BFH zur ErbSt : Keine Steuervergünstigung auch bei Zwangsverkauf innerhalb Behaltensfrist

"Auch für den Fall, dass eine Freiberuflerpraxis aufgrund gesetzlicher Anordnung veräußert wird, führt die Betriebsveräußerung innerhalb der fünfjährigen Behaltensfrist (§ 13a Abs. 5 ErbStG a.F.) zum Wegfall der Steuervergünstigungen nach § 13a Abs. 1 und 2 ErbStG a.F. "

 Das hat der BFH im Urteil v. 17.3.2010 - II R 3/09 (jetzt erst  veröffentlicht am 23.6.2010) entschieden. 

Der Fall:  Der minderjährige Kläger ist Alleinerbe seines 2006 verstorbenen Vaters, der eine Arztpraxis besaß. Da der Kläger nicht über die für eine Fortführung der freiberuflichen Praxis erforderliche Berufsqualifikation verfügte, beantragten seine gesetzlichen Vertreter bei der zuständigen Kassenärztlichen Vereinigung, den Vertragsarztsitz - also die Praxis - des Vaters öffentlich auszuschreiben. Nach der Ausschreibung wurde die Praxis 2007 im Namen und für Rechnung des Erben verkauft . In seiner Erbschaftsteuererklärung bezifferte der Erbe den Wert der zum Nachlass gehörenden Arztpraxis mit insgesamt 306.326 € und beantragte, ihm für das erworbene Betriebsvermögen die Steuerentlastungen des § 13a Abs. 1 und Abs. 2 des ErbStG zu gewähren. Das Finanzamt lehnte dies ab. Dieser Auffassung schloss sich der BFH jetzt an.

Die Begründung des BFH:  Der Fortbestand der Qualität als Betriebsvermögen hängt bei dessen Erwerb von einem Freiberufler nicht tätigkeitsbezogen davon ab, dass der Erbe auch die freiberufliche Tätigkeit des Erblassers fortsetzt. § 13a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. Abs. 4 Nr. 1 ErbStG stellt wegen der Anknüpfung an den Erwerb von Betriebsvermögen vielmehr allein betriebsbezogen auf die Aufrechterhaltung und Weiterführung des Betriebs des Erblassers ab. Der Gesetzeswortlaut des § 13a Abs. 5 Nr. 1 ErbStG erfasst zwar die freiberufliche Einzelpraxis nicht. Da § 13a Abs. 5 Nr. 1 ErbStG aber erkennbar an § 13a Abs. 4 Nr. 1 ErbStG anknüpft, ist dem Gesetzgeber bei der Abfassung des Abs. 5 Nr. 1 offensichtlich ein Redaktionsversehen unterlaufen. Das Gesetz kann schon aus systematischen Gründen nicht in dem Sinne verstanden werden, dass die Veräußerung einer freiberuflichen Einzelpraxis vom Anwendungsbereich des § 13a Abs. 5 Nr. 1 ErbStG ausgeschlossen wäre. Vielmehr ergibt sich aus der in § 12 Abs. 5 ErbStG i.V.m. § 96 BewG angeordneten Gleichbehandlung des freiberuflichen und gewerblichen Betriebsvermögens, dass auch freiberufliche Einzelpraxen von § 13a Abs. 1 ErbStG erfasst werden. § 13a Abs. 5 Nr. 1 ErbStG ist nicht in Fällen, in denen die Veräußerung zwangsweise oder sogar kraft gesetzlicher Anordnung erfolgt, teleologisch zu reduzieren.

 

Anmerkung: Der BFH führt damit die Rechtsprechung fort, die kürzlich bereits im zusammenhang mit dem Zwangsverkauf eines Unternehmens im Rahmen einer Insolvenz ergangen ist (siehe hier). Auch in jenem Fall hatte das Gericht entschieden, dass der Gesetzgeber nicht habe erkennen lassen, dass er für gewisse Zwangssituationen, die die Behaltefrist beenden oder unmöglich machen, die Anwendung der Steuerbvergünstigung gewollt habe. Insoweit sah der BFH im Hinblick auf § 13 a Abs. 5 ErbStG a.F. keinen Anlass zur Einschränkung der gesetzlichen Formulierung.   

