BMF: Steuerliche Maßnahmen bei der Unterstützung von Hochwasseropfern

Das Bundesfinanzministerium (BMF) hat ein Anwendungsschreiben zur steuerlichen Behandlung von Unterstützungsmaßnahmen für Hochwasseropfer erlassen. Darin werden Hilfen von Unternehmern für Ihre Geschäftspartner aber auch Beiträge von Arbeitnehmern, die einen Teil Ihres Arbeitslohn spenden, oder anderen Beteiligten wie Aufsichtsräten, die auf Ihre Vergütung verzichten, sowie andere Unterstützungen und Spenden geregelt.

Das vollständige BMF-Schreiben geibt es hier.


ZDF-Recherche: Steuerabkommen mit der Schweiz ist lückenhaft

Das Blog Steuergerechtigkeit berichtet über eine Recherche des ZDF. Undercover hatten ZDF-Reporter versucht, Geld in der Schweiz anzulegen, dessen Erträge nicht unter das aktuelle Steuerabkommen fallen. Die Stellungnahme von "Steuergerechtigkeit" und den Link zum ZDF gibt es hier.


NWB-Steuer-TV vom 8.6.2012

Die Themen:

  • Anforderungen an ein ordnungsgmäßes Fahrtenbuch

[youtube http://www.youtube.com/watch?v=VoSG1pTCuPo&w=560&h=315]


Jahressteuergesetz 2013 | Beschluss vertagt

Jahressteuergesetz 2013 vertagtDie Bundesregierung hat  den Kabinettsbeschluss über das Jahressteuergesetz 2013 vertagt. Hintergrund soll  u.a. der Streit über die Wehrsold-Besteuerung sein. Der Gesetzesentwurf sollte ursprünglich am 25.4.2012 beschlossen werden. Ein neuer Termin soll bis spätestens 23.5.2012 genannt werden.

Zweck des Jahressteuergesetzes 2013 soll die Anpassung des  Steuerrechts an das EU-Recht sein. Zusätzlich sind im Gesetz Anpassungen in verschiedenen Bereichen des nationalen deutschen Steuerrechts vor.

Im Detail sind (u.a.) folgende wesentliche Regelungen geplant:

  • Schaffung eines EU-Amtshilfegesetzes
  • Änderung von Steuergesetzen
    Mit den Änderungen des § 43b EStG, der Anlage 2 zum EStG, des § 8b Abs. 9 und § 34 Abs. 7 KStG sowie des § 9 Nummer 4 GewStG wird die Regelung zur Vermeidung einer Doppelbesteuerung von Dividendenzahlungen und anderen Gewinnausschüttungen von Tochtergesellschaften an ihre Muttergesellschaften an die Neufassung der sog. Mutter-Tochter-Richtlinie angeglichen.
  • Im Umsatzsteuergesetz wird durch die Änderung des § 3a Abs. 3 UStG die Richtlinie 2006/112/EG bezüglich des Ortes der Dienstleistung fristgerecht umgesetzt. Zusätzlich wird durch Änderungen der §§ 14 und 14a UStG die sog. Rechnungsstellungsrichtlinie umgesetzt.
  • Das "Regierungsprogramm Elektromobilität" wird durch Regelungen im  Einkommensteuergesetz  für die private Nutzung von betrieblichen Elektrofahrzeugen begleitet. Aus dem Listenpreis als Bemessungsgrundlage für die sog. 1%-Regel werden die Kosten für die Batterie (Akkumulator) herausgerechnet. Damit wird die Besteuerung der privaten Nutzung eines Elektrokraftfahrzeugs mit der eines Kraftfahrzeugs mit Verbrennungsmotor gleichgestellt. Ebenfalls sind im Rahmen der AfA die auf die Anschaffung der Batterie entfallenden Kosten bei der Ermittlung der Gesamtkosten auszuscheiden, d.h. die AfA sind entsprechend zu mindern oder ein zusätzlich gezahltes Entgelt für den Akkumulator ist von den Gesamtkosten abzuziehen.
  • Zur Vereinfachung für den Arbeitnehmer und die Finanzverwaltung soll eine Antragsmöglichkeit für den Arbeitnehmer geschaffen werden, mit der die Geltungsdauer eines zu berücksichtigenden Freibetrags künftig auf zwei Kalenderjahre verlängert werden kann. Damit braucht der Arbeitnehmer den Antrag auf Lohnsteuer-Ermäßigung beim Finanzamt nicht mehr jährlich zu stellen.
  • Modernisierung und Vereinfachung des Verfahrens der Anmeldung der Feuerschutzsteuer durch die Option, diese künftig elektronisch abzugeben.

