447352_web_R_K_by_Thorben Wengert_pixelio.deMit Urteil vom 23.02.2017 – V R 16/16 und V R 24/16 hat der V. Senat des Bundesfinanzhofes im Rahmen eines so.g Bauträgerfalles wie folgt entschieden:

1.  Umsatzsteuerfestsetzung kann nach § 27 Abs. 19 S. 1 UStG gegenüber dem leistenden Unternehmer nur dann geändert werden, wenn ihm ein abtretbarer Anspruch auf Zahlung der gesetzlich entstandenen Umsatzsteuer gegen den Leistungsempfänger zusteht.

2. Das Finanzamt hat eine Abtretung nach § 27 Abs. 19 S.3 UStG auch dann anzunehmen, wenn der Steueranspruch bereits getilgt war. Auf das Vorliegen einer Rechnung kommt es nicht an.  (Leitsätze des Gerichtes)

Im Rechtsstreit lag die Grundkonstellation jedes Bauträgerfalles vor: Eine Bauträger GmbH hatte sog. “Bauträger-Kaufverträge” mit Erwerbern von Eigentumswohnungen geschlossen und sich verpflichtet ein entsprechendes Mehrfamilienhaus zu bauen.

Die GmbH hatte Bauleistungen an einen Putz-Unternehmer vergeben. Alle Beteiligten waren davon ausgegangen, dass die Leistungen des Putz-Unternehmers gem. § 13b UStG (Umkehr der Steuerschuldnerschaft / Reverse Charge) zu besteuern seien und die Leistungen in Rechnungen und Steuererklärungen (hier 2012)  entsprechend behandelt.

Inzwischen hatte der BFH am 22.08.2013 (V R 37/10) entschieden, dass § 13b UStG auf sog. Bauträgerfälle nicht anzuwenden sei, also das leistende Bauunternehmen seine Leistungen unter USt-Ausweis abzurechnen und die Steuer für eigene Rechnung abzuführen habe.

Unter Bezugnahme auf diese Rechtsprechung hat die Bauträger-GmbH im vorliegenden Fall ihre Umsatzsteuererklärungen für 2012 berichtigt und die für das Putz-Unternehmen gezahlte Umsatzsteuer zurückgefordert. Das FA hat daraufhin dem Putzunternehmer mitgeteilt, dass die Bauträger GmbH die für ihn gezahlte USt zurückgefordert habe und er nunmehr die USt selbst zu zahlen habe.

Streitig waren im weiteren Verfahrenslauf dann  zwei Punkte:

  • Kann das Finanzamt die Umsatzsteuerfestsetzung gegenüber dem leistenden Unternehmer ändern?
  • Muss das Finanzamt an Zahlung statt die Abtretung der Umsatzsteuerforderung annehmen, die der Putz-Unternehmer gegenüber der Bauträger GmbH hat, weil er seine ursprüngliche Rechnung nunmehr um den Umsatzsteuerbetrag erhöhen kann?

Der BFH hat beide Fragen mit Ja beantwortet. Wenn der leistende Putz-Unternehmer das Recht habe, die zusätzlich auszuweisende Umsatzsteuer bei der Bauträger GmbH nachzufordern, könne auch das Finanzamt die Umsatzsteuer gegen ihn festsetzen, sei dann aber auch verpflichtet erfüllungshalber für die Steuerschuld die Abtretung der  Rechnungsforderung aus der Umsatzsteuer  anzunehmen.

Dabei  ist vor allem bemerkenswert, dass der BFH offenbar davon ausgeht, dass immer ein Anspruch des leistenden Unternehmers auf eine Entgelterhöhung im Wege der Vertragsanpassung nach § 313 Abs. 1 BGB bestehe. Genaus diese Frage ist in der zivilrechtlichen Rechtsprechung gegenwärtig kontrovers, aber noch nicht höchstrichterlich entschieden. (vgl. LG Köln  v. 30.10.2015 – 7 O 103/15 vs. LG  Düsseldorf, Urteil vom 5. 2. 2016 – 33 O 86/15).