Quelle: BFH online


BFH ändert Rechtsprechung zur umsatzsteuerlichen Organschaft

Mit Urteil vom 22. April 2010 ((Aktenzeichen V R 9/09) hat der Bundesfinanzhof (BFH) seine Rechtsprechung zur umsatzsteuerrechtlichen Organschaft (Konzernbesteuerung) geändert. Das Urteil betrifft die in der Praxis häufig anzutreffende Fallkonstellation der Betriebsaufspaltung zwischen Schwestergesellschaften, die nach dem jetzigen Urteil des BFH keine Organschaft bilden.

Der Fall:  Bei der Klägerin handelte es sich um eine Kommanditgesellschaft (KG), die eine Reihe von entgeltlichen Leistungen an ihre Schwestergesellschaft, eine GmbH, erbrachte. Die GmbH betrieb Alten- und Pflegeheime und führte dabei steuerfreie Leistungen aus, so dass für sie keine Berechtigung zum Vorsteuerabzug bestand. An der KG und der GmbH waren drei Gesellschafter zu jeweils 1/3 beteiligt. Die KG ging davon aus, dass zwischen ihr als herrschender Organträger und der GmbH als beherrschte Organgesellschaft eine sog. Organschaft bestand und stützte dies darauf, dass sie die GmbH mittelbar über die gemeinsamen Gesellschafter beherrschen könne. Da alle Unternehmensteile einer derartigen Organschaft als einheitliches Unternehmen zu behandeln sind, und Leistungen zwischen diesen Unternehmensteilen nicht der Besteuerung unterliegen, war die KG weiter der Auffassung, dass sie ihre gegenüber der GmbH erbrachten Leistungen nicht zu versteuern habe. Für die GmbH wäre damit das Entstehen nichtabzugsfähiger Vorsteuerbeträge vermieden worden.

 Die Meinung des Gerichtes: Dem folgte der BFH unter Aufgabe seiner bisherigen Rechtsprechung nicht. Nach dem Urteil des BFH kann eine GmbH nicht mittelbar über mehrere gemeinsame Gesellschafter in eine Schwester-KG eingegliedert sein. Der BFH stützt dies insbesondere darauf, dass die Organschaft ein klares Über- und Unterordnungsverhältnis voraussetzt, an dem es zwischen Schwestergesellschaften zumindest für die jetzt entschiedene Fallkonstellation fehlt.

 Quelle: Pressemitteilung des BFH http://www.bfhurteile.de

 Weitere Details: Urteil des V.  Senats vom 22.4.2010 - V R 9/09


Das Fiskusvorrecht ruiniert Sanierungschancen

Der VID Verband deutscher Insovlenzverwalter hat sich in einer Pressemitteilung vom 08.06.2010 klar gegen die Wiedereinführung des Fiskuvorrechts ausgesprochen. Die Bundesregierung hatte diesen Plan nach ihrer sog. Sparklausur am 6./7.6. 2010 veröffentlicht. In diesem Blog wurde schon darüber berichtet. 

Mit der Wiedereinführung des Fiskusprivilegs verabschiede sich die Bunderegierung von einem zentralen Grundstz des Insolvenzrechts, der Gleichbehandlung aller Gläubiger, so der VID. Damit verschlechterten sich die Sanierungschancen für an sich gesunde Unternehmen, für die das Insolvenzrecht ein Sanierungsinstrumentarium bereitstelle.   

Scharf wendet sich der VDI auch gegen die Begründung für das Regierungsvorhaben, und bestätigt die Position, die bereits hier vertreten wurde: Die Wiedereinführung des Fiskusvorrechts ist das Gegenteil von Gläubigergleichbehandlung und hat mit einer angeblichen Privilegierung von Banken im Insolvenzverfahren überhaupt nichts zu tun und somit darauf auch überhaupt keinen Einfluss.


Eine große Steuerreform ist nicht in Sicht

Steuerreform, "BEFELDT Steuerberater", "Steuerberater Lippstadt", Reförmchen, Sanierungsberater, Insolvenzberater
keine große Steuerreform vor 2014: Zeit genug zu klären, was das Ziel sein soll.

Die große Steuerreform, ein Vorhaben, das sich bereits  Generationen von Politikern und Regierungen zur Brust genommen haben, ist auch für diese Legislaturperiode nicht absehbar.