Außerdem sind noch  diverse Maßnahmen eher technischer Art zur Anpassung an Änderungen anderer Vorschriften (Folgeänderungen) und weitere redaktionelle Maßnahmen an verschiedenen Steuergesetzen geplant, z.B. 

  • die Anpassung steuerlicher Vorschriften beim Kapitalertragsteuerabzug,
  • Folgeanpassungen wegen der  Abschaffung der Wehrpflicht,
  • Detailregelungen zur elektronischen Vermögensbildungsbescheinigung .
  • redaktionelle Anpassungen der Steuergesetze an den Vertrag von Lissabon.

QUELLE: NWB Reformradar


BMF | Doch keine Berücksichtigung von Zivilprozesskosten als außergewöhnliche Belastung

Nichtanwendungserlass zu Prozesskosten

     Der Bundesfinanzhof (BFH) hatte am 12.5. 2011 (VI R 42/10) entschieden, dass die Kosten eines Zivilprozesses als außergewöhnliche Belastungen gem. § 33 EStG zu berücksichtigen sind. Voraussetzung war danach nur, dass der Prozess nicht mutwillig geführt wurde und eine hinreichende Aussicht auf Erfolg bestand.

Jetzt hat das Bundesfinanzministerium  (BMF) zu diesem Urteil einen Nichtanwendungserlass veröffentlicht  (IV C 4 - S 2284/07/0031:002). Das für eine Vielzahl von Steuerpflichtigen günstige Urteil darf daher durch die Finanzämter nicht angewendet werden.

Gleichzeitig hat das BMF angedeutet, dass das Gesetz dahingehend geändert werden soll, dass Prozesskosten grundsätzlich nicht anerkannt werden können.  Diese Änderung soll eine "rückwirkende Anknüpfung" an die bisherige Rechtslage enthalten, so das BMF. Damit möchte man offenbar verhindern, dass bis zu einer neuen gesetzlichen Regelung  zunächst eine Flut von Rechtsbehelfs und ggf. Gerichtsverfahren entstehen, die sich auf die günstige BFH Rechtssprechung berufen. Ob das gelingt, dürfte zweifelhaft sein. Aus Beratersicht 

muss man natürlich jedem Steuerpflichtigen, der Zivilprozesskosten hatte, dazu raten, diese auch geltend zu machen und ggf. durchzusetzen.


Bundeshaushalt 2011: Zinsen, Sozialtransfers und wenig Geld für Bildung

Das Bundesfinanzministerium hat zum Entwurf des Bundeshaushaltes 2011 einige Infografiken zur Verfügung gestellt, die fernab aller Details einen guten Überblick ermöglichen. Hier die wesentlichen Daten:

Interessant ist die Ausgabenstruktur des Bundes: Wir verwenden mehr als 12% aller Ausgaben für Zinsen! Unternehmen und Privathaushalte wären bei dieser Zinslast insolvenzbedroht, zumal sich das Thema "Tilgungen" unter "Sonstiges" finden dürfte.

