FG Münster: Kosten eines verwaltungsgerichtlichen Streits sind absetzbar

Aufwendungen für einen verwaltungsgerichtlichen Rechtsstreit sind als außergewöhnliche Belastungen zu berücksichtigen, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung nicht mutwillig erfolgt und aus Sicht eines verständigen Dritten Aussicht auf Erfolg bietet. Das hat kürzlich das Finanzgericht Münster in einem erst jetzt veröffentlichten Urteil vom 27.11.2013 entschieden. Das Finanzgericht hat damit die neuere Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes, der nach den gleichen Grundsätzen schon die Kosten eines  Zivilverfahrens für absetzbar angesehen hat, auf die Kosten für das Verwaltungsgerichtsverfahren übertragen. Wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache ist aber die Revision gegen das Urteil zum BFH zugelassen worden (Az.: 11 K 2519/12 E).


Hochwasser | Aussetzung der Insolvenzantragspflicht für betroffene Unternehmen (BMJ)

Das Bundeskabinett hat am 24.6.2013 einen Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Aufbauhilfe nach Hochwasserschäden beschlossenen. Der Gesetzentwurf sieht eine bis zum 31.12.2013 befristete Aussetzung der Insolvenzantragspflicht für Unternehmen vor, die infolge des Hochwassers in eine Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung geraten sind. Darauf weist das Bundesministerium der Justiz (BMJ) hin.

Hintergrund: Nach § 15a Abs. 1 der Insolvenzordnung (InsO) müssen Geschäftsleiter von juristischen Personen und bestimmten Gesellschaften, bei denen kein Gesellschafter eine natürliche Person ist (Beispiel: GmbH & Co KG), bei Eintritt einer Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung unverzüglich, spätestens jedoch nach drei Wochen, einen Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens stellen. Nach § 15 Abs. 4 und 5 InsO ist eine Verletzung dieser Insolvenzantragspflicht strafbar. Sie kann ferner nach § 823 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuches in Verbindung mit § 15a Abs. 1 InsO zur Folge haben, dass der antragspflichtige Geschäftsleiter den Gläubigern zum Schadensersatz verpflichtet ist.

Hierzu führt das BMJ u.a. aus:

■Unter den derzeitigen Ausnahmebedingungen als Folge der Hochwasserkatastrophe lässt sich nicht gewährleisten, dass innerhalb der für die Stellung von Insolvenzanträgen an sich vorgesehenen Höchstfrist von drei Wochen alle Verfahren und Verhandlungen abgeschlossen werden können, die Voraussetzung für den Bezug von Versicherungs-, Hilfs- oder Spendenleistungen oder für den Abschluss etwaig erforderlicher Sanierungs- oder Finanzierungsvereinbarungen sind.
■Ohne gesetzliche Neuregelung wären die Geschäftsleiter der betroffenen Unternehmen gezwungen, zur Vermeidung einer strafrechtlichen Verfolgung und einer zivilrechtlichen Haftung auch dann einen Insolvenzeröffnungsantrag zu stellen, wenn erfolgversprechende Aussichten auf die Beseitigung der Insolvenzlage bestehen.
■Die Insolvenzantragspflicht soll in den Fällen ausgesetzt werden, in denen Aussichten darauf bestehen, dass sich die eingetretene Insolvenzlage durch erlangbare Versicherungs-, Entschädigungs- oder Spendenleistungen oder durch eine Sanierungs- oder Finanzierungsvereinbarung beseitigen lässt.
■Erst wenn dies bis zum Jahresende 2013 nicht gelingt, müssen die betroffenen Unternehmen innerhalb der neu anlaufenden Höchstfrist von drei Wochen einen Insolvenzantrag stellen.
■Eine Verlängerung der Aussetzung der Antragsfrist bis längstens zum 31.3.2014 bleibt möglich, wenn sich herausstellen sollte, dass eine Vielzahl von Unternehmen zum Jahresende noch mehr Zeit benötigt, um erstrebte Geldleistungen zu erhalten oder erfolgversprechende Sanierungs- oder Finanzierungsverhandlungen abzuschließen.
Hinweis: Es sollen aber nicht alle insolvenzrechtlichen Regelungen ausgesetzt werden, sondern ausschließlich die Insolvenzantragspflicht. Unberührt bleibt daher das Recht von Schuldnern oder Gläubigern, einen Insolvenzantrag zu stellen. Da die Einzugstellen für Sozialversicherungsbeiträge und die Finanzverwaltung auf Antrag bis zum 30.9.2013 von Vollstreckungsmaßnahmen absehen werden (s. Rundschreiben RS 2013/247 des GKV-Spitzenverbands v. 13.6.2013), dürfte insoweit auch nicht mit Gläubigeranträgen zu rechnen sein. Allerdings müssen Geschäftsleiter darauf achten, dass sie während des Bestehens einer Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung das Verbot von Zahlungen an einzelne Gläubiger beachten. Quelle: BMJ, Pressemitteilung v. 26.6.2013 /NWB online