Während man seitens des Finanzministers noch bis zur NRW-Landtagswahl die Meinung vertrat, die Möglichkeit zur Steuerreform bestünde nach 2011, hat Finanzminister Schäuble diesen Zeitpunkt jetzt noch weiter hinaus geschoben. Wie Reuters heute meldet, erteilt Schäuble einer "großen Steuerreform" eine Absage bis mindestens 2015.

Zeit genug um in der Zwischenzeit einmal die Gedanken zu klären, damit nicht  auch der nächste Anlauf wieder als halbherziges Herumbasteln am Tarif zugunsten der Klientel der jeweiligen Regierungspartei verpufft. Zugegeben, ein frommer Wunsch. Dass deutsches Steuerrecht aber einer strukturellen Reform bedarf, ist mittlerweile ein Gemeinplatz, ohne dass die notwendige Diskussion darüber wirklich einmal zu Ende geführt, geschweige denn auch nur zielgerichtet moderiert würde. Dabei zeigt sich mittlerweile die strukturelle Problematik nicht nur auf Seiten der Steuerzahler, die als Zahlende dringend nach Vereinfachung, Entlastung, Subventionsaufbau und Steuergerechtigkeit rufen. Vielmehr gibt es noch viele größere strukturelle Probleme auf der Einnahmen-Seite der öffentlichen Haushalte, die mit den gegenwärtigen Steuerarten und Verteilungsmechanismen nicht mehr durchgängig finanziert werden können.  Vor allem die Kommunen besitzen immer kleinere Handlungsspielräume. Hier ruft der Bürger zu Recht zum zweiten Mal nach Steuergerechtigkeit, wenn er merkt, dass der Wert der Gegenleistung, die er für seine Steuerzahlung erhält, immer geringer wird. Ein Steuersystem, das aber durchgängig als ungerecht empfunden wird, führt zur Verschlechterung der Steuermoral (übrigens genau so wie eines, das nicht verstanden wird). Und so ist die Gefahr groß, dass sich zur Steuer-Unmoral der Reichen auch noch die Unmoral des Mittelstands gesellt.  Grund genug, sich also einmal in Ruhe parteienübergreifend Gedanken zu machen und in der Zwischenzeit die Steuersenkungskomödie vom Spielplan zu nehmen.  Zeit genug ist ja jetzt da.


BFH: Kein Erlass von Erbschaftsteuer aufgrund einer Insolvenz

keine Steuervergünstigung für vererbte Betriebe bei Insolvenz
keine Steuervergünstigung für vererbte Betriebe bei Insolvenz

Die Erbschaftsteuer wird nicht erlassen, wenn Betriebsvermögen binnen fünf Jahren nach dem Erbfall wegen Insolvenz veräußert oder aufgegeben wird. Der Bundesfinanzhof entschied, dass diese Vergünstigungen nur für den Fall gewährt werden, dass der Betrieb fortgeführt wird (Aktenzeichen: II R 25/08).

Diese Entscheidung ist noch zum Erbschaftsteuerrecht alter Fassung ergangen. Der Fall beinhaltet jedoch eine Grundproblematik, die im neuen Recht noch verschärfter zu Tage tritt. 
Der Fall des BFH: Geschwister hatten im August 1996 einen Betrieb von ihrem verstorbenen Vater geerbt. Dieses Betriebsvermögen wurde mit den erheblichen Freibeträgen und Bewertungsabschlägen des alten § 13a ErbStG besteuert. Die Vorschrift knüpfte die Steuervergünstigung aber an die Bedingung, dass der Betrieb durch die Erben mindestens fünf Jahre fortgeführt werden musste, also auch nicht verkauft werden durfte. Über das Vermögen der Firma wurde aber am 1.3. 2001, also nach Ablauf von ca viereinhalb Jahren das Insolvenzverfahren eröffnet. Der Insolvenzverwalter verkaufte den Betrieb an einen Investor. Das Finanzamt setzte darauf die Erbschaftststeuer ohne die Freibeträge des alten § 13a fest (Nachversteuerung), weil das Betriebsvermögen innerhalb der Fünfjahresfrist veräußert wurde. Hinsichtlich der daraus entstehenden Steuerbeträge beantragten die Steuerpflichtigen den Erlass der Steuer aus Billigkeitsgründen, implizit wohl mit der Argumentation, dass die Insolvenz als mehr oder weniger "höhere Gewalt" nicht mit der freiwilligen Veräußerung eines Betriebes gleichgesetzt werden könnte. Das Finanzamt lehnte den Erlass ab. Einsprüche und Klage blieben ohne Erfolg. Letztendlich folgte auch der BFH der Argumentation des Finanzamtes.
Die wesentlichen Entscheidungsgründe:
Der BFH vertritt die Auffassung, dass nicht erkennbar ist, dass die Anwendung des § 13a ErbStG auf Insolvenzfälle eine im Einzelfall ungerechte Rechtsfolge sei. Dies setze voraus, dass der Gesetzgeber mit der Regelung solche Fälle eigentlich nicht gemeint habe und damit die Anwendung seinen Wertungen und Absichten zuwider liefe. Der Gesetzgeber habe aber bei der sog. Behaltefrist und Fortführungsklausel nicht erkennen lassen, dass er Insolvenfälle davon ausnehmen wolle. Der BFH hatte hierzu schon in mehreren Urteilen zuvor entschieden, dass der Wegfall der Vergünstigungen selbst dann im Einklang mit dem Gesetz steht, wenn der Betrieb krisen- oder insolvenzbedingt veräußert wird.  Auch die relativ geringe Unterschreitung der Fünfjahresfrist ist für den BFH irrelevant. In einfachen Worten: Wenn der Gesetzgeber fünf Jahre sagt, meint er auch fünf Jahre.
 
