clause-684509_640Fehlen in einer Rechnung umsatzsteuerlich zwingende Angaben, z.b. die USt-ID des Lieferanten, können diese zwar nachgeholt werden, allerdings geht der deutsche Fiskus davon aus, dass dann der Vorsteuerabzug erst zum Zeitpunkt des Nachholen, nicht zum Zeitpunkt des ursprünglichen Rechnungsdatums geltend gemacht werden kann. Dem hat der EuGH jetzt widersprochen (EuGH, Urteil v. 15.09.2016 – C-518/14 (Sc))

Sachverhalt und Verfahrensgang:

Die Klägerin machte für die Jahre 2008 bis 2011  einen Vorsteuerabzug aus den ihren Handelsvertretern erteilten Provisionsabrechnungen sowie aus den Rechnungen eines Werbegestalters geltend. Im Rahmen einer Außenprüfung stellte das FA fest, dass ein Vorsteuerabzug aus den Abrechnungen nicht möglich sei, da diese keine Steuernummer oder Umsatzsteuer-Identifikationsnummer des Empfängers enthielten. Noch während der Außenprüfung ergänzte die Klägerin die Dokumente um die Angabe der Steuernummer bzw. Umsatzsteuer-Identifikationsnummer.

Das FA ließ den Vorsteuerabzug in den Streitjahren nicht zu, da die Voraussetzungen erst zum Zeitpunkt der Berichtigung der Rechnungen, d. h. im Jahr 2013, vorlagen. Das FG Niedersachsen beschloss, das Verfahren auszusetzen und dem EuGH folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen:

  • Ist die vom EuGH festgestellte Ex-nunc-Wirkung einer erstmalige Rechnungserstellung für den – hier vorliegenden – Fall der Ergänzung einer unvollständigen Rechnung insoweit relativiert, als der EuGH in einem solchen Fall im Ergebnis eine Rückwirkung zulassen wollte?
  • Muss die ursprüngliche Rechnung bereits eine Steuernummer oder Umsatzsteuer-Identifikationsnummer enthalten, oder kann diese später ergänzt werden mit der Folge, dass der Vorsteuerabzug aus der ursprünglichen Rechnung erhalten bleibt?

Hierzu führten die Richter des EuGH weiter aus:
Das in den Art. 167 ff. der Richtlinie 2006/112 geregelte Recht auf Vorsteuerabzug kann für die gesamte Steuerbelastung der vorausgehenden Umsatzstufen sofort ausgeübt werden.
Das Grundprinzip der Mehrwertsteuerneutralität verlangt, dass der Vorsteuerabzug gewährt wird, wenn die materiellen Anforderungen erfüllt sind, selbst wenn der Steuerpflichtige bestimmten formellen Bedingungen nicht genügt hat. Der Besitz einer Rechnung, die die in Art. 226 der Richtlinie 2006/112 vorgesehenen Angaben enthält, stellt eine formelle und keine materielle Bedingung für das Recht auf Vorsteuerabzug dar.
Mit diesem Urteil widerspricht der EuGH deutschem Recht, nachdem bei der Berichtigung einer Rechnung durch Hinzufügung einer in der ursprünglich ausgestellten Rechnung fehlenden Mehrwertsteuer-Identifikationsnummer das Recht auf Vorsteuerabzug erst zum Berichtigungszeitpunkt ausgeübt werden kann.

QUELLE: NWB.de