Einkommensteuer | Investitionsabzugsbetrag zur Kompensation von Gewinnerhöhungen (BFH)

 

paragraphendschungelDie Gewährung eines Investitionsabzugsbetrags ist nicht deshalb ausgeschlossen, weil der Steuerpflichtige die Begünstigung im Anschluss an eine Außenprüfung zur Kompensation der von dieser ermittelten Gewinnerhöhungen geltend macht (BFH, Urteil v. 23.03.2016 - IV R 9/14; veröffentlicht am 10.08.2016).

Hintergrund: Steuerpflichtige können für die künftige Anschaffung oder Herstellung eines abnutzbaren beweglichen Wirtschaftsguts des Anlagevermögens bis zu 40 % der voraussichtlichen Anschaffungs- oder Herstellungskosten gewinnmindernd abziehen (§ 7g Abs. 1 EStG). Die Inanspruchnahme eines solchen Investitionsabzugsbetrags setzt weiter voraus, dass der Betrieb bestimmte Größenmerkmale nicht überschreitet, dass der Steuerpflichtige beabsichtigt, das begünstigte Wirtschaftsgut voraussichtlich in den dem Wirtschaftsjahr des Abzugs folgenden drei Wirtschaftsjahren (Investitionszeitraum) anzuschaffen oder herzustellen sowie mindestens bis zum Ende des dem Wirtschaftsjahr der Anschaffung oder Herstellung folgenden Wirtschaftsjahres in einer inländischen Betriebsstätte des Betriebs ausschließlich oder fast ausschließlich betrieblich zu nutzen, und dass er das begünstigte Wirtschaftsgut in den beim FA einzureichenden Unterlagen seiner Funktion nach benennt und die Höhe der voraussichtlichen Anschaffungs- oder Herstellungskosten angibt.

Sachverhalt und Verfahrensgang: Die Klägerin, eine GbR, erzielte Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, die sie nach § 4 Abs. 1 EStG a.F. ermittelte und die von dem beklagten FA gesondert und einheitlich festgestellt wurden. Im Anschluss an eine für die Feststellungszeiträume 2007 bis 2009 durchgeführte Außenprüfung, die in diesen Jahren jeweils zu einer Erhöhung der Gewinne führte, machte die Klägerin für das Wirtschaftsjahr 2009/2010 einen Investitionsabzugsbetrag gemäß § 7g Abs. 1 S. 1 EStG für den 2011 angeschafften Schlepper geltend. Das FA gewährte den Investitionsabzugsbetrag nicht und begründete dies damit, dass es wegen der bereits erfolgten Anschaffung des Wirtschaftsguts an dem erforderlichen Finanzierungszusammenhang fehle.

Das FG gab der Klage statt und stellte den Gewinn unter Berücksichtigung eines Investitionsabzugsbetrags fest. Der BFH hob das angefochtene Urteil auf und verwies die Sache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurück.

Hierzu führten die Richter des BFH weiter aus:

Das Wahlrecht zur Inanspruchnahme des Investitionsabzugsbetrags ist ordnungsgemäß für das Wirtschaftsjahr 2009/2010 ausgeübt worden. Es gehört zu den Wahlrechten, die formell bis zum Eintritt der Bestandskraft derjenigen Steuerfestsetzung ausgeübt werden können, auf welche sie sich auswirken sollen.

Der Ausübung des Wahlrechts stand nicht entgegen, dass es nicht bereits in der ursprünglichen Steuererklärung, sondern erst nachträglich im Anschluss an die Außenprüfung ausgeübt worden ist. Ein Investitionsabzugsbetrag kann auch zu dem Zweck in Anspruch genommen werden, eine nach der Außenprüfung eintretende Gewinnerhöhung zu kompensieren.

Die verfahrensrechtlichen Voraussetzungen für den Investitionsabzugsbetrag nach § 7g EStG sind somit erfüllt, wie das FG zu Recht angenommen hat. Ob auch die materiell-rechtlichen Voraussetzungen erfüllt sind, lässt sich auf Grund der vom FG getroffenen Feststellungen noch nicht abschließend entscheiden. Das FG hat die Tatsache, dass es im Investitionszeitraum zu der Investition gekommen ist, zu Unrecht bereits als Nachweis der zum Ende des Wirtschaftsjahres 2009/2010 bestehenden Investitionsabsicht ausreichen lassen.