Fazit: Die erbschaftsteuerrechtlichen Vergünstigungen des alten Erbschaftsteuerrechts bleiben dem Erben nur dann erhalten, wenn er den Betrieb mindestens fünf Jahre fortführt.
 
Auswirkungen auf die neue Rechtslage?
 
Der neue § 13a ErbStg hat die sogenannten Behalteregelungen noch verschärft, indem er sie nicht nur an die Fortführung des Betriebes für mindestens fünf Jahre knüpft.  Zusätzlich muss der Erbe (oder Beschenkte)  innerhalb der fünf Jahre Jahre mindestens 400% der Lohnsumme wie sie am  Erb-oder Schenkungsstichtag bestand, fortzahlen. Gemeint ist damit also, die betriebliche Personalstruktur annähernd  erhalten wird.   Damit ist aber ein wesentlicher Handlungsspielraum zur Sanierung und Vermeidung von Insolvenzen, nämlich der Abbau von Personalkosten genommen.  Diese Problematik ist im Gesetzgebungsverfahren mehrfach auf allen Ebenen diskutiert worden. Ursprünglich waren hier Behaltefristen von 7 und 10 Jahren im Gespräch. Trotzdem war kein Verzicht auf die Lohnsummen-Regelung insgesamt zu erzielen.
Nun kann man sagen, wenn der Betrieb eines Erben in die Insolvenz fällt, wird er möglicherweise andere Probleme haben, als eine nachträgliche ErbSt-Belastung. Das mag in vielen Fällen richtig sein, besonders wenn mit der betrieblichen Insolvenz auch die private des Betriebsinhabers und früheren Erben verbunden ist. Ganz anders sieht  das aber in Schenkungsfällen aus, für die das ErbStG ja auch gilt:  Nach § 20 Abs. 1 Satz 2 ErbStG sind in solchen Fällen nämlich Beschenkter und Schenker gemeinsam Schuldner der darauf Erbschafts- und Schenkungssteuer. Das kann im Ergebnis bedeuten: ist der Beschenkte pleite, zahlt der Schenker.

Die Konsequenz daraus ist, dass schon bei der Abfassung von Schenkungsverträgen an diese Folgen gedacht und vorbeugende Regelungen getroffen werden müssen, die insolvenz- und steuerrechtlich wasserdicht sind.


Unternehmens­insol­venzen stiegen im 1. Quartal deutlich an

Das statitische Bundesamt hat in einer Pressemitteilung vom 09.06.2010 die Insolvenzstatistik für das erste Quartal 2010 veröffentlicht. Im ersten Quartal 2010 meldeten die deutschen Amtsgerichte nach Angaben des Statistischen Bundesamtes (Destatis) 8 230 Unternehmensinsolvenzen. Das waren 6,7% mehr als im ersten Quartal 2009. Die Verbraucherinsolvenzen nahmen im ersten Vierteljahr 2010 mit 27 236 Fällen sogar um 13,0% zu. Insgesamt wurden, zusammen mit den Insolvenzen von anderen privaten Schuldnern und Nachlässen, 42 699 Insolvenzen registriert. Das ist ein Anstieg von 9,5% gegenüber dem ersten Quartal 2009.
 
