlagen mitveräußert werden. Die Formulierung "wesentlich" schreit geradezu nach einer Auslegung, und deshalb gibt es  in der Praxis immer wieder Streit, wenn es darum geht, ob eine  nicht steuerbare Geschäftsveräußerung im Ganzen auch vorliegt, wenn der Verkäufer des Betriebes wesentliche Betriebsgrundlagen -häufig ist das das Betriebsgrundstück - nicht mitverkauft. In solchen Fällen wird das Grundstück häufig nur an den Käufer vermietet.

In dem aktuellen Fall geht es um die Inhaberin eines Sportgeschäfts. Sie betrieb dieses Geschäfts in einemLadenlokal, das ihr gehörte.  Später verkaufte sie ihr Geschäfts an einen anderen Unternehmer, der dieses fortführen wollte. Verkauft wurden der gesamte Warenbestand, die Geschäftsausstattung, also Verkaufstresen, Kasse, Umkleidekabinen u.a.  Das Ladenlokal verkaufte sie nicht mit, behielt es in ihrem Eigentum und vermietete es an den neuen Inhaber des Geschäftes ohne eine zeitliche Befristung. Der Vertrag war kurzfristig kündbar.

Zu diesem Fall hat der BFH jetzt folgende Fragen dem EuGH vorgelegt:

  • Liegt eine „Übertragung” eines Gesamtvermögens vor, wenn ein Unternehmer den Warenbestand und die Geschäftsausstattung seines Einzelhandelsgeschäfts an einen Erwerber übereignet und ihm das in seinem Eigentum stehende Ladenlokal lediglich vermietet?
  • Kommt es dabei darauf an, ob das Ladenlokal durch einen auf lange Dauer abgeschlossenen Mietvertrag zur Nutzung überlassen wurde oder ob der Mietvertrag auf unbestimmte Zeit läuft und von beiden Parteien kurzfristig kündbar ist?

Quelle: Bundesfinanzhof, Beschluss v. 14.7.2010 - XI R 27/08


Ist das Fiskusprivileg vom Tisch?

BEFELDT Steuerberater Lippstadt Fiskusvorrecht Insovlenzverfahren
Doch kein Fiskusvorrecht im Insolvenzverfahren?

Der Spiegel berichtet in seiner Online-Ausgabe vom 23.08.2010, dass sich die Regierung von ihren Plänen verabschiedet habe, das Fiskusprivileg im Insolvenzverfahren wieder einzuführen.

Die Bundesregierung hatte in ihrem Sparpaket angekündigt, Steuerforderungen im Insolvenzverfahren wieder mit einem Vorrecht vor den anderen Gläubigern versehen zu wollen. Insolvenzverwalter und Wirtschaftsverbände waren dagegen Sturm gelaufen. Weithin war einhellige Meinung, dass damit die Sanierungschancen von Unternehmen erheblich verschlechtert würden. Dagegen hatten Sozialversicherungsträger  zwischenzeitlich gefordert, auch - wie schon in Zeiten der alten Konkursordnung - wieder mit einem Vorrecht ausgestattet zu werden.

In der Tat gibt es hier wohl erheblichen Diskussionsbedarf in der Bundesregierung. Während die Rechtspolitiker sogar fordern, die Sanierungsmöglichkeiten im Insolvenzverfahren zu verbessern, z.B. durch Vereinfachung des Insolvenzplanverfahrens, hatten die Fiskalpolitker geplant durch das Vorrecht Mehreinnahmen von 500 Mio. Euro pro Jahr zu erzielen. Wie der Spiegel berichtet, sollen jetzt andere Mechanismen gefunden werden, um aus den Insolvenzverfahren Mehreinnahmen des Staates zu erzielen. Ob dafür ausgerechnet die Umsatzsteuer geeignet ist, darf bezweifelt werden. Immerhin ist das Umsatzsteuerrecht weitestgehend europäisches Recht, das für nationale systemfremde Alleingänge kaum genutzt werden kann.

Allerdings ist hier auch der Spiegel auf der falschen Fährte: Eine "Umsatzsteuerbefreiung" im Insolvenzverfahren gibt es nicht. Insolvente Unternehmen und ihre Verwalter unterliegen unterliegen den gleichen Spielregeln, wie jeder andere Unternehmer auch.  Die Diskussion wird spannend bleiben - und hoffentlich mit zutreffenden Argumenten geführt werden.