Quelle: NWB Datenbank sowie Pressemitteilung BFH Nr. 54/2016 vom 10.08.2016 (Sc)

Hinweis des NWB-Verlags:
Das Urteil betrifft die im Jahr 2009 geltende Rechtslage, nach der die Steuervergünstigung voraussetzte, dass der Unternehmer die Absicht hatte, die Investition innerhalb der nächsten drei Jahre durchzuführen und das Investitionsgut anschließend mindestens zwei Jahre in seinem Betrieb zu nutzen. Das Bestehen dieser Absicht musste nachgewiesen werden. Seit 2016 hat sich die Rechtslage verändert, denn die Investitionsabsicht und die Absicht der späteren betrieblichen Nutzung werden seither nicht mehr ausdrücklich vom Gesetz erwähnt.

Eigener Hinweis: das Urteil bestätig erfreulicherweise die Auffassung, dass Mehrergebnisse, die das Finanzamt im Rahmen einer Betriebsprüfung ermittelt, durch auch rückwirkende Bildung eines Investitionsabzugsbetrages kompensiert werden können. Einige Finanzämter waren dieser auch von uns regelmäßig vertretenen Argumentation in den letzten Jahren noch nicht so ganz zugänglich, wie der Streitfall zeigt.


Modernisierung des Steuerwesens wird fortgesetzt

Insolvenz, Überschuldung, Fortführungsprognose, Fortbestehensprognose, Insolvenzberatung, Hartmut Befeldt, Steuerberater LippstadtDas Gesetz zur Modernisierung des Besteuerungsverfahrens wurde am 22.07.2016 im Bundesgesetzblatt veröffentlich und ist damit verkündet.

AUTOMATISIERUNG und DIGITALISIERUNG

Viele der dadurch eingeleiteten Änderungen sind zutreffend wohl eher als fortschreitende Digitalisierung des Besteuerungsverfahrens zu bezeichnen. Es geht daher vor allem um Datenübermittlungpflichten und die dafür geltenden Regeln für Arbeitgeber, Versicherungen, Banken und Sozialversicherungsträger.

Allerdings wird auch die sog. "vollautomatisierte Veranlagung" geregelt. Demnach kann die IT der Finanzverwaltung Steuern "eigenständig" automatisiert festsetzen, ohne dass eine "menschliche" Einzelfallprüfung durch einen Sachbearbeiter erfolgt.

Ein Anlass für eine Einzelfallprüfung besteht immer dann, wenn das Risikomanagementsystem der Verwaltung den Fall "aussortiert" hat. Darüber hinaus muss immer dann eine Prüfung stattfinden, wenn

  • Der Steuerpflichtige darum gebeten hat, oder
  • er in seiner Steuererklärung erklärt, dass er von der Verwaltungsauffassung abgewichen ist, oder
  • eine Antrag auf eine Ermessensentscheidung gestellt hat.

Diese Änderungen gelten bereits ab dem 01.01.2017, falls es die Finanzverwaltung hinbekommt, bis dahin die organisatorischen und technischen Voraussetzungen zu schaffen. Solche ehrgeizigen Projekte sind der Vergangenheit schon gern einmal um 2 Jahre verschoben worden.

NEUE ABGABEFRISTEN

Bedeutsam für alle Steuerpflichtigen ist aber die Neuregelung der Fristen zur Abgabe der Steuererklärungen. Diese sind zukünftig grundsätzlich erst zum 31.07. des Folgejahres abzugeben (bisher 31.05.). Wer steuerlich beraten ist, hat zukünftig einen gesetzlich geregelten Anspruch auf Verlängerung der Abgabefrist bis zum 28.02. des übernächsten Jahres. Hiervon abweichend kann das Finanzamt auch zukünftig Steuererklärungen vorab anfordern. Dafür gelten die bisherigen Gründe auch weiterhin. Der wichtigste Grund für Vorabanforderungen war sicherlich regelmäßig die verspätete Abgabe in Vorjahren. Da der Gesetzgeber aber nicht nur gibt, sondern immer auch nimmt, hat er mit der Verlängerungsregel zum 28.02. auch gleich neue Vorabanforderungsgründe gesetzlich geregelt:

