BMF setzt das Sanierungsprivileg des § 8c Abs. 1a KStG aus

 

"Gewinn" "Verlust" "Verlustvortrag" "Sanierungsklausel" "Sanierungsprivileg"
Die Sanierung für Kapitalgesellschaften wird erschwert

Das BMF hat mit Schreiben vom 30.04.2010 mitgeteilt, dass § 8c Abs. 1a KStG - die sog. Sanierungsklausel - vorerst nicht mehr anzuwenden ist. Damit reagiert das Ministerium auf ein Verfahren, das die europäische Kommission gegen die Bundesrepublik Deutschland eingeleitet hat.

Zum Hintergrund: Die Regelung des § 8c Abs. 1a KStG sieht vor, dass bei sanierungsbedürftigen Kapitalgesellschaften unter bestimmten Voraussetzungen ein Verlustvortrag nicht untergeht, auch wenn mehr als 25% der Anteile übertragen werden. Dabei unterscheidet die Vorschrift zwischen angeschlagenen Unternehmen, die auf diese Weise einen steuerlichen Vorteil erhalten, das sog. Sanierungsprivileg, und gesunden Unternehmen, bei denen eine Anteilsübertragun von mehr als 25% nach wie vor zum Untergang des Verlustvortrags führt.

Gerade in dieser Unterscheidung sieht die europäische Kommission aber eine unzulässige Beihilfe.

Was bedeutet das für die Unternehmen?  Soweit sie bereits von der Regelung des 8c Abs. 1 KStG begünstig wurden, bleiben die Bescheide vorerst unberührt. Allerdings werden die Unternehemen über die Verfahrenseinleitung durch die europäische Kommission informiert. Ob hier das Risiko von Rückzahlungen auf die bereits erhaltenen Vergünstigungen besteht, sollte geprüft werden.

Schlimm ist allerdings, dass eine erhebliche Unsicherheit über die steuerliche Behandlung bei anstehenden Sanierungen entstanden ist, bei denen eine Sanierung mit Anteilsübertragung unter Berücksichtigung des Sanierungsprivilegs erfolgen soll.


Verlustvortrag und Restschuldbefreiung

Verlustvorträge aus der Insolvenz nutzen
Verlustvorträge aus der Insolvenz nutzen

Für viele Steuerplichtige, die von einer Insolvenz ihres Einzelunternehmens betroffen sind, stellt sich die Frage: Können Verlustvorträge aus der Zeit vor der Insolvenz danach genutzt werden und was passiert damit im Zeitpunkt der Restschuldbefreiung?

Die Ausgangssituation: In der Regel ist die Insolvenz das Ergebnis einer mehr oder weniger lang anhaltenden Verlustperiode, die zu steuerlichen Verlustvorträgen führt. Nach der Insolvenzeröffnung versucht der Ex-Unternehmer wieder auf die Beine zu kommen, sei es durch eine neue unternehmerische Tätigkeit (im Einvernehmen mit dem Insolvenzverwalter) oder durch eine unselbständige Beschäftigung. Daraus erzielt er/sie im günstigsten Fall positive Einkünfte. Nach Ablauf von 6 Jahren wird die Restschuldbefreiung erteilt, die in der Wirkung einem Erlass zuvor betrieblicher Verbindlichkeiten gleichsteht. Da diese Verbindlichkeiten in der Vergangenheit, d.h. vor der Insolvenzeröffnung,  zu betrieblichem Aufwand geführt haben, ergibt sich aus ihrem Erlass ein steuerpflichtiger Sanierungsgewinn.  

Die Rechtslage: Sanierungsgewinne sind entgegen einer früheren Regelung nicht mehr von der Einkommensteuer befreit. Das BMF (Bundesministerium der Finanzen) hat mit einer Verwaltungsanweisung aus 2003 zunächst geregelt, dass ein Sanierungsgewinn aus dem Erlass von  unternehmensbezogenen Verbindlichkeiten zwar grundsätzlich steuerpflichtig ist, aber unter bestimmten Voraussetzungen die Steuer, die  nach Berücksichtigung von unternehmensbezogenen Verlustvorträgen auf den Sanierungsgewinn entfiel, erlassen bzw. abweichend von der allgemeinen Steuerpföocht festgesetzt werden kann. Damit sollte eine unternehmensbezogene Sanierung gefördert werden. Das galt aber ausdrücklich nicht für die unternehmerbezogene Sanierung. Eine Betriebseinstellung nach der Insolvenz oder eine sog. übertragende Sanierung durch Verkauf von einzelnen Vermögensgegegenständen an einen Nachfolger war nach dieser Lesart aber keine Unternehmenssanierung. Im Ergebnis bedeutete dies, dass die Restschuldbefreiung des Unternehmers selbst von dieser Begünstigung nicht erfasst wurde.