Hinweis: Den vollständigen Text der o.g. Pressemitteilung finden Sie auf den Internetseiten des BMJ.


BUNDESRAT | Die zweite Insolvenzrechtsreform ist durchgewinkt (BMJ)

Die Unternehmenssanierung mit Hilfe des Insolvenzrechts soll verbessert werden
die zweite Stufe der InsO-Reform wurde gezündet,brennt aber nicht!

Am 7.6.2013 wurde das Gesetz zur Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfahrens und zur Stärkung der Gläubigerrechte im Bundesrat abschließend beraten.

Es hat mal wieder gedauert:  Die lang diskutierte zweite Stufe der Insolvenzrechtsreform, die sich mit der Verbraucherinsolvenz auseinandersetzt, wurde am 7.6.2013 vom Bundesrat verabschiedet.  Mit dem „Gesetzentwurf zur Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfahrens und zur Stärkung der Gläubigerrechte“, das der Bundestag am 16. 5. 2013 verabschiedet hat, sollen die  insolventen (ehemaligen) Unternehmer und Verbraucher, eigentlich alle "natürlichen Personen", schneller als bisher eine zweite Chance erhalten. Voraussetzung ist, dass sie einen Teil ihrer Schulden sowie die Verfahrenskosten begleichen. Nach der Gesetzesbegründung sollen auch die Gläubiger davon profitieren, weil die Schuldner einen gezielten Anreiz erhalten, möglichst viel zu bezahlen. Darüber sind auch Regelungen zur Verkürzung und Umgestaltung des Restschuldbefreiungsverfahrens, zur Stärkung der Gläubigerrechte und Regelungen für insolvente Mitglieder von Wohnungsbaugenossenschaften enthalten. Für die Praxis eher bedeutsam dürfte die Zulassung des Insolvenzplanverfahrens für Verbraucher sein – eine weitere Möglichkeit, dass sich Schuldner und Gläubiger im Insolvenzverfahren über die Regulierung der Verbindlichkeiten einigen.

Hierzu erklärt Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger:

