Verfahrensrecht | Feststellungsbescheid im Insolvenzverfahren (BFH)

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Feststellungebscheide über Insolvenzforderungen nicht mehr änderbar

Verfahrensrecht | Feststellungsbescheid im Insolvenzverfahren (BFH)

Ein bestandskräftiger Feststellungsbescheid über eine Umsatzsteuernachzahlung als Insolvenzforderung steht einer später begehrten anderweitigen Umsatzsteuerfestsetzung entgegen, wenn dieser Bescheid nicht mehr geändert werden kann. Die Entscheidung des FA über die Rücknahme des Feststellungsbescheides nach § 130 Abs. 1 AO ist eine Ermessensentscheidung, die von den Gerichten nur eingeschränkt überprüft werden kann (BFH, Urteil v. 11.12.2013 - XI R 22/11; veröffentlicht am 19.2.2014).

Hintergrund: Macht die Finanzbehörde im Insolvenzverfahren einen Anspruch aus dem Steuerschuldverhältnis als Insolvenzforderung geltend, so stellt sie erforderlichenfalls die Insolvenzforderung durch schriftlichen Verwaltungsakt fest, § 251 Abs. 3 AO. Dieser Feststellungsbescheid ist mangels Festsetzung einer Steuer kein Steuerbescheid i.S. von § 155 AO. Er ist daher nach Eintritt der Bestandskraft nur nach §§ 130, 131 AO änderbar (BFH, Urteile v. 24.11.2011 - V R 13/11 und V R 20/10 sowie v. 6.12.2012 - V R 1/12).

Sachverhalt: Der Kläger begehrt als Insolvenzverwalter über das Vermögen der Insolvenzschuldnerin aus einer für das Jahr 2003 (Streitjahr) nachgereichten Umsatzsteuererklärung eine entsprechende Umsatzsteuerfestsetzung sowie die Änderung der nach § 251 Abs. 3 AO bislang vorgenommenen Feststellung der steuerlichen Insolvenzforderung. Die Erklärung hatte er eingereicht, nachdem ein zuvor vom FA erlassene Feststellungsbescheid bestandskräftig und in die Insolvenztabelle eingetragenen geworden war. Das Finanzamt vertrat die Auffassung, dass eine Änderung der Eintragung in der Insolvenztabelle aufgrund der nachgereichten Umsatzsteuererklärung nicht mehr möglich sei. Der Kläger ist dagegen der Meinung, dass die Umsatzsteuerfestsetzung erklärungsgemäß durchzuführen und der streitbefangene Feststellungsbescheid nach §§ 130, 131 AO zu ändern sei.

Hierzu führten die Richter des BFH weiter aus:

Die vom Kläger beantragte Umsatzsteuerfestsetzung für 2003 ist wegen des bestandskräftigen Feststellungsbescheids v. 2.8.2006 nicht mehr möglich.
Zwar kommt wegen der vom Kläger eingereichten Steuererklärung für 2003 mit einem sich daraus ergebenden Erstattungsbetrag eine nachträgliche materielle Rechtswidrigkeit des Feststellungsbescheides i.S. von § 130 Abs. 1 AO in Betracht.
Allerdings ist die Rücknahme eines rechtswidrigen Verwaltungsakts nach dem Wortlaut des § 130 Abs. 1 AO eine Ermessensentscheidung der Finanzbehörde i.S. des § 5 AO, die grundsätzlich nur eingeschränkt gerichtlich geprüft werden kann.
Vorliegend hat das FG im Rahmen der ihm obliegenden Prüfung zutreffend angenommen, dass das FA die Rücknahme des streitbefangenen Feststellungsbescheides ermessensfehlerfrei abgelehnt hat.

Quelle: NWB Datenbank


Insolvenzrecht | Anfechtung von Gehaltszahlungen (BAG)

steuerlichen Verlust aus der Insolvenz für den Neustart nutzen

Das Bundesarbeitsgericht hat zur Insolvenzanfechtung von im Wege des Bargeschäfts erfolgten Lohnzahlungen entschieden (BAG, Urteil v. 29.1.2014 - 6 AZR 345/12).

Hintergrund: Die Anfechtungstatbestände in §§ 129 ff. InsO ermöglichen es dem Insolvenzverwalter, vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommene Schmälerungen der Insolvenzmasse rückgängig zu machen. Nach § 133 InsO können in den letzten 10 Jahren vor dem Insolvenzantrag erfolgte Entgeltzahlungen angefochten werden, wenn der Arbeitgeber mit dem Vorsatz, seine Gläubiger zu benachteiligen, gehandelt hat und der Arbeitnehmer im Zeitpunkt der Zahlung diesen Vorsatz kannte. Eine solche sog. Vorsatzanfechtung ist auch möglich, wenn das Entgelt als Gegenleistung für die in engem zeitlichen Zusammenhang erbrachte gleichwertige Arbeitsleistung gezahlt wird und damit ein Bargeschäft i.S.d. § 142 InsO vorliegt.

Sachverhalt: Die Beklagte war bis zum 31.12.2007 bei der Schuldnerin als Alleinbuchhalterin beschäftigt. Über das Vermögen der Schuldnerin wurde auf Antrag vom 10.10.2007 das Insolvenzverfahren eröffnet und der Kläger zum Insolvenzverwalter bestellt. Die Schuldnerin war seit Anfang 2007 zahlungsunfähig. Die Beklagte erhielt gleichwohl wie alle Arbeitnehmer der Schuldnerin ihr Entgelt stets zum Fälligkeitszeitpunkt gezahlt. Der Kläger begehrt unter dem Gesichtspunkt der Vorsatzanfechtung die Rückzahlung des für die Zeit von Januar bis Juli 2007 gezahlten Nettoentgelts von 10.023,30 Euro zur Insolvenzmasse. Er machte geltend, auch bei Gehaltszahlungen an Arbeitnehmer im Wege des Bargeschäfts lägen bei Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit die subjektiven Voraussetzungen der Vorsatzanfechtung vor. Die so begründete Klage hatte in allen Instanzen keinen Erfolg.