Ausgabenstruktur Bundeshaushalt 2011
Mehr als 12% aller Ausgaben werden für Zinsen aufgewandt

 Noch mehr bewegt mich aber die Frage, was eigentlich von einer Gesellschaft zu halten ist, die 54% ihrer Einnahmen = 173 Mrd. EURO dafür aufwenden muss, diejenigen zu unterstützen, die es aus eigener Kraft nicht schaffen, ihren Lebensunterhalt zu verdienen. Warum sind die vielen Menschen, die sich hinter diesen Transfers als Einzelschicksale verbergen, nicht dazu in der Lage? Wir suchen Facharbeiter händeringend. Wir suchen qualifiziertes Personal in nahezu allen Bereichen der Wirtschaft. Wir leisten es uns, statt qualifizierender Bildung mehr als die Hälfte unserer Mittel für die Unterstützung derjenigen aufzubringen, die offenbar nicht ausreichend qualifiziert sind, um diese Lücken zu füllen. Aktuell investieren wir 3% in Forschung und Bildung. Wir streiten um jede weitere Milliarde, die in Bildung investiert werden soll.  Wir schaffen in unserem einzigartigen dualen Bildungssystem zu wenige Ausbildungsplätze, weil die schulische Vorbildung dafür nicht mehr ausreicht. Wir entwerten Hochbildung im Studium durch Schmalspurstudien á la Bachelor und produzieren die "Generation Praktikum". Wir verschenken damit Alleinstellungsmerkmale zugunsten des Mittelmaßes. Mit jedem Tag, an dem wir dies  tun, erhöhen wir die Zahl derer, die jetzt und zukünftig auf Transfers angewiesen sind. Wir verringern unsere Spielräume für zukunftsträchtige Investitionen. Jedem Unternehmen würden bei dieser mangelhaften strategischen Ausrichtung die Kredite gekündigt. Wann fangen wir endlich an, langfristig zu denken und unser Geld zukunftsträchtig zu verwenden? Dafür wären etliche Milliarden besser ausgegeben.


Neuregelung der strafbefreienden Selbstanzeige

Die Bundesregierung hat einen Gesetzentwurf zur Verbesserung der Bekämpfung von Geldwäsche und Steuerhinterziehung (Schwarzgeldbekämpfungsgesetz) vorgelegt. Die erste Lesung im Bundestag ist am 16.12.2010 erfolgt.  

Die Regelungen zur Selbstanzeige (§ 371 AO) sollen darin "den aktuellen Bedürfnissen angepasst"  und so gestaltet werden, dass sie "zielgenauer" wirken. Anders als teilweise gefordert, verzichtet der Entwurf auf einen fünfprozentigen Strafzins für reuige Sünder. Des Weiteren enthält er eine Übergangsregelung, so dass bereits erstattete Selbstanzeigen, die (nur) Teilselbstanzeigen , also nach neuer LEsart unvollständig waren, Status der Straffreiheit insoweit erhalten bleibt:

Die Wesentlichen Änderungsvorschläge nach dem Gesetzentwurf sind:  

1. Bei einer Selbstanzeige tritt nur dann Straffreiheit ein, wenn die Besteuerungsgrundlagen aller in Frage kommenden Steuerarten, nunmehr zutreffend nacherklärt werden. Das bedeutet, aus sämtlichen strafrechtlich bisher noch nicht verjährten Besteuerungszeiträumen müssen die unterlassenen oder unvollständigen Angaben vollständig nachgeholt beziehungsweise sämtliche Unrichtigkeiten vollumfänglich berichtigt werden.

2. Für den Ausschluss der Straffreiheit soll künftig bereits die Bekanntgabe der Prüfungsanordnung genügen . Bisher war hierfür das Erscheinen des Prüfers der maßgebliche Zeitpunkt. Mit dieser zeitlichen Vorverlegung des Ausschlussgrundes wird der gesetzliche Regelfall des „Erscheinens" zur Ausnahme. Nach Erhalt der Prüfungsanordnung wäre somit eine strafbefreiende Selbstanzeige nicht mehr möglich.

3. Die Straffreiheit kann nicht erlangt werden, wenn von den bisher verschwiegenen Besteuerungsgrundlagen bewusst nur ausgewählte Sachverhalte nacherklärt werden, z.B. weil nur genau deren Aufdeckung unmittelbar befürchtet wird. Alle Besteuerungsgrundlagen müssten demnach zutreffend nacherklärt werden . Ein Taktieren mit einer bloß teilweisen Offenbarung (bewusste Teilselbstanzeige) soll damit ausgeschlossen sein. Nur wer sich für eine vollständige Rückkehr in die Steuerehrlichkeit entscheidet, könne sich der Straffreiheit sicher sein. Unbewusste Unrichtigkeiten und Unvollständigkeiten sollen jedoch nicht zum Ausschluss der Straffreiheit führen.

