Sanierungsklausel § 8c KStG ist nicht mit EU-Beihilferegeln vereinbar!

Sanierungsklauseln verstoßen gegen EU-RechtEs drohen jetzt Rückforderungen von Steuervergünstigungen seit dem 1.1.2008!

Worum geht es?

Die sog. Sanierungsklausel des § 8c Abs. 1a KStG ermöglicht es Unternehmen, die in wirtschaftlichen Schwierigkeiten sind, Verluste auch dann zu verwerten, wenn die Anteilseigner, also Eigentümer des Unternehmens wechseln.  Der Anteilsverkauf an zahlungskräftige neue Anteilseigner stellt ein geeignetes Sanierungsinstrument dar, um Unternehmen, die sich in wirtschaftlicher Schieflage befinden und auf die Zufuhr neuen liquiden Kapitals angewiesen sind, zu retten. Nach o.g. Regelung des Körperschaftsteuerrechts konnten trotz Eigentümerwechsels diese Unternehmen ihre Verlustvorträge aus schlechten Zeiten mit Gewinnen aus besseren Zeiten nach der Sanierung verrechnen. Die Sanierungsklausel wurde im Juli 2009 verabschiedet mit einer rückwirkenden Anwendung ab dem 1.1.2008. Dies war eine Reaktion auf die globale Wirtschaftskrise.

Nach Ansicht der EU-Kommission stellt diese Steuer-Vorschrift eine staatliche Beihilfe dar, die nicht mit den EU-Beihilferegeln vereinbar ist (EU-Kommission Pressemitteilung vom 26.01.2011, IP/11/65). Da die EU-Kommission bereits im Februar 2010 ein Prüfverfahren eröffnet hatte, wies das Bundesfinanzministerium (BMF) bereits mit Schreiben vom 30.04.2010 die Finanzämter an, diese Sanierungsklausel nicht mehr anzuwenden.

Die EU-Kommission begründet ihre Auffassung damit, dass die Sanierungsklausel in Deutschland von den allgemeinen Prinzipien des Unternehmenssteuerrechts in Deutschland und der EU abweicht und somit eine unzulässige Beihilfe darstellt. Hintergrund ist, dass die EU grundsätzlich sehr streng darüber wacht, ob ein Land "seine" Wirtschaft besonders fördert und damit Wettbewerbsvorteile im Vergleich zu anderen Ländern einrichtet. Die Kommission ist der Auffassung, dass diese Regelung den Wettbewerb im EU-Binnenmarkt verzehrt.

Wie häufig im Steuerrecht ist die jetzige Auffassung aber nicht den guten Wirkungen einer solchen Regelungen geprägt-Sanierung, Erhalt von Arbeitsplätzen, Sicherung von nachhaltigem Steueraufkommen -  sondern eher vom Missbrauchsgedanken: Die Kommission fürchtet, dass gesunde Unternehmen andere marode Unternehmen aufkaufen, um damit durch deren Verlustvorträge ihre eigene Steuerbelastung zu senken.

Was folgt daraus?

ACHTUNG: Die EU-Kommission hat Deutschland angewiesen, alle Steuervergünstigungen, die unter dieser Regelung seit dem 1.1.2008 an Unternehmen gewährt wurden, zurückzufordern. Deutschland hat zwei Monate Zeit, um der Kommission eine Liste der betroffenen, d.h. "begünstigten" Unternehmen zu übermitteln und sie zu informieren, welcher Gesamtbetrag zurückgefordert werden kann. Wer von dieser R3gelung profitiert hat, muss also mit Steuernachzahlungen rechnen.   

FAZIT:

Unternehmenssanierung in Deutschland wir noch einmal erschwert. Neben den Änderungen der Insolvenzordnung, die ab 1.1.2011 dem Staat ein neues Vorrecht für Steuerforderungen eingeräumt haben und damit die eigentlich einmal gewollten Sanierungschancen im Insolvenzverfahren radikal verschlechtert haben, werden auch steuerliche Begünstigungen für Unternehmenssanierungen außerhalb des Insolvenzverfahrens durch das Wettbewerbsrecht der EU kassiert. Die Zeche zahlen im Regelfall ungesicherte Gläubiger - wie andere Unternehmer, z.B. Lieferanten,  und die Arbeitnehmer.