BMF Fragen und Antworten zur Absetzbarkeit von Arbeitszimmern: Was bedeutet die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts für die Steuererklärung?

Das BMF hat auf seiner Internetseite zu aktuellen Anwendungsfragen nach der Entscheidung des BVerfG zum Arbeitszimmer Stellung genommen. Hier die Ausführungen des BMF im Original:

"Das Bundesverfassungsgericht hat entschieden, dass Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer auch steuerlich abziehbar sein müssen, wenn für die betriebliche oder berufliche Tätigkeit kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht. Bisher gab es nur die Möglichkeit, Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer als Betriebsausgaben oder Werbungskosten anzusetzen, wenn das Arbeitszimmer den  „Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Tätigkeit" darstellt. Insofern wird die Regelung nun um eine weitere Möglichkeit ergänzt.

 Wer profitiert von der neuen Möglichkeit?

Diejenigen, die in ihrem Betrieb kein Arbeitszimmer haben und im häuslichen Arbeitszimmer auch ihre betriebliche bzw. berufliche Tätigkeit ausüben.

Auch Lehrer, die im Klassenzimmer unterrichten und denen kein angemessener Arbeitsplatz in der Schule zur Verfügung steht, können nun ihr häusliches Arbeitszimmer wieder steuerlich geltend machen.

Darf der Gesetzgeber die Absetzbarkeit des Arbeitszimmers nun gar nicht mehr einschränken?

Doch, das darf er weiterhin. Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem Beschluss auch entschieden, dassnicht die gesamte Regelung in der Fassung des Steueränderungsgesetzes 2007 verfassungswidrig ist. Damit hat das Bundesverfassungsgericht klargestellt, dass Beschränkungen der Absetzbarkeit für häusliche Arbeitszimmer, abgesehen von den genannten Ausnahmen, auch weiterhin verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden sind.

 Ab wann tritt das geänderte Gesetz in Kraft?

Die Bundesregierung wird dem Bundestag so bald wie möglich einen entsprechenden Gesetzgebungsvorschlag unterbreiten. Das Bundesverfassungsgericht hat dem Gesetzgeber aufgegeben, eine verfassungskonforme Neuregelung mit Rückwirkung ab 1. Januar 2007 zu treffen. 

Wie sieht die Übergangszeit bis zur Neuregelung aus? 

Das BMF wird die Finanzämter kurzfristig anweisen, bis zum Inkrafttreten der Neuregelung sämtliche betroffene Steuerbescheide ab dem Veranlagungszeitraum 2007 im Rahmen der verfahrensrechtlichen Möglichkeiten (nach § 165 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AO) vorläufig durchzuführen.

 Sollten vorläufige Steuerbescheide oder Feststellungsbescheide aufgrund der späteren gesetzlichen Neuregelung aufzuheben oder zu ändern sein, wird dies von Amts wegen vorgenommen werden; ein Einspruch ist insoweit nicht erforderlich.
Steuerpflichtige, die von der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts betroffen sind, können sich im Übrigen an ihr Finanzamt wenden, wenn Aufwendungen für das häusliche Arbeitszimmer schon vor Inkrafttreten der gesetzlichen Neuregelung bei der Steuerfestsetzung vorläufig berücksichtigt werden sollen. Das Finanzamt wird dann prüfen, ob eine Änderung der Steuerfestsetzung in Betracht kommt. Eine Änderung endgültiger Steuerbescheide, die nicht angefochten worden waren, kommt dabei allerdings nicht in Betracht. (...)

QUELLE: www.bundesfinanzministerium.de


BFH zur ErbSt : Keine Steuervergünstigung auch bei Zwangsverkauf innerhalb Behaltensfrist

"Auch für den Fall, dass eine Freiberuflerpraxis aufgrund gesetzlicher Anordnung veräußert wird, führt die Betriebsveräußerung innerhalb der fünfjährigen Behaltensfrist (§ 13a Abs. 5 ErbStG a.F.) zum Wegfall der Steuervergünstigungen nach § 13a Abs. 1 und 2 ErbStG a.F. "

 Das hat der BFH im Urteil v. 17.3.2010 - II R 3/09 (jetzt erst  veröffentlicht am 23.6.2010) entschieden. 