Mit BMF-Schreiben vom 22.12.2009 wurde nunmehr auch die unternehmerbezogene Restschuldbefreiung von dieser Regelung umfasst. Damit hat das BMF anerkannt, dass ansonsten ein Zielkonflikt zwischen dem Insolvenz- und dem Steuerrecht entsteht: Während zivilrechtliche Schulden von der Restschuldbfreiung erfasst werden, entstünde aus dieser Befreiung ein steuerpflichtiger Sanierungsgewinn, der nicht durch Billigkeitsmaßnahmen - d.h. Gerechtigkeit im Einzelfall - wie Erlass und abweichende Steuerfestsetzung - kompensiert werden könnte.

Jetzt gilt:

  • Der Verlustvortrag aus der Zeit vor der Insolvenz ist mit positiven Einkünften des Schuldners aus der Laufzeit des Insolvenzverfahren zu verrechnen. Achtung: Steuererstattungen des Schuldners, die sich daraus ergeben, unterliegen unter bestimmten Voraussetzungen dem Zugriff des Insolvenzverwalters und damit der Gläubiger oder der Möglichkeit des Finanzamtes zur Aufrechnung mit Steuerschulden.
  • Der Sanierungsgewinn aus der Restschuldbefreiung ist zunächst mit dann noch bestehenden Verlustvorträgen zu verrechnen.
  • Bleibt danach noch ein Sanierungsgewinn,  kann dieser auf Antrag erlassen werden, zunächst wird allerdings nur vorläufig die Steuer gestundet, wegen möglicher Verluste im Folgejahr.
  • Da im Folgejahr nach der Restschuldbefreiung auch noch ein Verlust entstehen kann, der nach den Regelungen des § 10d EStG grundsätzlich ins Vorjahr  zurückgetragen werden soll, muss auch dieser noch für den Ausgleich des Sanierungsgewinns zur Verfügung gestellt werden. ACHTUNG: Stellt der Steuerpflichtige den grundsätzlich zulässigen Antrag, keinen Verlustrücktrag, sondern stattdessen einen - neuen - Verlustvortrag vorzunehmen, gilt der zuvor gestellte Erlassantrag bezüglich der Steuer auf den Sanierungsgewinn als zurückgenommen.
  • Ist das Folgejahr endgültig veranlagt und die Verlustverrechnung durchgeführt, wird der endgültige Erlass der Steuer auf den danach noch verbliebenen Sanierungsgewinn aus der  Restschuldbefreiung ausgesprochen.
  • Bleibt nach dieser Vorgehensweise noch ein Verlustvortrag, kann dieser nach den allgemeinen einkommensteuerlichen Regelungen weiter genutzt werden.

Fazit: Es besteht die Möglichkeit einen bei der Restschuldbefreiung noch bestehenden Verlustvortrag im Rahmen der Restschuldbefreiung zu nutzen. Wichtigste Voraussetzung dafür ist es aber, dass alle Verluste bis zur Eröffnung des Insolvenzverfahren auch wirksam festgestellt werden. Das setzt voraus, dass auch rückständige Buchführungen und Gewinnermittlungen aufgearbeitet werden. Insolvenzverwalter tun dies in der Regel nicht. Dadurch gehen Verlustvorträge verloren. Der ehemalige Unternehmer sollte daher notfalls versuchen, dies in eigener Regie zu organisieren. Das Maximum an Verlustvorträgen kann dabei herausgeholt werden, wenn besondere Kenntnisse des Liquidations-Bilanzrechts und Insolvenz-Steuerrechts vorliegen.  Der Verlustvortrag kann auch schon während der sechsjährigen Phase des Insolvenz- und Restschuldbefreiungsverfahrens dazu genutzt werden,  um den Neustart zu finanzieren. In jedem Fall muss der ehemalige -und vielleicht auch zukünftige - Unternehmer dafür sorgen, dass er während des Insolvenzverfahrens umfassend steuerlich und insolvenzrechtlich betreut wird.


Eine Steuer gegen Armut!