  • "Das Gesetz eröffnet insolventen natürlichen Personen neue Perspektiven. Während zur Erlangung der Restschuldbefreiung bislang in allen Privatinsolvenzverfahren ein sechsjähriges Verfahren durchlaufen werden muss, ist künftig schon nach der Hälfte der Zeit ein wirtschaftlicher Neuanfang möglich.
  • Schafft es der Schuldner, innerhalb von drei Jahren mindestens 35 Prozent der Gläubigerforderungen zur Schuldentilgung bereitzustellen, sowie die Verfahrenskosten zu begleichen, kann ihm nach Ablauf dieses Zeitraums Restschuldbefreiung erteilt werden.
  • Wer schneller schuldenfrei sein möchte, kann künftig auch in Verbraucherinsolvenzen die flexible und sofortige Entschuldungsmöglichkeit des Insolvenzplans in Anspruch nehmen. Bis zum Schlusstermin eines Insolvenzverfahrens kann jeder Schuldner einen Insolvenzplan vorlegen, in dem außerhalb des Restschuldbefreiungsverfahrens und abweichend von den Vorschriften der Insolvenzordnung auf seinen Einzelfall abgestimmte Regelungen zur Entschuldung getroffen werden können. Stimmt die Mehrheit der Gläubiger zu, ist der Weg zu einem sofortigen wirtschaftlichen Neustart frei. Dabei wird ein Insolvenzplan bereits in Verbraucherinsolvenzverfahren vorgelegt werden können, die vor dem 1. Juli 2014 beantragt wurden oder werden.
  • Gleichzeitig stärkt das Gesetz die Rechte der Gläubiger. Wenn der Schuldner einen Restschuldbefreiungsantrag stellt, wird ihm bereits mit Beginn des Insolvenzverfahrens auferlegt, eine angemessene Erwerbstätigkeit auszuüben oder sich zumindest um eine solche zu bemühen. Gläubiger können auch zukünftig jederzeit schriftlich einen Versagungsantrag im Insolvenzverfahren stellen.
  • Eine weitere konkrete Verbesserung wurde für den Wohnungserhalt von Mitgliedern von Wohnungsgenossenschaften erreicht. Sie werden vor den Auswirkungen der Kündigung der Mitgliedschaft durch einen Vollstreckungsgläubiger oder den Insolvenzverwalter, die in ihren Folgen mit der Kündigung des Wohnraummietverhältnisses vergleichbar ist, geschützt."

Quellen: Bundesministeriums der Justiz, Pressemitteilung v. 7.6.2013 / www. nwb-online.de

Kommentar: ... es wird weiter dauern:  Die Neuregelungen treten erst ab 1.7.2014 in Kraft und gelten dann auch nur für Verfahren, die ab diesem Datum eröffnet werden. Das ist schön für die handelnden Politiker aller Parteien, weil sie die gute Nachricht noch vor der Bundestagswahl verkünden können, obwohl jeder Schuldner, der jetzt unter Druck steht, faktisch nichts davon hat. Wenn man sich vergegenwärtigt, dass belastende Steuergesetze und die Schließung von sog. "Schlupflöchern" in schöner Regelmäßigkeit  mit Rückwirkung beschlossen werden, ist dies eine Merkwürdigkeit. Eine nachvollziehbare Begründung dafür findet sich im Gesetzgebungsverfahren nicht.  

Inhaltlich dürfte die Reform nur für einen kleinen Kreis von Schuldnern überhaupt einen Vorteil bringen. 35% sind eine hohe Hürde gemessen an den üblicherweise mickrigen Quoten und wer die Praxis und Klientel des Restschuldbefreiungsverfahrens kennt, wird hier nicht viele Illusionen haben, dass es vielen Schuldnern gelingen könnte, diese Hürde zu überspringen. Zu begrüßen ist die Öffnung des Insolvenzplanverfahrens, weil dadurch wesentliche flexiblere Möglichkeiten für eine Einigung mit den Gläubigern zur Verfügung stehen.


Insolvenzantrag | Der "weiche" Überschuldungsbegriff wird unbefristet

Insolvenz, Überschuldung, Fortführungsprognose, Fortbestehensprognose, Insolvenzberatung, Hartmut Befeldt, Steuerberater LippstadtNeben der Zahlungsunfähigkeit begründet  auch die Überschuldung einer Kapitalgesellschaft eine  Insolvenzantragspflicht.  Wird diese verletzt können sich  Geschäftsführer und  auch die Berater der Gesellschaft strafbar machen.

