Gemeinsame Presseerklärung von Tax Justice Network und Netzwerk Steuergerechtigkeit Deutschland, 6. April 2016

http://steuergerechtigkeit.blogspot.de/2016/04/gemeinsame-presseerklarung-von-tax.html „Transparenzregister“ der Bundesregierung ist ein verspäteter Aprilscherz  In Antwort auf die Enthüllung systematischen Missbrauchs von Briefkastenfirmen durch die Panamapapers hat die Bundesregierung ein Transparenzregister als Lösungsvorschlag ins Spiel gebracht. Der Wortlaut des entsprechenden neuen Passus (§ 9a) im Geldwäschegesetz (GWG) liegt Tax Justice Network und dem Netzwerk Steuergerechtigkeit Deutschland vor (hier einzusehen). Eine Analyse […]

http://freihandelpressespiegel.com/2016/04/06/gemeinsame-presseerklaerung-von-tax-justice-network-und-netzwerk-steuergerechtigkeit-deutschland-6-april-2016/


BGH: Indizien für Kenntnis der Zahlungseinstellung durch den Anfechtungsgegner

clause-684509_640Der BGH hat aktuell in einem Anfechtungsfall zu  § 133 Abs. 1 InsO (Vorsätzliche Benachteiligung) wie folgt entschieden:

"Schweigt der Schuldner einer erheblichen Forderung während eines monatelangen Zeitraums auf Rechnungen und Mahnungen und bietet er nach Einschaltung eines Inkassounternehmens und Erwirken eines Mahnbescheids in dem auf seinen Widerspruch eingeleiteten gerichtlichen Verfahren die ratenweise Zahlung der Gesamtforderung einschließlich der Zinsen und der angefallenen Kosten an, hat der Gläubiger die Zahlungseinstellung des Schuldners, dessen Zahlungsverzug nicht mit einer fortdauernden Anspruchsprüfung erklärt werden kann, erkannt. (Leitsatz des Gerichts)

BGH, Urteil vom 25.02.2016 (Vorinstanz LG Aachen)."

In dem entschiedenen Fall hatte ein Transportunternehmen seinen Kunden aufgrund erbrachter Transportleistungen mehrfach zur Zahlung der entsprechenden Rechnungen aufgefordert, mehrere Mahnschreiben versandt, die erfolglos blieben, und den Fall dann zum Forderungseinzug an ein Inkassounternehmen weitergegeben. Dieses erwirkte einen Mahnbescheid gegen den säumigen Kunden, der hiergegen Widerspruch einlegt. Das anschließende Gerichtsverfahren führte zu einem Ratenzahlungsvergleich, auf den der Kunde einige Raten zahlte, bevor er in Insolvenz ging. Der Insolvenzverwalter hat die Zahlungen angefochten und vom dem Transportunternehmen die Rückzahlung zur Masse verlangt. Die Anfechtung wurde argumentativ u.a. darauf gestützt, dass das Transportunternehmen aufgrund der vorherigen Mahnmaßnahmen wusste, dass der Kunde zahlungsunfähig war.

Während die Vorgerichte noch der Meinung waren, dass es dem Transportunternehmen an der Benachteiligungsabsicht gefehlt habe, sah der BFH diese im jetzigen Urteil als gegeben an, weil es gewusst habe, dass der Kunde zahlungsunfähig war. Der BGH  gab der Klage des Insolvenzverwalters somit statt.


Eingeschränkter Vertrauensschutz für Bauleistende

site-1028178_640In einer Pressemitteilung vom heutigen Tag teilt das FG Münster mit:

"Mit heute veröffentlichten Urteilen vom 15.3.2016 (Az. 15 K 1553/15 U und 15 K 3669/15 U) hat der 15. Senat des Finanzgerichts Münster entschieden, dass in sog. Bauträger-Fällen einer Inanspruchnahme des Bauleistenden keine Vertrauensschutzgesichtspunkte entgegenstehen, wenn im Ergebnis eine finanzielle Belastung des Bauleistenden durch Abtretung des Umsatzsteuernachforderungsanspruchs gegen den Bauträger an das Finanzamt ausgeschlossen werden kann.

