Dem Urteil liegt folgender, häufig vorkommender Sachverhalt zugrunde: Eine Privatperson beteiligt sich mit mindestens einem Prozent als Gesellschafter an einer GmbH und leistet einen entsprechenden Beitrag zum Stammkapital dieser Gesellschaft. Wird die Gesellschaft in der Folgezeit zahlungsunfähig, erhält der Gesellschafter mangels Vermögen der GmbH nichts von seinen Anschaffungskosten auf die Beteiligung zurück.
Durch das sogenannte „Halbeinkünfteverfahren“ beziehungsweise das ab 2009 geltende „Teileinkünfteverfahren“ erkannte das Finanzamt lediglich fünfzig Prozent, beziehungsweise ab 2009 vierzig Prozent der Anschaffungskosten als Verluste an. Nur in dieser Höhe konnte der Gesellschafter den Verlust mit anderen Einkünften im Rahmen seiner persönlichen Einkommensteuerveranlagung verrechnen.
Da die steuerlichen Verluste der GmbH untergehen und nicht auf den Gesellschafter übergehen, hat der BFH entschieden, dass der tatsächlich erlittene Verlust der Anschaffungskosten auf die Beteiligung beim Gesellschafter auch zu 100 Prozent abzugsfähig sein soll. Diese positive Rechtsfolge sollte jedoch nur unter der Bedingung eintreten, dass der Gesellschafter aus seiner Beteiligung vor Insolvenz der GmbH keine Einnahmen erhalten hat.
Zu diesem Urteil hat das Bundefinanzministerium am 15.2.2010 einen Nichtanwendungserlass veröffentlicht. Mit solchen Erlassen wird die Anwendnung der unliebsamen Rechtsprechung in der Praxis der Finanzämter regelmäßig untersagt. Der BFH reagierte schnell und fällte bereits am 31.3.2010 ein weiteres Urteil, mit der er seine Rechtssaufassung bestätigte und klarstellte.
Das Jahressteuergesetz soll mit dieser Diskussion jetzt Schluss machen: § 3c EStG – dort ist das sog. Teilabzugsverbot geregelt – wird durch eine Formulierung ergänzt, die klarstellt, dass die Anwendung dieser Vorschrift unabhängig davon erfolgt, ob der Gesellschafter jemals Einnahmen aus seiner Beteiligung erzielt hat oder erzielen wird. Die Einnahmeerzielungsabsicht reicht zukünftig aus.
Für die Zukunft dürfte damit der volle Verlustabzug erledigt sein. Für noch zurückliegende Steuerjahre könnte sich aber eine Auseinandersetzung mit dem Finanzamt möglicherweise je nach Einzelfall noch lohnen.