Bei der gegenwärtigen befristeten Gesetzeslage führt eine Überschuldung - also ein Überschuss der Verbindlichkeiten über das Vermögen - dann nicht zur Insolvenzantragspflicht , wenn eine positive Fortbestehensprognose für das Unternehmen besteht. Die Fortbestehensprognose führte also dazu, dass die Überschuldung praktisch irrelevant war.  Dieser sog. "weiche"  Überschuldungsbegriff wurde im Zuge der Finanzkrise eingeführt, um den Zusammenbruch vieler Unternehmen zu verhindern. Die Anwendung war zuletzt bis zum 31.12.2013 befristet worden.

Bei  der alten Regelung, die ab dem 01.01.2014 auch wieder angewendet werden  sollte, liegt Überschuldung dann vor, wenn das Vermögen des Unternehmens inclusive der stillen Reserven nicht ausreicht, um die Verbindlichkeiten abzudecken. Das Vermögen wird hierbei mit seinen Liquidationswerten angesetzt. Besteht hingegen eine positive Fortführungsprognose´können für die Überschuldungsprüfung Fortführungswerte angesetzt werden.  In dieser Konstellation für die positive Fortführungsprognose demnach nur zu einer Änderung der Bewertungsregeln, nach denen die Überschuldung zu berechnen ist, nicht aber zum kompletten Fortfall der Überschuldung.

Wenn also dieser „weiche“ Überschuldungsbegriff zum 01.01.2014 ausliefe, könnten Gesellschaften insolvent werden, bei denen die psotivie Fortbestehensprognose bisher zum Wegfall der Insolvenzantragspflicht geführt hat. Diese rechtliche Unsicherheit führt zu der Frage, ob bei diesen Gesellschaften bereits heute überhaupt noch eine positive Prognose gestellt werden kann, wenn diese voraussichtlich zum 1.1.2014 rechnerisch überschuldet sein könnten.

Vor diesem Hintergrund hat der Gesetzgeber jetzt  beschlossen, dass der „weichere“ Überschuldungsbegriff unbefristet fortbestehen soll. Auch nach dem 31.12.2013 kann eine positive Fortbestehensprognose die Überschuldung und damit auch die Insolvenzantragspflichten beseitigen.


BFH | betriebliche Investitionen auch bei Zahlung über ein Kontokorrentkonto begünstigt (§4 Abs. 4a EStG)

BFH entscheidet zum Abzug von SchuldzinsenDas Urteil vom 23. Februar 2012 IV R 19/08: Der BFH musste entscheiden, unter welchen Voraussetzungen Schuldzinsen für ein Investitionsdarlehen, das auf ein Kontokorrentkonto ausgezahlt wurde, von dem dann die Investitions bezahlt wurde, sowie auch die Schuldzinsen für das Kontokorrentkonto selbst als Betriebsausgaben abgezogen werden können, wenn der Unternehmer Überentnahmen getätigt hat. Es ging also um einen Anwendungsfall von § 4 Abs. 4a EStG.

Der Abzug von Schuldzinsen als Betriebsausgaben ist gem.  § 4 Abs. 4a EStG eingeschränkt, wenn der Unternehmer mehr Entnahmen getätigt hat, als dem Betrieb zuvor durch Einlagen und Gewinne zugeführt worden ist, er also "Überentnahmen" getätigt hat.

Ausgenommen von dieser Bbeschränkung sind die  Zinsen für Darlehen zur Finanzierung von Anschaffungs- oder Herstellungskosten von Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens, also für sog. Investitionsdarlehen. Im vorliegenden Fall wurden  Darlehensmittel auf ein betriebliches Kontokorrentkonto ausgezahlt, von dem in der Folgezeit nicht nur die Anlagegüter (also Investitionen), sondern auch sonstige Aufwendungen bezahlt. Es stellte sich im Verfahren also die  Frage, inwieweit die Darlehensmittel aus dem Investitionsdarlehen auch tatsächlich zur Anschaffung der Anlagegüter verwendet wurden. Davon hing der Umfang der abziehbaren Schuldzinsen ab.