Der Fall:  Der minderjährige Kläger ist Alleinerbe seines 2006 verstorbenen Vaters, der eine Arztpraxis besaß. Da der Kläger nicht über die für eine Fortführung der freiberuflichen Praxis erforderliche Berufsqualifikation verfügte, beantragten seine gesetzlichen Vertreter bei der zuständigen Kassenärztlichen Vereinigung, den Vertragsarztsitz - also die Praxis - des Vaters öffentlich auszuschreiben. Nach der Ausschreibung wurde die Praxis 2007 im Namen und für Rechnung des Erben verkauft . In seiner Erbschaftsteuererklärung bezifferte der Erbe den Wert der zum Nachlass gehörenden Arztpraxis mit insgesamt 306.326 € und beantragte, ihm für das erworbene Betriebsvermögen die Steuerentlastungen des § 13a Abs. 1 und Abs. 2 des ErbStG zu gewähren. Das Finanzamt lehnte dies ab. Dieser Auffassung schloss sich der BFH jetzt an.

Die Begründung des BFH:  Der Fortbestand der Qualität als Betriebsvermögen hängt bei dessen Erwerb von einem Freiberufler nicht tätigkeitsbezogen davon ab, dass der Erbe auch die freiberufliche Tätigkeit des Erblassers fortsetzt. § 13a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. Abs. 4 Nr. 1 ErbStG stellt wegen der Anknüpfung an den Erwerb von Betriebsvermögen vielmehr allein betriebsbezogen auf die Aufrechterhaltung und Weiterführung des Betriebs des Erblassers ab. Der Gesetzeswortlaut des § 13a Abs. 5 Nr. 1 ErbStG erfasst zwar die freiberufliche Einzelpraxis nicht. Da § 13a Abs. 5 Nr. 1 ErbStG aber erkennbar an § 13a Abs. 4 Nr. 1 ErbStG anknüpft, ist dem Gesetzgeber bei der Abfassung des Abs. 5 Nr. 1 offensichtlich ein Redaktionsversehen unterlaufen. Das Gesetz kann schon aus systematischen Gründen nicht in dem Sinne verstanden werden, dass die Veräußerung einer freiberuflichen Einzelpraxis vom Anwendungsbereich des § 13a Abs. 5 Nr. 1 ErbStG ausgeschlossen wäre. Vielmehr ergibt sich aus der in § 12 Abs. 5 ErbStG i.V.m. § 96 BewG angeordneten Gleichbehandlung des freiberuflichen und gewerblichen Betriebsvermögens, dass auch freiberufliche Einzelpraxen von § 13a Abs. 1 ErbStG erfasst werden. § 13a Abs. 5 Nr. 1 ErbStG ist nicht in Fällen, in denen die Veräußerung zwangsweise oder sogar kraft gesetzlicher Anordnung erfolgt, teleologisch zu reduzieren.

 

Anmerkung: Der BFH führt damit die Rechtsprechung fort, die kürzlich bereits im zusammenhang mit dem Zwangsverkauf eines Unternehmens im Rahmen einer Insolvenz ergangen ist (siehe hier). Auch in jenem Fall hatte das Gericht entschieden, dass der Gesetzgeber nicht habe erkennen lassen, dass er für gewisse Zwangssituationen, die die Behaltefrist beenden oder unmöglich machen, die Anwendung der Steuerbvergünstigung gewollt habe. Insoweit sah der BFH im Hinblick auf § 13 a Abs. 5 ErbStG a.F. keinen Anlass zur Einschränkung der gesetzlichen Formulierung.   

Quelle: BFH online


BFH ändert Rechtsprechung zur umsatzsteuerlichen Organschaft

Mit Urteil vom 22. April 2010 ((Aktenzeichen V R 9/09) hat der Bundesfinanzhof (BFH) seine Rechtsprechung zur umsatzsteuerrechtlichen Organschaft (Konzernbesteuerung) geändert. Das Urteil betrifft die in der Praxis häufig anzutreffende Fallkonstellation der Betriebsaufspaltung zwischen Schwestergesellschaften, die nach dem jetzigen Urteil des BFH keine Organschaft bilden.