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Kommunale Steuerpolitik in der Zwickmühle

Kirchturmpolitik Gewerbesteuer Hebesatz Kommunen BEFELDT SteuerberaterVielen Kommunen in Deutschland droht aufgrund der Wirtschaftskrise und der Ausfälle bei den Steuereinnahmen - vor allem bei der Gewerbesteuer - der Sparzwang. Gleichzeitig sind sie aber aufgrund landesrechtlicher Vorgaben gezwungen, ihre Einnahmen zu erhöhen. Tun die Kommunen dies nicht, droht ihnen die Haushaltsicherung, d.h. sie müssen zukünftig ihre Haushalte von den Landesbehörden genehmigen lassen und verlieren damit weitere Handlungsspielräume. Dabei ist das Ausgabe- und Investitionsverhalten der Kommunen, der Orte und Gemeinden, in denen wir unser Leben verbringen, für die Lebensqualität vor Ort von entscheidender Bedeutung.

Das einzige wirksame Mittel der Kommunen, selbständig ihre Einnahmen zu erhöhen  ist die Erhöhung der sog. Hebesätze. Hebesätze sind individuelle Steuersätze der Gemeinden, mit denen sie die bundeseinheitlich geregelten Steuersätze für Gewerbe- und Grundsteuer multiplizieren dürfen.

Gleichzeitig sind aber diese Hebesätze auch ein wichtiger Aspekt der Standortpolitik und des Wettbewerbs der Kommunen untereinander und somit der Wirtschaftsförderung, der gemeindlichen Wirtschaftspolitik. Liegt der Hebesatz bei der Gewerbesteuer in einer Gemeinde über dem der Nachbargemeinden, hat sie in diesem Punkt  Nachteile gegenüber den Nachbarn bei den Ansiedlungsentscheidungen von Unternehmen. Nicht umsonst treten die Städte und Gemeinden bei Ansiedlungswünschen großer Unternehmen hier regelmäßig in einen Steuer-Dumping-Wettbewerb ein.

Mit der erzwungenen Steuererhöhung gehen den Städten und Gemeinden also wichtige Gestaltungspielräume für eine nachhaltige lokale Wirtschafspoltik verloren.

Gleichzeitig zeigen aber viele wissenschaftliche Untersuchungen, dass Steuern nicht der entscheidende Standortfaktor für Unternehmensansiedlungen sind.  Sie sind  nicht einmal auf den vorderen Plätzen des Standortrankings zu finden.

Wichtiger sind Faktoren wie Lebensqualität, kulturelle Vielfalt, Verkehrsanbindung u.ä.; nachvollziehbar, wenn man bedenkt, dass Unternehmen darauf angewiesen sind, qualifizierte Mitarbeiter zu finden. Diese entscheiden - gerade in den den technischen Mangelberufen - bei der Frage, wo sie einen Job annehmen in der Regell aber nicht nur anhand des Gehaltes, sondern eher bei Fragen, welches Angebot ihnen ihr zukünftiger Wohnort für die Familie, bei den Schulen und der Kita-Versorgung, bei der kulturellen Vielfalt, bei der Wohnqualität, Freizeitmöglichkeiten etc. macht. Wenn die Städte und Gemeinden also trotz der Steuererhöhung Wettbewerbsvorteile erhalten oder erringen wollen, werden sie gut daran tun, ihre Mehreinnahmen nicht nur zur Haushaltssanierung, sondern zur Verbesserung des Angebotes in diesen Bereichen einzusetzen.

Unstreitig bleibt dabei aber, dass eine Reform der kommunalen Finanzierung dringend geboten ist. Die Gewerbesteuer als wesentliche Einnahmequelle ist und bleibt extrem konjunkturabhängig und ermöglicht keine nachhaltige lokale Politk.


BVMW: ELENA baut Bürokratie nicht ab, sondern errichtet neue bürokratische Hürden

Berlin – Als „praxisuntauglich und bürokratisch“ hat der Präsident des Bundesverbands mittelständische Wirtschaft (BVMW), Mario Ohoven, den im Januar eingeführten elektronischen Entgeltnachweis (ELENA) kritisiert. „Den Betrieben werden mit der Erfassung bislang nicht erhobener Arbeitnehmerdaten zusätzliche Lasten aufgebürdet.“ Ohoven schlug deshalb vor, den Arbeitgebern die Teilnahme an ELENA freizustellen.