Der BFH ist jetzt davon ausgegangen,  dass die innerhalb von 30 Tagen vor oder nach der Auszahlung des Investitionsdarlehens über das entsprechende Kontokorrentkonto bezahlten Investitionen mit dem aufgenommenen Investitionsdarlehen  finanziert wurden. eine ähnliche Regelung wendete die Finanzaverwaltung bisher auch schon an.

Wenn der Zeitraum länger als als 30 Tage ist, muss der Unternehmer den Zusammenhang zwischen Auszahlung der Darlehensmittel und der Anschaffung der Investitionsgüter nachweisen.

Der BFH hat aber auch entschieden, dass auch Kontokorrentzinsen, die für die Finanzierung von Anlagevermögen entstehen, unbeschränkt abgezogen werden können. Die Aufnahme eines besonderen Investitionsdarlehens ist demnach nicht notwendig. Dies ist eine wesentliche Abweichung von der bisherigen Praxis der Finanzämter. 


Restschuldbefreiung zukünftig in 3 Jahren möglich?

Restschuldbefreiung in 3 Jahren?Das Bundesministerium für Justiz (BMJ) hat einen Referentenentwurf eines "Gesetzes zur Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfahrens, zur Stärkung der Gläubigerrechte und zur Insolvenzfestigkeit von Lizenzen" vorgelegt.  Nach ESUG handelt es sich um die zweite Stufe der Insolvenzrechtsreform.

Wesentlichster Punkt darin ist die geplante Verkürzung der Restschuldbefreiungsperiode, die gegenwärtig bei 6 Jahren liegt auf 3 bzw. 5 Jahre. Damit setzt die Koalition eine Vereinbarung des Koalitionsvertrages aus 2009 um.

Hierzu schreibt das BMJ:

"Der Entwurf eröffnet Schuldnern die Möglichkeit, die Dauer des Restschuldbefreiungsverfahrens von derzeit sechs Jahren auf drei Jahre zu verkürzen. Diese Möglichkeit besteht, wenn es dem Schuldner gelingt, innerhalb der ersten drei Jahre des Verfahrens mindestens 25% der Gläubigerforderungen und die Verfahrenskosten zu begleichen. Eine vorzeitige Restschuldbefreiung soll zudem nach fünf Jahren erlangbar sein, wenn zumindest die Verfahrenskosten beglichen werden können. Ansonsten soll es bei der derzeitigen Dauer des Restschuldbefreiungsverfahrens von sechs Jahren bleiben.

Mit dieser differenzierten Regelung sucht der Entwurf einen Ausgleich zwischen den Interessen des Schuldners an einer möglichst schnellen Restschuldbefreiung, die ihm eine „zweite Chance“ eröffnet, den Interessen der Gläubiger an der Realisierung der ihnen zustehenden Forderungen und den Interessen der Landesjustizverwaltungen, welche sich über die Stundungsregelung des § 4a InsO an der Finanzierung der Insolvenzverfahren beteiligt sind.

Durch die neuen Regelungen wird die Effektivität des Verfahrens gesteigert und den Folgen einer Verkürzung der Wohlverhaltensperiode Rechnung getragen.

Die Möglichkeit einer Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfahrens soll allen natürlichen Personen offen stehen, d.h. sie wird nicht auf bestimmte Personengruppen wie Existenzgründer oder Verbraucher beschränkt."

Gemeint ist also keine generelle Verkürzung der Entschuldungsperiode, sondern die Möglichkeit, sich durch eigene finanzielle Beiträge aktiv um eine Verkürzung bemühen zu können. Das dürfte zumindest in den Fällen interssant sein, in denen noch etwas Geld aufzutreiben ist, um die Mindestbefriedigungsquote von 25% erfüllen zu können. Für den größten Anteil der  Insolvenzschuldner  dürfte das allerdings unerreichbar sein. Hier bleibt die Möglichkeite der Verkürzung um ein Jahr, wenn zumindest die Verfahrenskosten bezahlt werden. Ob dies ein wirksamer Anreiz ist, darf bezweifelt werden. Erfahrungsgemäß haben sich die meisten Betroffenen nach fünf Jahren soweit in neuen Lebensverhältnissen eingerichtet, dass eine weiteres JAhr in der Regel keinen großen Druck darstellt.