  • Wenn zwischenzeitlich Anträge auf Anpassungen von Vorauszahlungen gestellt wurden,
  • das Finanzamt eine Außenprüfung plant,
  • ein Betrieb eröffnet oder eingestellt wurde,
  • oder der Computer  eine automatisierte Zufallsauswahl trifft,

gilt auch für steuerliche Beratene die Frist bis zum 28.02. des übernächsten Jahres nicht.  Damit ist faktisch wie bisher für Steuerpflichtige und Berater weiterhin keine Planungssicherheit gegeben. Immerhin bleibt nach Vorabanforderung eine gesetzliche Frist von 4 Monaten zur Einreichung der Steuererklärung. So wie wir das Vorgehen einiger Finanzämter in der Vergangenheit erlebt haben, ist davon auszugehen, dass zukünftig Ende März verstärkt Vorabanforderungen ergehen werden, die dann zu einer Abgabepflicht zum 31.07. führen. Damit ist die Fristverlängerung für eine Vielzahl steuerlich Beratener faktisch wieder vom Tisch.

VERSPÄTUNGSZUSCHLÄGE

Bei Nichteinhaltung der Abgabefristen wird zukünftig automatisch ein Verspätungszuschlag festgesetzt. Dieser beträgt mindestens 0,25% der Steuer(nach)zahlung, mindestens aber 25 € je Monat der Fristüberschreitung.  Wenn sich aus der Steuererklärung keine Nachzahlung ergibt, oder die Steuer auf Null lautet, bleibt die Festsetzung eines Verspätungszuschlages weiterhin Ermessensentscheidung des Finanzbeamten.

Diese Änderungen gelten ab dem Veranlagungsjahr 2018. 

VOLLMACHTEN u.a.

Für Steuerberater gilt im Übrigen zukünftig eine Identifizierungspflicht hinsichtlich ihrer Mandanten, für die sie Daten übermitteln.

Nunmehr gesetzlich geregelt ist auch die sog. Vorratsdatenbank. Steuerberater können die Daten der Ihnen erteilten Mandate an die Steuerverwaltung übermitteln und diese werden dort zentral gespeichert. Es wird aber auch eine Meldepflicht bei Erlöschen von Mandanten eingeführt. Für Berater, die falsche Vollmachten melden oder nicht unverzüglich das Erlöschen von Vollmachten mitteilen, wird eine Geldbuße von bis zu 10.000,00 € eingeführt.

Eine Übersicht über alle Änderungen und den Zeitpunkten der erstmaligen Anwendung findet sich auf den Seiten des Deutschen Steuerberaterverbandes e.V.

QUELLE: BStBl. I vom 22.07.2016, S. 1679 ff.

 


Insolvenzrecht: Zahlungen an privaten Krankenversicherer aus insolvenzfreiem Vermögen

wegen Insolvenz geschlossenAnsprüche des Versicherers auf Prämien für einen privaten Krankenversicherungsvertrag aus der Zeit vor Insolvenzeröffnung des Schuldners sind Insolvenzforderungen. Zahlt der Schuldner eine Versicherungsprämie für seinen privaten Krankenversicherungsvertrag in bar aus einem unpfändbaren Geldbetrag, fehlt es an einer Gläubigerbenachteiligung (BGH, Urteil v. 07.04.2016 - IX ZR 145/15).

Hintergrund: An einer sogenannten Gläubigerbenachteiligung fehlt es, wenn die Zahlung aus insolvenzfreiem Vermögen des Schuldners erfolgte. Befriedigt der Schuldner einen Gläubiger durch eine Verfügung über unpfändbare Gegenstände, ist diese Verfügung mangels Gläubigerbenachteiligung nicht anfechtbar, weil diese Gegenstände von vornherein nicht zur Insolvenzmasse im Sinne der §§ 35, 36 InsO gehören.