Es frage sich, so der Mittelstandspräsident, welchen Nutzen das Projekt überhaupt habe, da ELENA nur einen Teil der bisherigen Formulare ersetzen werde, und das auch erst ab 2012. „Der Aufwand für Erhebung und Speicherung von rund 40 Millionen Datensätzen pro Monat steht in keinem sinnvollen Verhältnis zu den möglichen Vorteilen eines zentralen Datenzugriffs durch die Sozialbehörden.“

Die Bewilligung staatlicher Sozialleistungen ist an Bescheinigungen der (früheren) Arbeitgeber gebunden. Zurzeit sind dazu 45 (!) unterschiedliche Formulare im Umlauf. „ELENA baut nicht Bürokratie ab, sondern errichtet neue bürokratische Hürden“, sagte Ohoven. So müssten Arbeitgeber vom 1. Juli an einen weiteren Datenbaustein für Kündigungen und Entlassungen liefern. Dabei geht es um ein eventuell vertragswidriges Verhalten eines Mitarbeiters, und ob die Kündigung mündlich oder schriftlich erfolgte.

QUELLE: www.bvmw .de
Dort finden sich auch weitere Informationen zur Diskussion über das ELENA-Verfahren


GmbH-Insolvenz: Schluss mit dem vollen Verlustabzug beim Gesellschafter?

Verluste bei GmbH-InsolvenzDas Bundeskabinett hat am 19.05.2010 den Entwurf des Jahressteuergesetzes (JStG) 2010 verabschiedet. Überraschend ist dort auch eine Regelung zum Verlustabzug bei GmbH-Liquidation und -Insolvenz enthalten. Damit macht die Regierung einem monatelangen Streit zwischen BFH und BMF ein Ende.
 
Der Hintergrund: Der Bundesfinanzhof (BFH) hatte in einem Urteil vom 25.06.2009 entschieden, dass Verluste aus der Beteiligung an einer GmbH in voller Höhe abzugsfähig sind, wenn die Gesellschaft in die Insolvenz geht.

Dem Urteil liegt folgender, häufig vorkommender Sachverhalt zugrunde: Eine Privatperson beteiligt sich mit mindestens einem Prozent als Gesellschafter an einer GmbH und leistet einen entsprechenden Beitrag zum Stammkapital dieser Gesellschaft. Wird die Gesellschaft in der Folgezeit zahlungsunfähig, erhält der Gesellschafter mangels Vermögen der GmbH nichts von seinen Anschaffungskosten auf die Beteiligung zurück.

  Durch das sogenannte „Halbeinkünfteverfahren“ beziehungsweise das ab 2009 geltende „Teileinkünfteverfahren“ erkannte das Finanzamt lediglich fünfzig Prozent, beziehungsweise ab 2009 vierzig Prozent der Anschaffungskosten als Verluste an. Nur in dieser Höhe konnte der Gesellschafter den Verlust mit anderen Einkünften im Rahmen seiner persönlichen Einkommensteuerveranlagung verrechnen.  

Da die steuerlichen Verluste der GmbH untergehen und nicht auf den Gesellschafter übergehen, hat der BFH entschieden, dass der tatsächlich erlittene Verlust der Anschaffungskosten auf die Beteiligung beim Gesellschafter auch zu 100 Prozent abzugsfähig sein soll. Diese positive Rechtsfolge sollte jedoch nur unter der Bedingung eintreten, dass der Gesellschafter aus seiner Beteiligung vor Insolvenz der GmbH keine Einnahmen erhalten hat.

Zu diesem Urteil hat das Bundefinanzministerium am 15.2.2010 einen Nichtanwendungserlass veröffentlicht. Mit solchen Erlassen wird die Anwendnung der unliebsamen Rechtsprechung  in der Praxis der Finanzämter regelmäßig untersagt. Der BFH reagierte schnell und fällte bereits am 31.3.2010 ein weiteres Urteil, mit der er seine Rechtssaufassung bestätigte und klarstellte. 

Das Jahressteuergesetz soll mit dieser Diskussion jetzt Schluss machen: § 3c EStG - dort ist das sog. Teilabzugsverbot geregelt - wird durch eine Formulierung ergänzt, die klarstellt, dass die Anwendung dieser Vorschrift unabhängig davon erfolgt, ob der Gesellschafter jemals Einnahmen aus seiner Beteiligung erzielt hat oder erzielen wird. Die Einnahmeerzielungsabsicht reicht zukünftig aus.

Für die Zukunft dürfte damit der volle Verlustabzug erledigt sein. Für noch zurückliegende Steuerjahre könnte sich aber eine Auseinandersetzung mit dem Finanzamt möglicherweise je nach Einzelfall noch lohnen.