Für Schuldner, die kurz vor einem insolvenzantrag stehen, ist jetzt abzuwägen, ob es Sinn macht, auf die Umsetzung der Reform zu warten. Erfahrungsgemäß dürfte mit einer Dauer des Gesetzgebungsverfahrens von ca. 1 bis 1,5 Jahren gerechnet werden.


BMF | Doch keine Berücksichtigung von Zivilprozesskosten als außergewöhnliche Belastung

Nichtanwendungserlass zu Prozesskosten

     Der Bundesfinanzhof (BFH) hatte am 12.5. 2011 (VI R 42/10) entschieden, dass die Kosten eines Zivilprozesses als außergewöhnliche Belastungen gem. § 33 EStG zu berücksichtigen sind. Voraussetzung war danach nur, dass der Prozess nicht mutwillig geführt wurde und eine hinreichende Aussicht auf Erfolg bestand.

Jetzt hat das Bundesfinanzministerium  (BMF) zu diesem Urteil einen Nichtanwendungserlass veröffentlicht  (IV C 4 - S 2284/07/0031:002). Das für eine Vielzahl von Steuerpflichtigen günstige Urteil darf daher durch die Finanzämter nicht angewendet werden.

Gleichzeitig hat das BMF angedeutet, dass das Gesetz dahingehend geändert werden soll, dass Prozesskosten grundsätzlich nicht anerkannt werden können.  Diese Änderung soll eine "rückwirkende Anknüpfung" an die bisherige Rechtslage enthalten, so das BMF. Damit möchte man offenbar verhindern, dass bis zu einer neuen gesetzlichen Regelung  zunächst eine Flut von Rechtsbehelfs und ggf. Gerichtsverfahren entstehen, die sich auf die günstige BFH Rechtssprechung berufen. Ob das gelingt, dürfte zweifelhaft sein. Aus Beratersicht 

muss man natürlich jedem Steuerpflichtigen, der Zivilprozesskosten hatte, dazu raten, diese auch geltend zu machen und ggf. durchzusetzen.


FG Rheinland-Pfalz | Betriebsprüfung | "Chi-Test" allein kein Grund, Buchführung zu beanstanden

Das FG Rheinland-Pfalz musste entscheiden , ob Auffälligkeiten bei dem sogenannten "Chi--Quadrat-Test" zur Beanstandung der Buchführung und damit zur Schätzung eines höheren Umsatzes/Gewinns berechtigen, wenn sonst keine weiteren Mängel der Buchführung gegeben sind (FG Rheinland-Pfalz, Urteil v. 24.8.2011 - 2 K 1277/10).

Hintergrund: Mit dem sog. „Chi.Quadrat-Test“ werden Verteilungseigenschaften einer statistischen Grundgesamtheit untersucht. Er stellt eine Methode dar, bei der empirisch festgestellte und theoretisch erwartete Häufigkeiten verglichen werden und fußt auf dem Grundgedanken, dass derjenige, der bei seinen Einnahmen unzutreffende Werte in das Kassenbuch/die Kassenberichte eingibt, unbewusst eine Vorliebe für gewisse Lieblingszahlen hat und diese entsprechend häufiger verwendet.
Statistisch müsste bei einer ausreichend großen Datenmenge aber jede Ziffer mit der gleichen Häufigkeit auftauchen.
Der Streitfall: Im Friseursalon der Klägerin fand für 2005 bis 2007 eine steuerliche Außenprüfung statt. Der Prüfer, dass die Kassenbücher in Form von Excel-Tabellen geführt worden seien. Die gesetzlich geforderte Unveränderbarkeit der Kassenbucheintragungen sei damit nicht gewährleistet, weil die Eintragungen verändert werden könnten, ohne dass dies in Excel dokumentiert würde. Die Klägerin habe nicht darlegen und dokumentieren können, dass das betreffende Kassenprogramm Manipulationen und nachträgliche Änderungen nicht zulasse. Die im Rahmen der Prüfung durch eine elektronische Auswertung der KAssendaten erstellte Strukturanalyse und der darin enthaltene „Chi-Test“ hätten eine 100%-ige Manipulationswahrscheinlichkeit ergeben. Der Prüfer / das Finanzamt erhöhten die erklärten Umsäte im Rahmen einer Hinzuschätzung um jährlich 3.000.- €, was auch entsprechende Gewinnerhöhungen zur Folge hatte. Mit der Klage machte die Klägerin geltend, der Prüfer habe keine Beweise für eine Manipulation gefunden. Eine von ihm durchgeführte und später nicht mehr erwähnte Kalkulation habe sogar unter den erklärten Betriebsergebnissen gelegen. Mit dieser Klage war sie jetzt erfolgreich.