Sachverhalt: Der Kläger ist Treuhänder im Insolvenzverfahren über das Vermögen des Schuldners, der bei der Beklagten einen privaten Krankenversicherungsvertrag abgeschlossen hatte. Das Amtsgericht erließ im Juli 2010 auf Antrag der Beklagten einen Vollstreckungsbescheid gegen den Schuldner wegen rückständiger Versicherungsprämien. Die Beklagte führte die Zwangsvollstreckung durch; im Januar 2011 zahlte der Schuldner im Rahmen der Zwangsvollstreckung an den Gerichtsvollzieher 300 € in bar. Aufgrund eines bereits im September 2010 gestellten Insolvenzantrags eröffnete das Insolvenzgericht im Mai 2011 das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Schuldners. Der Kläger verlangt von der Beklagten die 300 € im Wege der Insolvenzanfechtung zurück.

Die Klage blieb in allen Instanzen erfolglos.

Hierzu führte der BGH weiter aus:

  • Die Zahlung von Versicherungsprämien an einen privaten Krankenversicherer ist eine anfechtbare Rechtshandlung. Ob die Insolvenzanfechtung vorliegend begründet ist, kann jedoch nicht beurteilt werden.
  • Zwar sind die Voraussetzungen des § 131 Abs. 1 Nr. 1 InsO erfüllt. Die Zahlung erfolgte nach dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Sie war inkongruent, weil die Beklagte sie innerhalb des Dreimonatszeitraums im Wege der unmittelbar bevorstehenden Zwangsvollstreckung erlangte.
  • Allerdings steht nicht fest, ob die Zahlung die Gläubiger gemäß § 129 Abs. 1 InsO benachteiligt hat. Daran fehlt es, wenn die Zahlung aus insolvenzfreiem Vermögen des Schuldners erfolgte. Befriedigt der Schuldner einen Gläubiger durch eine Verfügung über unpfändbare Gegenstände, ist diese Verfügung mangels Gläubigerbenachteiligung nicht anfechtbar, weil diese Gegenstände von vornherein nicht zur Insolvenzmasse im Sinne der §§ 35, 36 InsO gehören. Deshalb kann es an einer Gläubigerbenachteiligung fehlen, wenn der Schuldner die Versicherungsprämie für seinen privaten Krankenversicherungsvertrag aus unpfändbarem Vermögen zahlt. Im Streitfall hat das Berufungsgericht festgestellt, dass der Schuldner im Rahmen der Zwangsvollstreckung 300 € in bar an den Gerichtsvollzieher zahlte.
  • Vorliegend kommt eine Unpfändbarkeit nach § 811 Abs. 1 Nr. 8 ZPO in Betracht. Nachdem es bisher auf diesen Gesichtspunkt nicht ankam, ist den Parteien hierzu Gelegenheit zur Stellungnahme und zu ergänzendem Sachvortrag zu gewähren.

Quelle: NWB Datenbank (Sc)


BMF / Gewinnrealisierung bei Abschlagszahlungen: Rückkehr zur "alten" Rechtslage

Der Deutsche Steuerberaterverband (DStV) teilt aktuell in einer Mail an seine Mitglieder mit:

"Nun ist es also amtlich, das Bundesministerium der Finanzen (BMF) hat im Einvernehmen mit den obersten Landesbehörden der Länder mit Schreiben vom15.3.2016wie vom DeutschenSteuerberaterverband e.V. (DStV) bereits am 11.3.2016 avisiert wurde, die ursprüngliche Rechtslage bei der Gewinnrealisierung von Abschlagszahlungen wiederhergestellt und die Verwaltungsanweisung vom 29.6.2015aufgehoben.