4. Mit einer Übergangsregelung  soll das Vertrauen der Steuerpflichtigen, die bereits vor Verkündung des neuen Gesetzes eine Teilselbstanzeige erstattet haben, berücksichtigt werden. Das heisst: Für bereits erstattete Selbstanzeigen, die tatsächlich (nur) Teilselbstanzeigen waren, soll daher der bei Abgabe der Selbstanzeige bestehende Status der Straffreiheit insoweit erhalten bleiben. Die nach dem Tag der Verkündung des Gesetzes erstattete (weitere) Selbstanzeige sollen als erstmalige Selbstanzeige gewertet werden. Die Straffreiheit soll dabei nur eintreten, wenn zu diesem Zeitpunkt alle bis dahin noch nicht offenbarten steuerlich erheblichen Sachverhalte der unverjährten Vergangenheit in vollem Umfang erklärt, berichtigt oder ergänzt werden.

QUELLE: NWB Reform-Radar


Verfassungsrechtliche Zweifel an der sog. Mindestbesteuerung

Pressemitteilung des BFH zum Beschluss vom 26.08.10   I B 49/10:

 "Der Bundesfinanzhof (BFH) hat am 26. August 2010 I B 49/10 in einem Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes entschieden, dass die sog. Mindestbesteuerung in bestimmten Situationen zu einer verfassungsrechtlich unangemessenen Besteuerung führen kann.

Seit 2004 dürfen in den Vorjahren nicht ausgeglichene negative Einkünfte in den folgenden Veranlagungszeiträumen zwar bis zur Höhe von 1 Mio. Euro unbeschränkt von einem entsprechend hohen positiven Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen werden, ein übersteigender Verlustbetrag aber nur bis zu 60% des 1 Mio. Euro übersteigenden Gesamtbetrags der Einkünfte. Bei einem bestehenden Verlustvortrag in Höhe von z.B. 3 Mio. Euro und einem zu versteuernden Einkommen vor Verlustausgleich im aktuellen Jahr in Höhe von z.B. 2 Mio. Euro bedeutet das: Es können lediglich 1,6 Mio. Euro der Verluste ausgeglichen werden, während für 400 000 Euro Steuern anfallen. Die verbleibenden Verluste können erst in den Folgejahren abgezogen werden.

 Allgemein wird in dieser liquiditätsbelastenden zeitlichen „Streckung“ des Verlustabzugs kein Verfassungsverstoß gesehen. Das gilt aber nur solange, wie ein Abzug der verbleibenden Verluste in den Folgejahren prinzipiell möglich ist. Bedenken bestehen jedoch, wenn es zu einem endgültigen Fortfall der Verlustnutzungsmöglichkeit kommt. Diesen Bedenken hat sich der BFH nun angeschlossen."

Das konkrete Verfahren betraf eine GmbH, die hohe Verluste erwirtschaftet und diese wegen der Mindestbesteuerung nur teilweise abziehen konnte. In der Folgezeit kam es zu einer Umstrukturierung und einem Gesellschafterwechsel, der dazu führte, dass der wegen der Mindestbesteuerung nicht ausgenutzte Verlustvortrag nach § 8c des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) in Gänze verloren ging. Der BFH hat ernstliche Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der Mindestbesteuerung, soweit sie für einen derartigen endgültigen Ausfall des Verlustabzugs keine gesetzliche Vorsorge trifft. Er erwägt deswegen eine verfassungskonforme Normauslegung. Offen bleibt, ob § 8c KStG nicht seinerseits Verfassungsbedenken aufwirft.

Bundesfinanzhof
Pressestelle      Tel. (089) 9231-233
Pressereferent  Tel. (089) 9231-300

 


Neuregelung der steuerlichen Berücksichtigung eines häuslichen Arbeitszimmers verfassungswidrig

Häusliches Arbeitszimmer wieder leichter steuerlich absetzbar! Mit Pressemitteilung vom 29.7.2010 hat das BVerfG mitgeteilt, dass es bereits am 6.7.2010 (2 BvL 13/09) beschlossen hat, dass die Neuregelung zur Nichtabziehbarkeit der Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer, wie sie seit dem Veranlagungsjahr 2007 galt, verfassungswidrig ist.  