Die Meinung des Finnazgerichtes hierzu: "Das Finanzamt hat im Streitfall nicht dem ihm obliegenden Nachweis erbracht, dass das eingesetzte Kassenprogramm Manipulationen ermöglicht. Entgegen der Ansicht des Prüfers ist es nämlich nicht Sache des Steuerpflichtigen, „darzulegen bzw. zu dokumentieren“, dass das betreffende Kassenprogramm Manipulationen und Änderungen nicht zulässt. Der Nachweis einer Manipulationsmöglichkeit obliegt vielmehr dem Finanzamt. Die vom Finanzamt behauptete „Manipulationswahrscheinlichkeit von 100%“ auf Grund des vom Prüfer durchgeführten „Chi-Quadrat-Test“ kann nicht zu einer Zuschätzungsbefugnis führen. Der Test allein ist jedenfalls nicht geeignet, Beweise dafür zu erbringen, dass die Buchführung nicht ordnungsgemäß ist, abgesehen davon, dass er bei einem Friseursalon, bei dem – wie hier – für die Leistungen ausschließlich volle bzw. halbe Euro-Beträge berechnet werden, ungeeignet erscheint. Ausgehend von der Preisliste des Friseursalons ergibt sich, dass naturgemäß die Zahl 0 wie auch die Zahlen 1, 4, 5 überdimensional häufig auftreten müssen (z.B Föhnfrisur: 15.- €; Färben: 25.- € bzw. 46,50 €; Föhnen 40,50 €)."

Anmerkung: Das Urteil ist rechtskräftig geworden.

FG: Urteil zum Chi-Test

Quelle: FG Rheinland-Pfalz, Pressemitteilung v. 2.11.2011


Endlich einmal wieder eine der raren Entscheidungen zur elektronischen Betriebsprüfung, insbesondere zur Zuverlässigkeit und zum Umfang der Aussagekraft der eingesetzten statischen Prüfverfahren. Das Finanzamt vermiedet es in der Regel, diese Verfahren gerichtlich überprüfen zu lassen, wohl aus gutem Grunde, wie der vorliegende Fall zeigt. Selbst in Fällen , in denen durch Finanzgerichte Revisionen zugelassen werden, um die grundsätzliche Bedeutung der statistischen Prüfungsverfahren durch den BFH prüfen zu lassen, schreckt die Finanzverwaltung vor der Einlegung der Revision zurück. Das war beim schon Urteil des FG Köln zum Zeitreihenvergleich so (FG Köln v. 27.01.2009 - 6 K 3954/07), und auch im vorliegenden Fall wurde ttotz der Zulassung keine Revision durch das Finanzamt eingelegt.