Den Entscheidungen des 15. Senats lag ein sog. Bauträger-Fall zugrunde. In Bauträger-Fällen erbringt ein Bauleistender gegenüber einem Bauträger, d.h. einem Unternehmer, der selbst nur Grundstückslieferungen ausführt, Bauleistungen. Nach damaliger Ansicht der Finanzverwaltung war auf derartige Fälle das Reverse-Charge-Verfahren (Umkehr der Steuerschuldnerschaft, § 13b Abs. 2 Nr. 4, Abs. 5 Satz 2 UStG) anwendbar. Der Bundesfinanzhof (BFH-Urteil vom 22.8.2013 V R 37/10, BFHE 243, 20, BStBl. II 2014, 128) hat diese Ansicht der Finanzverwaltung verworfen. Das Finanzamt beabsichtigte anschließend, die Bauleistenden anstelle des Bauträgers als Steuerschuldner nach § 13a Abs. 1 Nr. 1 UStG in Anspruch zu nehmen.

Die Urteile des 15. Senats des Finanzgerichts Münster vom 15.3.2016 betreffen einerseits die Festsetzung der Umsatzsteuer gegenüber dem Bauleistenden und andererseits die Erhebung der festgesetzten Steuer. Zwar sei das Finanzamt befugt, die Umsatzsteuer gemäß § 27 Abs. 19 UStG gegenüber dem Bauleistenden entsprechend höher festzusetzen, da der Vertrauensschutz des Bauleistenden in die damalige Verwaltungsauffassung ausgeschlossen werde. Dieser Ausschluss sei aber nur dann verfassungsgemäß, wenn im Ergebnis eine finanzielle Belastung des Bauleistenden nicht eintrete. Auf Erhebungsebene sei deshalb das Ermessen des Finanzamts gemäß § 27 Abs. 19 Satz 3 UStG, die Abtretung des Umsatzsteuernachforderungsanspruchs anzunehmen, auf null reduziert.

Wegen grundsätzlicher Bedeutung der Streitfragen hat der 15. Senat in beiden Entscheidungen die Revision zum Bundesfinanzhof zugelassen."

Quelle: Justiz NRW  (Pressemitteilung des FG Münster vom 15.04.2016)

In einem ähnlich gelagerten Fall hat der BFH bereits Aussetzung der Vollziehung eines Bescheide bewilligt, mit dem ein Bauleistender für die Umsatzsteuer in Anspruch genommen wurde. Der BFH hat grundsätzliche Bedenken geäußert. Die Finanzämter wollen angeblich bereits ihrer Abwicklungspraxis verändern. 


Der Werkzeugkasten des Insolvenzrechts zur Unternehmenssanierung TEIL 1

Das gerichtliche Insolvenzverfahren nach der InsO und die insolvenzrechtliche Praxis stellen einige Werkzeuge bereit, die durchaus wirksamer sein können als das außergerichtliche Sanierungsinstrumentarium, vor allem bei fortgeschrittenem Krisenstadium, also bereits drohender oder bestehender Zahlungsunfähigkeit.

In einer kleinen Reihe wollen wir diese Werkzeuge hier darstellen und erläutern. Dabei werden wir uns im einzelnen mit folgenden Themen beschäftigen:

  • Insolvenzgeld
  • Steuerzahlungen in Eigenverwaltung und Fotolia_5903257_XSSchutzschirmverfahren
  • Leasing- und Finanzierungskosten
  • Beendigung von Dauerschuldverhältnissen / Mietverträgen
  • Sozialplan-Regelungen nach der InsO
  • Kündigungserleichterungen bei Arbeitsverhältnissen und Sozialauswahl
  • Überstimmung von Gläubigern im Insolvenzplan
  • Anfechtungsmöglichkeiten
  • Steuerliche Regelungen zum Sanierungsgewinn

Ziel dieser Reihe ist es, durch eine bessere Kenntnis der Möglichkeiten des Insolvenzrechtes vor allen den KMU-Managern  die Angst vor der Nutzung des Insolvenzrechtes zu Sanierungszwecken zu nehmen.