Hierzu führten die Richter des BAG weiter aus:

    • Ob der Arbeitgeber mit Benachteiligungsvorsatz gehandelt hat und der Arbeitnehmer davon Kenntnis hatte, kann nur aus Indizien hergeleitet werden.
    • Ein Indiz von besonderer Bedeutung ist die Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers.
    • Allerdings sind die subjektiven Voraussetzungen der Vorsatzanfechtung nicht stets schon dann zu bejahen, wenn der Arbeitgeber zahlungsunfähig war und der Arbeitnehmer dies wusste.
    • Vielmehr muss auch dieses Indiz einzelfallbezogen auf seine Beweiskraft hin geprüft werden.
    • Erfolgt die Entgeltzahlung im Wege des Bargeschäfts, kann sich auch bei Kenntnis der eigenen Zahlungsunfähigkeit der Wille des Arbeitgebers darauf beschränken, eine gleichwertige Gegenleistung für die zur Fortführung des Unternehmens nötige Arbeitsleistung zu erbringen, ohne dass ihm eine damit verbundene Gläubigerbenachteiligung bewusst wird.
    • Im Hinblick auf den Bargeschäftscharakter der Entgeltzahlungen hat die Vorinstanz rechtsfehlerfrei für den Einzelfall die subjektiven Voraussetzungen der Vorsatzanfechtung verneint.

Quelle: BAG, Pressemitteilung v. 29.1.2014 / www.nwb.de


Neuerungen bei Konzerninsolvenzen?

wegen Insolvenz geschlossenBundesregierung will Koordinierung von Konzern-Insolvenzen verbessern

Geraten im Rahmen eines Konzerns mehrere Betriebe in wirtschaftliche Schwierigkeiten, so sollen die einzelnen Insolvenzverfahren der verschiedenen Firmen in Zukunft besser auf einander abgestimmt werden,  wie der Bundestag mitteilte:  "Die Bundesregierung hoffe, dass auf diese Weise komplizierte Insolvenzen innerhalb verschachtelter Unternehmensstrukturen effizienter bewältigt und die verbliebenen Vermögensbestände betroffener Firmen zugunsten der Gläubiger besser verwertet werden können. Diesem Ziel einer «koordinierten Insolvenzabwicklung im Konzernkontext» diene ein Gesetzentwurf (BT-Drs. 17/407), den das Kabinett vorgelegt habe."

Einsatz mehrerer Insolvenzverwalter kann wirtschaftliches Gesamtinteresse des Konzerns gefährden

Bisher muss nach dem geltenden Insolvenzrecht für jeden einzelnen betroffenen Betrieb ein eigenes Insolvenzverfahren eröffnet werden,  wobei jeweils auch ein eigener Insolvenzverwalter bestellt wird. Geraten merhere Firmen innerhalb eines Konzernverbundes in Schweirigkeiten,  so beschwört dies nach Ansicht  der Regierung erhebliche Gefahren herauf. "So könnten etwa die einzelnen Insolvenzverwalter unterschiedliche Strategien bei der Verwertung des jeweils verbliebenen Betriebsvermögens verfolgen, die nicht aufeinander abgestimmt seien und sogar in «unproduktive und kostenträchtige Rechtsstreitigkeiten» münden könnten."  Der Gesetzentwurf nennt hier die Ergebnisse «suboptimalee Verwertungsergebnisse».

Einzelne Insolvenzverfahren sollen besser verzahnt werden

Die Regierung will  erreichen, dass die einzelnen Insolvenzverfahren von Unternehmen, die in einem Konzern verbunden sind, besser miteinander abgestimmt werden. "Eine zentrale Bedeutung messe die Vorlage dabei der Ermöglichung von «Koordinationsverfahren» zu. Nach diesem Modell werde aus dem Kreis der beteiligten Insolvenzverwalter einer als «Koordinationsverwalter» benannt, der mit der Abstimmung zwischen den einzelnen Insolvenzverfahren betraut wird und entsprechende Vorschläge unterbreiten soll", so der Bundestag. "Ein besonderes Gewicht komme in diesem Zusammenhang dem «Koordinationsplan» zu, den der beauftragte Insolvenzverwalter vorzulegen hat und der gerichtlich bestätigt werden muss: An diesem Konzept sollen sich die Maßnahmen orientieren, die im Zuge der Insolvenzpläne für die betroffenen diversen Firmen entworfen und umgesetzt werden."

Auch zuständiger Gerichtsstand soll neu geregelt werden

Der Gesetzentwurf sieht auch Neuregelungen zum Gerichtsstand vor. Die Regierung strebt damit an, dass sämtliche Verfahren im Rahmen einer Konzerninsolvenz an einem einzigen Insolvenzgericht gebündelt werden können.  Sollten mehrere Insolvenzverfahren mit diversen Verwaltern an verschiedenen Gerichten bearbeitet werden, so solle die Zusammenarbeit zwischen Gerichten und Insolvenzbeauftragten intensiviert werden. Die Gerichte sollen im Übrigen zwingend prüfen müssen, ob es machbar ist, im Interesse der effizienten Abwicklung einer Konzerninsolvenz einen einzigen Insolvenzverwalter für mehrere oder auch alle Verfahren zur Vermögensverwertung zu installieren.

QUELLE: beck-aktuell-Redaktion, Verlag C.H. Beck, 3. Februar 2014.