ESUG - neue Sanierungschancen

Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV) hat den Referentenentwurf eines Gesetzes zur Verbesserung der Rechtssicherheit bei Anfechtungen nach der Insolvenzordnung und nach dem Anfechtungsgesetz veröffentlicht und an die Länder sowie die betroffenen Fachkreise und Verbände mit der Gelegenheit zur Stellungnahme versandt. Der Entwurf ist auf der Homepage des BMJV veröffentlicht. Das BMVJ führt aus:

Der Referentenentwurf verfolgt das Ziel, den Wirtschaftsverkehr sowie Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer von Rechtsunsicherheiten zu entlasten, die von der derzeitigen Praxis des Insolvenzanfechtungsrechts ausgehen. Zudem sollen die unter dem geltenden Recht gewährten Möglichkeiten der Insolvenzanfechtung punktuell neu justiert werden, um übermäßige Belastungen des Geschäftsverkehrs und von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern zu vermeiden.

Der Referentenentwurf sieht im Wesentlichen folgende Neuregelungen vor:

1. Neujustierung der Vorsatzanfechtung (Änderung des § 133 InsO)

Die Neuregelung lässt die bisherige Grundstruktur der Vorsatzanfechtung unberührt. Die Neuregelung differenziert aber zwischen Deckungshandlungen (Handlungen, die einem Insolvenzgläubiger Sicherung oder Befriedigung gewähren oder ermöglichen) einerseits und sonstigen Rechtshandlungen wie etwa Vermögensverschiebungen andererseits. Bei den Deckungsfällen soll weiter zwischen kongruenten und inkongruenten Deckungen unterschieden werden:

  • Für die Vorsatzanfechtung von Deckungshandlungen soll ein deutlich verkürzter Anfechtungszeitraum von vier (anstatt bislang zehn) Jahren gelten.
  • Die Vorsatzanfechtung von kongruenten Deckungen soll noch weiter eingeschränkt werden. Anders als bislang, sollen diese Deckungen grundsätzlich erst dann anfechtbar sein, wenn der Schuldner sie in Kenntnis der bereits eingetretenen Zahlungsunfähigkeit gewährte und der Gläubiger dies erkannt hat.
  • Für die übrigen Fälle, namentlich Vermögensverschiebungen und Bankrotthandlungen, soll es beim bisherigen Recht (insbesondere bei dem zehnjährigen Anfechtungszeitraum) bleiben, weil hier Einschränkungen der Anfechtbarkeit nicht geboten sind.
  • Gesetzliche Klarstellungen sollen dafür sorgen, dass die Handhabung praktisch relevanter Fallgruppen kalkulierbarer wird: So soll die Bitte des Schuldners um eine verkehrsübliche Zahlungserleichterung für sich genommen nicht zum Anknüpfungspunkt für die Begründung des Anfechtungsanspruches gemacht werden können; das Gleiche soll im Rahmen der Einzelzwangsvollstreckung für das Bemühen des Gerichtsvollziehers um eine gütliche Erledigung gelten. Auch soll sich der Rechtsverkehr darauf verlassen können, dass keine Vorsatzanfechtung droht, wenn ernsthafte Sanierungsbemühungen des Schuldners unterstützt werden sollen oder wenn dem Schuldner mit wertäquivalenten Bargeschäften die Fortführung seines Unternehmens oder die Sicherung seines Lebensbedarfs ermöglicht werden soll.

2. Konkretisierung des Bargeschäftsprivilegs (Änderung des § 142 InsO)

Um die Rechtsunsicherheiten zu beseitigen, die in Bezug auf die Anfechtbarkeit der Zahlung von Arbeitsentgelt bestehen, soll gesetzlich klargestellt werden, dass ein grundsätzlich anfechtungsausschließendes Bargeschäft gegeben ist, wenn der Zeitraum zwischen Arbeitsleistung und Gewährung des Arbeitsentgelts drei Monate nicht übersteigt.

3. Privilegierung der Zwangsvollstreckungsbefriedigung (Änderung des § 131 InsO)

Deckungen, die durch Zwangsvollstreckung auf der Grundlage eines in einem gerichtlichen Verfahren erlangten Vollstreckungstitels erwirkt worden sind, sollen künftig nur unter den erschwerten Anforderungen des § 130 InsO (also bei Kenntnis von der Zahlungsunfähigkeit des Schuldners) anfechtbar sein. Ziel ist es, insbesondere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sowie kleine und mittelständische Unternehmen, die unter Inkaufnahme von Prozess- und Kostenrisiken einen Titel erlangt haben, besser zu schützen.

4. Neuregelung der Verzinsung des Anfechtungsanspruchs (Änderung des § 143 InsO)

Anfechtungsansprüche sollen künftig nur noch nach Maßgabe der allgemeinen Verzugsregeln oder des § 291 des Bürgerlichen Gesetzbuchs verzinst werden. Dadurch sollen bestehende Fehlanreize zu einer schleppenden Durchsetzung von Anfechtungsansprüchen beseitigt und der Rechtsverkehr besser vor einer übermäßigen Zinsbelastung geschützt werden.

Quelle: BMJV, Pressemitteilung v. 16.3.2015