Die voraussichtlichen offenen Forderungen der Gläubiger bezifferten die Gerichte für das erste Quartal 2010 auf 8,7 Milliarden Euro gegenüber 9,7 Milliarden Euro im ersten Quartal 2009.
 
Im März 2010 wurden 3 125 Insolvenzen von Unternehmen (+ 8,7% gegenüber März 2009) und 10 339 Insolvenzen von Verbrauchern (+ 18,1%) gemeldet. Insgesamt registrierten die Gerichte 16 192 Insolvenzen, das waren 13,9% mehr als im März 2009.

Die am stärksten betroffenen Branchen sind Kfz-Handel- und Reparatur, das Baugewerbe, das verarbeitende Gewerbe allgemein  sowie das Gastgewerbe. Ein erschreckend hoher Anteil entfällt aber auch auf freiberufliche, technische und wissenschaftliche Dienstleistungen. Auf der Website des Bundesamtes finden sich weitere Angaben zur Branchenstruktur der Insolvenzfälle.
 
Quelle: www.destatis.de


Sparhaushalt: Fiskusvorrecht im Insolvenzverfahren kommt zurück!

Mogelpackung im Sparhaushalt: Fiskusvorrecht kommt zurück
Mogelpackung im Sparhaushalt: Das Fiskusvorrecht kommt mit falschen Argumenten zurück!

Im Rahmen ihrer Beschlüsse zum sog. Sparhaushalt hat die Bundesregierung auch vorgesehen, ab 2011 das sog. Fiskusvorrecht im Insolvenzverfahren wieder einzuführen. Damit soll der Rechtszustand, wie er vor 1999 galt wieder hergestellt werden. Die Regierung rechnet daraus mit Mehreinnahmen von 500 Mio. € pro Jahr. Das geht aus heutigen Mitteilungen des Bundesministeriums der Finanzen  (BMF) hervor.

Geradezu haarsträubend ist die Begründung dafür, wie sie das BMF in den "Eckpfeilern für die Zukunft" formuliert. So heisst es dort: 

"... Des Weiteren werden wir das sogenannte Fiskusvorrecht im Insolvenzverfahren, das bis 1999 Geltung hatte, wieder einführen. Wir stellen damit die öffentliche Hand anderen Gläubigern wirtschaftlich wieder gleich. Die Regelung aus dem Jahr 1999 hatte in erheblichem Umfang zu einer Privilegierung von Banken geführt. ..."

Daran sind mindestens zwei Dinge grundlegend falsch:
1. Die Banken werden im Regelfall in Insolvenzverfahren besser gestellt, weil sie gesicherte Forderungen haben, die über die sog. Absonderungsrechte außerhalb der Verteilungsrangfolge der Insolvenzordnung abgewickelt werden. Das heißt also: eine Wieder-Einführung des Fiskusvorrechts ändert daran gar nichts, weil es nicht in die Absonderungsrechte eingreifen kann.

2. Bisher gilt: alle ungesicherten Gläubiger, das sind in der Regel Lieferanten, andere Geschäftspartner, Arbeitnehmer und auch das Finanzamt werden mit dem gleichen Anteil bei der Verteilung der Insolvenzmasse berücksichtigt. Wenn das Fiskusprivileg wieder eingeführt wird, bedeutet dies also: Steuerschulden werden vor denjenigen aus Lieferungen und Leistungen, also den Forderungen von Unternehmern und Mitarbeitern befriedigt. Von einer Gleichstellung mit anderen Gläubigern kann also keine Rede sein, im Gegenteil: es geht um ein Vorrecht des Fiskus zu Lasten derjenigen, die im wirtschaftlichen Verkehr das unternehmerische Risiko tragen und im Regel von einer Insolvenz selbst individuell und existenziell betroffen sind.

Die Begründung ist also eine echte Mogelpackung: Es geht vermutlich darum, das schon bei Einführung der Insolvenzordnung zum 1.1.1999 sehr ungeliebte Zurücktreten des Finanzamtes in die Reihe der anderen Gläubiger wieder zu kassieren. Dabei bietet das allgemeine Banken-Bashing gegenwärtig einen guten Anlass.  