Mit dem Jahressteuergesetz 1996 wurde in § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG die steuerliche Berücksichtigung von Aufwendungen für ausschließlich betrieblich oder beruflich genutzte häusliche Arbeitszimmer als Betriebsausgaben oder Werbungskosten erstmals eingeschränkt. Eine Ausnahme vom grundsätzlich geregelten Verbot des Abzugs solcher Aufwendungen galt danach dann, wenn die betriebliche oder berufliche Nutzung des Arbeitszimmers mehr als 50 % der gesamten betrieblichen und beruflichen Tätigkeiten betrug oder wenn für die betriebliche oder berufliche Tätigkeit kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung stand. Eine unbeschränkte Abzugsmöglichkeit war darüber hinaus nur noch zugelassen, wenn das Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Tätigkeit bildete. Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem Urteil vom 7. Dezember 1999 (BVerfGE 101, 297) die Verfassungsmäßigkeit dieser Einschränkung bejaht.

Mit dem Steueränderungsgesetz 2007 wurde die Abzugsmöglichkeit weiter eingeschränkt. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG erlaubt den Abzug der Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer sowie die Kosten der Ausstattung nur noch, wenn das Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung bildet. Der Kläger des Ausgangsverfahrens, der beruflich als Hauptschullehrer tätig ist, nutzte täglich für zwei Stunden ein ausschließlich beruflich genutztes häusliches Arbeitszimmer. Die von ihm beantragte Zuweisung eines Arbeitsplatzes in der Schule zur Vor- und Nachbereitung des Unterrichts war vom Schulträger abgelehnt worden. Das Finanzamt ließ die vom Kläger in seiner Einkommensteuererklärung für das Jahr 2007 geltend gemachten Aufwendungen für das häusliche Arbeitszimmer unberücksichtigt. Die deswegen vor dem Finanzgericht erhobene Klage führte zur Vorlage des Finanzgerichts.

Der Zweite Senat des Bundesverfassungsgerichts hat mit einer Mehrheit von 5:3 Stimmen entschieden, dass die Neuregelung in § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG gegen den allgemeinen Gleichheitssatz verstößt, soweit die Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer auch dann von der steuerlichen Berücksichtigung ausgeschlossen sind, wenn für die betriebliche oder berufliche Tätigkeit kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht. Der Gesetzgeber ist danach verpflichtet, rückwirkend auf den 1. Januar 2007 durch Neufassung des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG den verfassungswidrigen Zustand zu beseitigen. Die Gerichte und Verwaltungsbehörden dürfen die Vorschrift im Umfang der festgestellten Unvereinbarkeit mit dem Grundgesetz nicht mehr anwenden, laufende Verfahren sind auszusetzen.

Der Entscheidung liegen im Wesentlichen folgende Erwägungen zugrunde:

Der allgemeine Gleichheitssatz verlangt vom Einkommensteuergesetzgeber eine an der finanziellen Leistungsfähigkeit ausgerichtete hinreichend folgerichtige Ausgestaltung seiner Belastungsentscheidungen. Die für die Lastengleichheit im Einkommensteuerrecht maßgebliche finanzielle Leistungsfähigkeit bemisst sich unter anderem nach dem objektiven Nettoprinzip. Danach sind betrieblich oder beruflich veranlasste Aufwendungen als Betriebsausgaben oder Werbungskosten von der Bemessungsgrundlage abziehbar. Benachteiligende Ausnahmen von dieser Belastungsgrundentscheidung des Einkommensteuergesetzgebers bedürfen eines besonderen sachlichen Grundes, um den Anforderungen des allgemeinen Gleichheitssatzes zu genügen.