BFH entscheidet zum Abzug von SchuldzinsenDer DStV begrüßt die Rückkehr zur Anwendung der alten Rechtslage ausdrücklich, da hierdurch unnötiger Bürokratieaufwand vermieden wird und die Vorgehensweise praxisbewährt ist. Die Gewinnrealisierung tritt nur noch in den Fällen ein, die dem Sachverhalt des BFH-Urteiles vom 14.5.2014 (Az.:VIII R 25/11) entsprechen. Gewinnrealisierungen sollen somit nur fürAbschlagszahlungen im Sinne des § 8 Abs. 2 HOAI a.F. anfallen, die bis zum17.8.2009 vertraglich vereinbart wurden. Zur Vermeidung von Härten kann derSteuerpflichtige den aus der erstmaligen Anwendung der Grundsätze derBFH-Entscheidung resultierenden Gewinn gleichmäßig entweder auf dasWirtschaftsjahr der erstmaligen Anwendung und das folgende Wirtschaftsjahr oder auf das Wirtschaftsjahr der erstmaligen Anwendung und die beiden folgenden Wirtschaftsjahre verteilen. Keine Anwendung findet das Urteil mehr auf Abschlagszahlungen gemäß § 15 der2013 modifizierten HOAI und nach § 632a BGB. (...)"

Mehr dazu hier auf der Website des DStV

 

 

 


BMF:Zweifelsfragen im Zusammenhang mit der Besteuerung von Entlassungsentschädigungen

Mit einem aktuellen Anwendungserlass vom 04.03.2016 hat das BMF sich zur einkommensteuerlichen Behandlung von Entschädigungen geäußert, die im Zusammenhang mit Entlassungen gezahlt werden.

Für diese Entschädigungen, die grundsätzlich steuerpflichtig sind, kann  ein günstiger Steuertarif (die sog. Fünftel-Regelung) angewendet werden, wenn es durch die Zahlung der Entschädigung zu einer Zusammenballung mit anderen (laufenden) Einkünften kommt, so dass die Steuerprogression wirkt. Durch die Fünftel-Regelung wird die Wirkung der Progression dann abgemildert.

Eine Zusammenballung hat die Finanzverwaltung bisher nur angenommen, wenn die Entschädigung in einem Veranlagungsjahr zugeflossen ist. Nunmehr wurde klargestellt: Die Aufteilung auf zwei Steuerjahre ist unschädlich, wenn eine geringfügige Zahlung von nicht mehr als 10% des gesamten Entschädigungsbetrages in einem Jahr und der Rest in einem  anderen Jahr gezahlt wird. Darüberhinaus können auch zusätzliche Leistungen, die als "soziale Fürsorge" des Arbeitgebers für eine Übergangszeit gedacht sind, tarifbegünstigt besteuert werden.

Das BMF-Schreiben stehet hier zum Download zur Verfügung.


BAG: Ausschlussfrist im Insolvenzplan für Klage bei bestrittener Forderung regelmäßig wirksam

Eine Klausel in einem Insolvenzplan, nach der bestrittene Forderungen bei der Verteilung nur berücksichtigt werden, wenn innerhalb einer Ausschlussfrist Klage auf Feststellung zur Tabelle erhoben wird, ist in der Regel wirksam. Dies begründet das Bundesarbeitsgericht damit, dass eine solche Klausel lediglich die Verteilung der Masse regele, aber nicht den materiell-rechtlichen Anspruch berühre. Die Forderungen der aufgrund einer solchen Klausel zunächst nicht berücksichtigten Insolvenzgläubiger würden nicht dauerhaft entwertet. Insbesondere hindere eine solche Klausel die Durchsetzung der Planquote nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens im Wege der Leistungsklage nicht (Urteil vom 19.11.2015, Az.: 6 AZR 559/14).

 

QUELLE: Beck-aktuell

http://rsw.beck.de/aktuell/meldung/bag-ausschlussfrist-im-insolvenzplan-fuer-klage-bei-bestrittener-forderung-regelmaessig-wirksam


FG Münster: Unentgeltliche Überlassung eines Fitnessstudios an Arbeitnehmer ist umsatzsteuerbar

 

Überlässt ein Arbeitgeber seinen Mitarbeitern ein Fitnessstudio zur unentgeltlichen Nutzung, so löst dies Umsatzsteuer aus. Gleiches gilt für andere unentgeltliche Sportangebote, die er seinen Arbeitnehmern macht. Das Finanzgericht Münster bejahte das Vorliegen unentgeltlicher Wertabgaben (Urteil vom 01.10.2015, Az.: 5 K 1994/13 U).


Hersteller manipulierbarer Kassensysteme haften für hinterzogene Steuern!