Der Fall:  Bei der Klägerin handelte es sich um eine Kommanditgesellschaft (KG), die eine Reihe von entgeltlichen Leistungen an ihre Schwestergesellschaft, eine GmbH, erbrachte. Die GmbH betrieb Alten- und Pflegeheime und führte dabei steuerfreie Leistungen aus, so dass für sie keine Berechtigung zum Vorsteuerabzug bestand. An der KG und der GmbH waren drei Gesellschafter zu jeweils 1/3 beteiligt. Die KG ging davon aus, dass zwischen ihr als herrschender Organträger und der GmbH als beherrschte Organgesellschaft eine sog. Organschaft bestand und stützte dies darauf, dass sie die GmbH mittelbar über die gemeinsamen Gesellschafter beherrschen könne. Da alle Unternehmensteile einer derartigen Organschaft als einheitliches Unternehmen zu behandeln sind, und Leistungen zwischen diesen Unternehmensteilen nicht der Besteuerung unterliegen, war die KG weiter der Auffassung, dass sie ihre gegenüber der GmbH erbrachten Leistungen nicht zu versteuern habe. Für die GmbH wäre damit das Entstehen nichtabzugsfähiger Vorsteuerbeträge vermieden worden.

 Die Meinung des Gerichtes: Dem folgte der BFH unter Aufgabe seiner bisherigen Rechtsprechung nicht. Nach dem Urteil des BFH kann eine GmbH nicht mittelbar über mehrere gemeinsame Gesellschafter in eine Schwester-KG eingegliedert sein. Der BFH stützt dies insbesondere darauf, dass die Organschaft ein klares Über- und Unterordnungsverhältnis voraussetzt, an dem es zwischen Schwestergesellschaften zumindest für die jetzt entschiedene Fallkonstellation fehlt.

 Quelle: Pressemitteilung des BFH http://www.bfhurteile.de

 Weitere Details: Urteil des V.  Senats vom 22.4.2010 - V R 9/09


Eine große Steuerreform ist nicht in Sicht

Steuerreform, "BEFELDT Steuerberater", "Steuerberater Lippstadt", Reförmchen, Sanierungsberater, Insolvenzberater
keine große Steuerreform vor 2014: Zeit genug zu klären, was das Ziel sein soll.

Die große Steuerreform, ein Vorhaben, das sich bereits  Generationen von Politikern und Regierungen zur Brust genommen haben, ist auch für diese Legislaturperiode nicht absehbar.

Während man seitens des Finanzministers noch bis zur NRW-Landtagswahl die Meinung vertrat, die Möglichkeit zur Steuerreform bestünde nach 2011, hat Finanzminister Schäuble diesen Zeitpunkt jetzt noch weiter hinaus geschoben. Wie Reuters heute meldet, erteilt Schäuble einer "großen Steuerreform" eine Absage bis mindestens 2015.

Zeit genug um in der Zwischenzeit einmal die Gedanken zu klären, damit nicht  auch der nächste Anlauf wieder als halbherziges Herumbasteln am Tarif zugunsten der Klientel der jeweiligen Regierungspartei verpufft. Zugegeben, ein frommer Wunsch. Dass deutsches Steuerrecht aber einer strukturellen Reform bedarf, ist mittlerweile ein Gemeinplatz, ohne dass die notwendige Diskussion darüber wirklich einmal zu Ende geführt, geschweige denn auch nur zielgerichtet moderiert würde. Dabei zeigt sich mittlerweile die strukturelle Problematik nicht nur auf Seiten der Steuerzahler, die als Zahlende dringend nach Vereinfachung, Entlastung, Subventionsaufbau und Steuergerechtigkeit rufen. Vielmehr gibt es noch viele größere strukturelle Probleme auf der Einnahmen-Seite der öffentlichen Haushalte, die mit den gegenwärtigen Steuerarten und Verteilungsmechanismen nicht mehr durchgängig finanziert werden können.  Vor allem die Kommunen besitzen immer kleinere Handlungsspielräume. Hier ruft der Bürger zu Recht zum zweiten Mal nach Steuergerechtigkeit, wenn er merkt, dass der Wert der Gegenleistung, die er für seine Steuerzahlung erhält, immer geringer wird. Ein Steuersystem, das aber durchgängig als ungerecht empfunden wird, führt zur Verschlechterung der Steuermoral (übrigens genau so wie eines, das nicht verstanden wird). Und so ist die Gefahr groß, dass sich zur Steuer-Unmoral der Reichen auch noch die Unmoral des Mittelstands gesellt.  Grund genug, sich also einmal in Ruhe parteienübergreifend Gedanken zu machen und in der Zwischenzeit die Steuersenkungskomödie vom Spielplan zu nehmen.  Zeit genug ist ja jetzt da.