Auch  die EU-Kommission strebt gegenwärtig eine weitere Öffnung des Rechtes der Mitgliedstaaten für ein vorinsolvenzrechtliche Sanierungsverfahren an. Viele der vorstehenden Themen und Aspekte werden auch dafür in neuen Varianten eine Rolle spielen.

Für Fragen und vor allem Themenvorschläge zu weiterführenden Aspekten sind wir offen und vor allem dankbar.


BMF / Gewinnrealisierung bei Abschlagszahlungen: Rückkehr zur "alten" Rechtslage

Der Deutsche Steuerberaterverband (DStV) teilt aktuell in einer Mail an seine Mitglieder mit:

"Nun ist es also amtlich, das Bundesministerium der Finanzen (BMF) hat im Einvernehmen mit den obersten Landesbehörden der Länder mit Schreiben vom15.3.2016wie vom DeutschenSteuerberaterverband e.V. (DStV) bereits am 11.3.2016 avisiert wurde, die ursprüngliche Rechtslage bei der Gewinnrealisierung von Abschlagszahlungen wiederhergestellt und die Verwaltungsanweisung vom 29.6.2015aufgehoben.

BFH entscheidet zum Abzug von SchuldzinsenDer DStV begrüßt die Rückkehr zur Anwendung der alten Rechtslage ausdrücklich, da hierdurch unnötiger Bürokratieaufwand vermieden wird und die Vorgehensweise praxisbewährt ist. Die Gewinnrealisierung tritt nur noch in den Fällen ein, die dem Sachverhalt des BFH-Urteiles vom 14.5.2014 (Az.:VIII R 25/11) entsprechen. Gewinnrealisierungen sollen somit nur fürAbschlagszahlungen im Sinne des § 8 Abs. 2 HOAI a.F. anfallen, die bis zum17.8.2009 vertraglich vereinbart wurden. Zur Vermeidung von Härten kann derSteuerpflichtige den aus der erstmaligen Anwendung der Grundsätze derBFH-Entscheidung resultierenden Gewinn gleichmäßig entweder auf dasWirtschaftsjahr der erstmaligen Anwendung und das folgende Wirtschaftsjahr oder auf das Wirtschaftsjahr der erstmaligen Anwendung und die beiden folgenden Wirtschaftsjahre verteilen. Keine Anwendung findet das Urteil mehr auf Abschlagszahlungen gemäß § 15 der2013 modifizierten HOAI und nach § 632a BGB. (...)"

Mehr dazu hier auf der Website des DStV

 

 

 


Grundsätze eines vorinsolvenzlichen Sanierungsverfahrens

ESUG - neue SanierungschancenDie EU-Kommission hat bereits in 2014 eine Empfehlung "für einen neuen Ansatz im Umgang mit unternehmerischem Scheitern und Unternehmensinsolvenz" abgegeben (Empfehlung der EU-Kommission vom 12.3.2014 ) Diese Empfehlung enthält auch Ansätze für die Gestaltung und rechtliche Regelung eines  vorinsolvenzlichen Sanierungsverfahrens. Gemeint ist damit ausdrücklich kein außergerichtliches Verfahren, sondern ein gerichtlich kontrolliertes Sanierungsverfahren, das aber noch kein Insolvenzverfahren ist, sondern vielmehr auf einem gerichtlich überwachten Sanierungsplan fußt. Solche Regelungen gibt es bislang im deutschen Recht nicht. Der deutsche Gesetzgeber hat seit 1999 in mehreren Anläufen und Stufen vielmehr versucht, das Insolvenzrecht  "sanierungsfreundlicher" zu gestalten, um damit das Management von Krisenunternehmen dazu zu bewegen, frühzeitiger den Weg ins Insolvenzverfahren bei Sanierungsfähigkeit zu wagen.

Der Verband der Insolvenzverwalter Deutschlands e.V. VID hat jetzt in einer  Stellungnahme seine Sicht dargelegt und Grundsätze für ein solches vorinsolvenzliches Sanierungsverfahren vorgeschlagen.

Die Stellungnahme des VID zum vorinsolvenzlichen Sanierungsverfahren steht auf dessen Website zum Download bereit.