In einem Eilverfahren hat das Finanzgericht Rheinland-Pfalz entschieden, dass der Geschäftsführer einer Firma, die Kassensysteme nebst Manipulationssoftware herstellt und vertreibt, für die Steuern haftet, die ein Kunde (im konkreten Fall der Inhaber eines Eiscafés) hinterzogen hat (rund 1,6 Mio Euro).
QUELLE:  http://www.elektronische-steuerpruefung.de/rechtspr/finanzgericht-rheinland-pfalz-2015-01-07.htm


Insolvenzrecht | Anfechtung von Gehaltszahlungen (BAG)

steuerlichen Verlust aus der Insolvenz für den Neustart nutzen

Das Bundesarbeitsgericht hat zur Insolvenzanfechtung von im Wege des Bargeschäfts erfolgten Lohnzahlungen entschieden (BAG, Urteil v. 29.1.2014 - 6 AZR 345/12).

Hintergrund: Die Anfechtungstatbestände in §§ 129 ff. InsO ermöglichen es dem Insolvenzverwalter, vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommene Schmälerungen der Insolvenzmasse rückgängig zu machen. Nach § 133 InsO können in den letzten 10 Jahren vor dem Insolvenzantrag erfolgte Entgeltzahlungen angefochten werden, wenn der Arbeitgeber mit dem Vorsatz, seine Gläubiger zu benachteiligen, gehandelt hat und der Arbeitnehmer im Zeitpunkt der Zahlung diesen Vorsatz kannte. Eine solche sog. Vorsatzanfechtung ist auch möglich, wenn das Entgelt als Gegenleistung für die in engem zeitlichen Zusammenhang erbrachte gleichwertige Arbeitsleistung gezahlt wird und damit ein Bargeschäft i.S.d. § 142 InsO vorliegt.

Sachverhalt: Die Beklagte war bis zum 31.12.2007 bei der Schuldnerin als Alleinbuchhalterin beschäftigt. Über das Vermögen der Schuldnerin wurde auf Antrag vom 10.10.2007 das Insolvenzverfahren eröffnet und der Kläger zum Insolvenzverwalter bestellt. Die Schuldnerin war seit Anfang 2007 zahlungsunfähig. Die Beklagte erhielt gleichwohl wie alle Arbeitnehmer der Schuldnerin ihr Entgelt stets zum Fälligkeitszeitpunkt gezahlt. Der Kläger begehrt unter dem Gesichtspunkt der Vorsatzanfechtung die Rückzahlung des für die Zeit von Januar bis Juli 2007 gezahlten Nettoentgelts von 10.023,30 Euro zur Insolvenzmasse. Er machte geltend, auch bei Gehaltszahlungen an Arbeitnehmer im Wege des Bargeschäfts lägen bei Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit die subjektiven Voraussetzungen der Vorsatzanfechtung vor. Die so begründete Klage hatte in allen Instanzen keinen Erfolg.

Hierzu führten die Richter des BAG weiter aus:

    • Ob der Arbeitgeber mit Benachteiligungsvorsatz gehandelt hat und der Arbeitnehmer davon Kenntnis hatte, kann nur aus Indizien hergeleitet werden.
    • Ein Indiz von besonderer Bedeutung ist die Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers.
    • Allerdings sind die subjektiven Voraussetzungen der Vorsatzanfechtung nicht stets schon dann zu bejahen, wenn der Arbeitgeber zahlungsunfähig war und der Arbeitnehmer dies wusste.
    • Vielmehr muss auch dieses Indiz einzelfallbezogen auf seine Beweiskraft hin geprüft werden.
    • Erfolgt die Entgeltzahlung im Wege des Bargeschäfts, kann sich auch bei Kenntnis der eigenen Zahlungsunfähigkeit der Wille des Arbeitgebers darauf beschränken, eine gleichwertige Gegenleistung für die zur Fortführung des Unternehmens nötige Arbeitsleistung zu erbringen, ohne dass ihm eine damit verbundene Gläubigerbenachteiligung bewusst wird.
    • Im Hinblick auf den Bargeschäftscharakter der Entgeltzahlungen hat die Vorinstanz rechtsfehlerfrei für den Einzelfall die subjektiven Voraussetzungen der Vorsatzanfechtung verneint.

