Das Bundesministerium der Finanzen (BMF) hat im Dezember 2015 den Referentenentwurf eines Gesetzes zur Modernisierung des Besteuerungsverfahrens veröffentlicht. Dazu wurde jetzt auch ein Frage- und Antwortkatalog auf den Seiten des BMF bereitgestellt. Zu der Webseite gelangen Sie hier.

Hintergrund: Mit dem Gesetz zur Modernisierung des Besteuerungsverfahrens sollen die Gleichmäßigkeit der Besteuerung und die rechtsstaatlichen Erfordernisse des Steuervollzugs bei verstärkter Nutzung der Informationstechnik im Besteuerungsverfahren gesichert werden. Es reduziert bürokratische Belastungen und berücksichtigt die Interessen aller Beteiligten angemessen. Es spiegelt die 18-monatige gemeinsame Arbeit von Bund und Ländern unter Beteiligung von Kammern, Verbänden sowie Finanzrichtern wider.

Die vorgesehenen Maßnahmen betreffen im Wesentlichen drei Handlungsfelder:

  • Steigerung von Wirtschaftlichkeit und Effizienz durch einen verstärkten Einsatz der Informationstechnologie und einen zielgenaueren Ressourceneinsatz
  • Vereinfachte und erleichterte Handhabbarkeit des Besteuerungsverfahrens durch mehr Serviceorientierung und nutzerfreundlichere Prozesse
  • Neugestaltung der rechtlichen Grundlagen, insbesondere der Abgabenordnung, im Hinblick auf die sich stellenden Herausforderungen und die dafür vorgesehenen Lösungsansätze

Zu den Handlungsfeldern ist jeweils ein Bündel verschiedener, aufeinander abgestimmter Einzelmaßnahmen vorgesehen. Manche Maßnahmen entfalten ihre Wirkung auch in mehreren Handlungsfeldern. Ergänzt werden die gesetzgeberischen Maßnahmen zudem durch technische und organisatorische Anpassungen auf untergesetzlicher Ebene.

Folgende Maßnahmen sind dabei hervorzuheben

Amtsermittlungsgrundsatz: Durch die neuen Regelungen in § 88 Absatz 2 und 3 AO werden neben den unverändert fortgeltenden Prinzipien der Verhältnismäßigkeit, Gleichmäßigkeit und Rechtmäßigkeit auch die Komponenten der Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit explizit im Amtsermittlungsgrundsatz verankert (§ 88 Abs. 2 und 3 AO) werden.

Ausschließlich automationsgestützte Bearbeitung: Eine zentrale Maßnahme der Modernisierung des Besteuerungsverfahrens ist die Verstärkung der ausschließlich automationsgestützten Bearbeitung von dazu geeigneten Steuererklärungen durch Einsatz von Risikomanagementsystemen, um eine Konzentration der personellen Ressourcen auf die wirklich prüfungsbedürftigen Fälle zu erreichen. Zur Umsetzung dieser Zielsetzung trifft das Gesetz in § 88 Abs. 5 und 6 sowie in § 118a AO Regelungen zum Einsatz von sog. Risikomanagementsystemen und zu ausschließlich automationsgestützt erlassenen oder korrigierten Steuerbescheiden.

Neue Änderungsmöglichkeit bei Rechen- und Schreibfehlern: Nach dem neuen § 173a AO wird die Aufhebung oder Änderung von Steuerbescheiden vorgeschrieben, soweit dem Steuerpflichtigen bei Erstellung seiner Steuererklärung Schreib- oder Rechenfehler unterlaufen sind und er deshalb der Finanzbehörde rechtserhebliche Tatsachen nicht mitgeteilt hat.

Wandlung von Belegvorlagepflichten in Belegvorhaltepflichten: In den Gesetzen und Verordnungen sollen bislang vorgesehene Belegvorlagepflichten weitestgehend in Belegvorhaltepflichten mit risikoorientierter Anforderung durch die Finanzverwaltung umgewandelt werden.

Von dritter Seite elektronisch an die Finanzverwaltung übermittelten Daten: Die elektronischen Datenübermittlungspflichten Dritter (z.B. von Arbeitgebern, Rentenversicherungsträgern, Leistungsträgern von Lohnersatzleistungen, Krankenversicherungen oder Banken), die bisher schon im materiellen Recht geregelt waren, werden mit diesem Gesetz vereinheitlicht und in der Generalnorm des neuen § 93c AO zusammengeführt. Nur materiell-rechtliche und verfahrensspezifische Sonderregeln der einzelnen Datenübermittlungspflichten bleiben spezialgesetzlich in den einzelnen Steuergesetzen geregelt. Die Neuregelungen im Umgang mit diesen Daten von dritter Seite sollen dabei nicht soweit gehen, dass die Datenübermittlungen den Charakter eines bindenden Grundlagenbescheids erhalten.

Neuregelung der Steuererklärungsfristen: Mit dem vorliegenden Gesetz wird eine gesetzliche Fristverlängerung für beratene Steuerpflichtige eingeführt. Während nach den bisherigen „Fristenerlassen“ eine Fristverlängerung über den 31. Dezember des Folgejahres nur aufgrund begründeter Einzelanträge möglich ist, können die von der Regelung erfassten Steuererklärungen nunmehr vorbehaltlich einer „Vorabanforderung“ oder einer „Kontingentierung“ bis zum 28. Februar des Zweitfolgejahres abgegeben werden. Die „gesetzliche Fristverlängerung“ wird zur Gewährleistung eines fristgerechten und kontinuierlichen Erklärungseingangs durch Neuregelungen zum Verspätungszuschlag (§ 152 AO) begleitet. In bestimmten Konstellationen (§ 152 Abs. 2 AO) soll der Verspätungszuschlag künftig festgesetzt werden ohne dass hierfür ein Ermessensspielraum besteht oder es einer Ermessensentscheidung bedarf.

Zu den „flankierenden“ Maßnahmen gehören insbesondere:

  • Weiterer Ausbau der elektronischen Kommunikation
  • Mehr Service z.B. durch die „Vorausgefüllte Steuererklärung“
  • Entwicklung neuer elektronischer Verfahrenskomponenten (z.B. elektronisches Verfahren zur Lohnsteuer-Ermäßigung im Verfahren der elektronischen Lohnsteuerabzugsmerkmale – ELStAM)

Quellen: Referentenentwurf ab S. 57 ff. / NWB-Reformradar www.nwb.de