Finanzmarkttransaktionssteuer: Die Diskussion gewinnt an Fahrt

Finanzmarkttransaktionssteuer
globale Finanzströme sollen besteuert werden

Die "Finanzmarkttraktionssteuer" ist auf dem besten Weg zum Wort des Jahres zu werden. In jedem Fall ist sie  das Wort des Monats Mai. Nahezu täglich gibt es dazu neue Stellungnahmen verschiedener politischer und wirtschaftlicher Akteure, deren Position, wie im Fall der Bundeskanzlerin Angela Merkel, sich auch schon einmal in Tagesfrist ändern kann.  Einen interessanten Überblick über die aktuelle Diskussion bietet nealine.

Was ist das eigentlich, diese Finanzmarkttransaktionssteuer? Eine gute Beschreibung dazu findet sich bei wikipedia. Und wer es gerne visuell aufbereitet mag, findet dazu auch ein Video mit einer Positionsbestimmung namhafter Schauspieler.


Werbungskosten | Kosten für Fortbildungskurs im Ausland sind aufteilbar und abzugsfähig (BFH)

Aufwendungen eines Arztes für die Teilnahme an einem Fortbildungskurs, der mit bestimmten Stundenzahlen auf die Zusatzbezeichnung "Sportmedizin" angerechnet werden kann, stellen teilweise Werbungskosten dar, auch wenn der Lehrgang gute Gelegenheit zur Ausübung verbreiteter Sportarten bietet (BFH, Urteil v. 21.4.2010 - VI R 66/04; veröffentlicht am 2.6.2010).

Sachverhalt: Der Kläger, ein angestellter Unfallarzt,  beantragte den Abzug von Kosten, die  für die Teilnahme an einem sportmedizinischen Wochenkurs am Gardasee hatte,  als Werbungskosten bei seinen Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit . Es handelte sich um eine Fortbildung, die von der Ärztekammer für den Erwerb der Zusatzbezeichnung "Sportmedizin" anerkannt wurde. Diese war an verschiedene Voraussetzungen geknüpft; darunter war auch die Teilnahme an dem von der Ärztekammer anerkannten sportmedizinischen Kursen von insgesamt 120 Stunden Dauer. Nach dem Programm des Kurses waren in den frühen Morgenstunden und am späten Nachmittag Vorträge zur Fortbildung angesetzt, während in der Zeit von 9:15 bis 15:45  Theorie und Praxis verschiedener Sportarten wie Surfen, Biken, Segeln, Tennis und Bergsteigen erlernt werden konnte.

Dazu führt der BFH weiter aus: "Der Abzug der Reisekosten setzt nach der bisherigen Rechtsprechung des BFH voraus, dass die Reise ausschließlich oder nahezu ausschließlich der beruflichen/betrieblichen Sphäre zuzuordnen ist. Zur Begründung diente im Wesentlichen auf § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG. Danach verbietet diese Vorschrift zur Wahrung der steuerlichen Gerechtigkeit die Aufteilung und damit den Abzug von Aufwendungen, die sowohl der privaten Lebensführung dienen als auch den Beruf fördern.

Mit Beschluss vom 21.9.2009 - GrS 1/06  hat der Große Senat des BFH diese Rechtsprechung aufgegeben. Nach seiner Auffassung normiert § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG kein allgemeines Aufteilungs- und Abzugsverbot. Die Vorschrift steht somit einer Aufteilung von gemischt veranlassten, aber anhand ihrer beruflichen und privaten Anteile trennbaren Reisekosten nicht entgegen. Aufwendungen für Reisen, die abgrenzbare berufliche und private Anteile enthalten, sind grundsätzlich aufzuteilen, sofern die berufliche oder private Veranlassung nicht von untergeordneter Bedeutung ist. Als sachgerechter Aufteilungsmaßstab kommt in derartigen Fällen das Verhältnis der beruflichen und privaten Zeitanteile der Reise in Betracht. Das unterschiedliche Gewicht der verschiedenen Veranlassungsbeiträge kann es jedoch im Einzelfall erfordern, einen anderen Aufteilungsmaßstab heranzuziehen oder von einer Aufteilung ganz abzusehen.""
Quelle: BFH online