BMF | Lohnsteuer | "Elektronische Lohnsteuerkarte" mit neuem Starttermin

Die Einführung der elektronischen Lohnsteuerkarte wird sich auf Grund von Verzögerungen bei der technischen Erprobung des Abrufverfahrens verschieben. Derzeit stimmen Bund und Länder einen neuen Termin und die weitere Vorgehensweise für den Start ab. Nach Angaben des BMF werden dadurch keine nachteiligen Auswirkungen für die Bürgerinnen und Bürger erwartet. Die zurzeit laufenden Korrekturarbeiten, besonders soweit Informationsschreiben an die Bürgerinnen und Bürger über die „elektronischen Lohnsteuerabzugsmerkmale“ (ELStAM) versandt worden sind, sind davon nicht berührt und werden weiterhin durchgeführt.

Quelle: BMF online


Steuervereinfachungsgesetz 2011 | Der Bundesrat hat zugestimmt

Steuervereinfachungsgesetz 2011 passiert den BundesratFast 10 Monate hat es gedauert, bis nach der Einigung im Koalitionsausschuss auch der Bundesrat jetzt dem Gesetz zugestimmt hat. Im Vermittlungsausschuss zum Steuervereinfachungsgesetz 2011 hat man sich am 21.9.2011 geinigt. Bundesrat und Bundestag verständigten sich u.a. darauf, die für einen Zweijahreszeitraum zusammengefasste Einkommensteuererklärung doch nicht passieren zu lassen.  Damit ist die vorher so publikumswirksam propagierte "wichtigste Vereinfachung" vom Tisch. Bundestag und Bundesrat haben der vom Vermittlungsausschuss empfohlenen Gesetzesänderung am 23.9.2011 zugestimmt. Das Gesetz wird jetzt dem Budnespräsidenten zur Unterzeichung vorgelegt und tritt dann in Kraft.

Hier die wichtigsten Regelungen des neuen Gesetzes in Stichworten:

  • Anhebung des jährlichen Arbeitnehmer-Pauschbetrags von 920 Euro auf 1.000 Euro, § 9a EStG
  • Verzicht auf die persönlichen Anspruchsvoraussetzungen der Eltern bei der Absetzbarkeit von Kinderbetreuungskosten, §§ 9c, 10 EStG
  • Wegfall der Einkünfte- und Bezügegrenze für volljährige Kinder beim Familienleistungsausgleich, § 32 EStG
  • Vereinfachung bei der Berechnung der Entfernungspauschale, § 9 Abs. 2 Satz 2 EStG
  • Reduzierung der Veranlagungsarten für Eheleute, §§ 25, 26a EStG
  • Befreiung von der Pflichtveranlagung bei Arbeitnehmern mit geringem Arbeitslohn bei zu hoher Mindestvorsorgepauschale, § 46 Abs. 2 Nr. 3 EStG
  • Wegfall der Einbeziehung der abgeltend besteuerten Kapitaleinkünfte in die Ermittlung der zumutbaren Belastung und des Spendenabzugsvolumens, § 2 Abs. 5b EStG
  • Gleichstellung von Stipendien aus unmittelbaren und mittelbaren öffentlichen Mitteln, § 3 Nr. 44 EStG
  • Erfassung von Erstattungsüberhängen von Sonderausgaben im Jahr des Zuflusses, § 10 EStG
  • Vereinheitlichung der Grenzen bei verbilligter Wohnraumüberlassung und Verzicht auf das Erfordernis einer Totalüberschussprognose in diesen Fällen, § 21 EStG
  • Vereinfachung der Besteuerung außerordentlicher Einkünfte aus Forstwirtschaft, §§ 34, 34b EStG, §§ 51, 68 EStDV
  • Einführung einer Bagatellgrenze bei der Gebührenpflicht für die verbindliche Auskunft, § 89 AO
  • Einführung einer gesetzlichen Betriebsfortführungsfiktion in den Fällen der Betriebsverpachtung und -unterbrechung, § 16 EStG
  • Erleichterungen bei der elektronischen Rechnungsstellung, § 14 UStG
  • der Katalog der steuerfreien Einnahmen des § 3 EStG soll um solche Befreiungsvorschriften bereinigt werden, die keine praktische Bedeutung mehr haben.

Wir werden hier im Blog auf die eine oder andere Änderung kommentierend zurückkommen.