Quelle: BAG, Pressemitteilung v. 29.1.2014 / www.nwb.de


Neuerungen bei Konzerninsolvenzen?

wegen Insolvenz geschlossenBundesregierung will Koordinierung von Konzern-Insolvenzen verbessern

Geraten im Rahmen eines Konzerns mehrere Betriebe in wirtschaftliche Schwierigkeiten, so sollen die einzelnen Insolvenzverfahren der verschiedenen Firmen in Zukunft besser auf einander abgestimmt werden,  wie der Bundestag mitteilte:  "Die Bundesregierung hoffe, dass auf diese Weise komplizierte Insolvenzen innerhalb verschachtelter Unternehmensstrukturen effizienter bewältigt und die verbliebenen Vermögensbestände betroffener Firmen zugunsten der Gläubiger besser verwertet werden können. Diesem Ziel einer «koordinierten Insolvenzabwicklung im Konzernkontext» diene ein Gesetzentwurf (BT-Drs. 17/407), den das Kabinett vorgelegt habe."

Einsatz mehrerer Insolvenzverwalter kann wirtschaftliches Gesamtinteresse des Konzerns gefährden

Bisher muss nach dem geltenden Insolvenzrecht für jeden einzelnen betroffenen Betrieb ein eigenes Insolvenzverfahren eröffnet werden,  wobei jeweils auch ein eigener Insolvenzverwalter bestellt wird. Geraten merhere Firmen innerhalb eines Konzernverbundes in Schweirigkeiten,  so beschwört dies nach Ansicht  der Regierung erhebliche Gefahren herauf. "So könnten etwa die einzelnen Insolvenzverwalter unterschiedliche Strategien bei der Verwertung des jeweils verbliebenen Betriebsvermögens verfolgen, die nicht aufeinander abgestimmt seien und sogar in «unproduktive und kostenträchtige Rechtsstreitigkeiten» münden könnten."  Der Gesetzentwurf nennt hier die Ergebnisse «suboptimalee Verwertungsergebnisse».

Einzelne Insolvenzverfahren sollen besser verzahnt werden

Die Regierung will  erreichen, dass die einzelnen Insolvenzverfahren von Unternehmen, die in einem Konzern verbunden sind, besser miteinander abgestimmt werden. "Eine zentrale Bedeutung messe die Vorlage dabei der Ermöglichung von «Koordinationsverfahren» zu. Nach diesem Modell werde aus dem Kreis der beteiligten Insolvenzverwalter einer als «Koordinationsverwalter» benannt, der mit der Abstimmung zwischen den einzelnen Insolvenzverfahren betraut wird und entsprechende Vorschläge unterbreiten soll", so der Bundestag. "Ein besonderes Gewicht komme in diesem Zusammenhang dem «Koordinationsplan» zu, den der beauftragte Insolvenzverwalter vorzulegen hat und der gerichtlich bestätigt werden muss: An diesem Konzept sollen sich die Maßnahmen orientieren, die im Zuge der Insolvenzpläne für die betroffenen diversen Firmen entworfen und umgesetzt werden."

Auch zuständiger Gerichtsstand soll neu geregelt werden

Der Gesetzentwurf sieht auch Neuregelungen zum Gerichtsstand vor. Die Regierung strebt damit an, dass sämtliche Verfahren im Rahmen einer Konzerninsolvenz an einem einzigen Insolvenzgericht gebündelt werden können.  Sollten mehrere Insolvenzverfahren mit diversen Verwaltern an verschiedenen Gerichten bearbeitet werden, so solle die Zusammenarbeit zwischen Gerichten und Insolvenzbeauftragten intensiviert werden. Die Gerichte sollen im Übrigen zwingend prüfen müssen, ob es machbar ist, im Interesse der effizienten Abwicklung einer Konzerninsolvenz einen einzigen Insolvenzverwalter für mehrere oder auch alle Verfahren zur Vermögensverwertung zu installieren.

QUELLE: beck-aktuell-Redaktion, Verlag C.H. Beck, 3. Februar 2014.