Daran fehlt es hier. Die im Gesetzgebungsverfahren angeführten fiskalischen Gründe sind nicht geeignet, die Neuregelung vor dem allgemeinen Gleichheitssatz zu rechtfertigen. Das Ziel der Einnahmenvermehrung stellt für sich genommen keinen hinreichenden sachlichen Grund für Ausnahmen von einer folgerichtigen Ausgestaltung einkommensteuerrechtlicher Belastungsentscheidungen dar. Denn dem Ziel der Einnahmenvermehrung dient jede, auch eine willkürliche steuerliche Mehrbelastung.

Darüber hinaus verfehlt die Neuregelung das Gebot einer hinreichend realitätsgerechten Typisierung, soweit Aufwendungen für das häusliche Arbeitszimmer auch dann nicht zu berücksichtigen sind, wenn für die betriebliche oder berufliche Tätigkeit kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht. Denn der Mangel eines alternativen Arbeitsplatzes, der sich durch die Vorlage einer Bescheinigung des Arbeitgebers ohne weiteres nachweisen lässt, liefert eine leicht nachprüfbare Tatsachenbasis für die Feststellung der tatsächlich betrieblichen oder beruflichen Nutzung und damit die Möglichkeit einer typisierenden Abgrenzung von Erwerbs- und Privatsphäre. Dagegen ist die Ermittlung und Bestimmung der nach der Neuregelung vom Abzugsverbot ausgenommenen Kosten eines Arbeitszimmers, das den „qualitativen“ „Mittelpunkt“ der gesamten betrieblichen oder beruflichen Tätigkeit bildet, offenkundig aufwendig und streitanfällig. Gemessen an den Zielen des Gesetzes - Vereinfachung, Streitvermeidung und Gleichmäßigkeit der Besteuerung - wird das Abzugsverbot, soweit es die Fallgruppe „kein anderes Arbeitszimmer“ betrifft, den Anforderungen einer realitätsgerechten Typisierung daher nicht gerecht.

In Erweiterung der verfassungsrechtlichen Prüfung hat das Bundesverfassungsgericht jedoch entschieden, dass die Ausdehnung des Abzugsverbotes nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz verstößt, soweit davon nunmehr auch Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer erfasst sind, das zu mehr als 50 % der gesamten betrieblichen oder beruflichen Tätigkeit ausschließlich betrieblich oder beruflich genutzt wird. Der Umfang der Nutzung des Arbeitszimmers ist allenfalls ein schwaches Indiz für dessen Notwendigkeit, wenn dem Steuerpflichtigen von seinem Arbeitgeber ein weiterer Arbeitsplatz zur Verfügung gestellt wird. Es fehlt zudem an leicht nachprüfbaren objektiven Anhaltspunkten für die Kontrolle der Angaben des Steuerpflichtigen zum Umfang der zeitlichen Nutzung des Arbeitszimmers.

 QUELLE: BVerG Pressemitteilung 55/2010 vom 29.7.2010


Werbungskosten | Kosten für Fortbildungskurs im Ausland sind aufteilbar und abzugsfähig (BFH)

Aufwendungen eines Arztes für die Teilnahme an einem Fortbildungskurs, der mit bestimmten Stundenzahlen auf die Zusatzbezeichnung "Sportmedizin" angerechnet werden kann, stellen teilweise Werbungskosten dar, auch wenn der Lehrgang gute Gelegenheit zur Ausübung verbreiteter Sportarten bietet (BFH, Urteil v. 21.4.2010 - VI R 66/04; veröffentlicht am 2.6.2010).

Sachverhalt: Der Kläger, ein angestellter Unfallarzt,  beantragte den Abzug von Kosten, die  für die Teilnahme an einem sportmedizinischen Wochenkurs am Gardasee hatte,  als Werbungskosten bei seinen Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit . Es handelte sich um eine Fortbildung, die von der Ärztekammer für den Erwerb der Zusatzbezeichnung "Sportmedizin" anerkannt wurde. Diese war an verschiedene Voraussetzungen geknüpft; darunter war auch die Teilnahme an dem von der Ärztekammer anerkannten sportmedizinischen Kursen von insgesamt 120 Stunden Dauer. Nach dem Programm des Kurses waren in den frühen Morgenstunden und am späten Nachmittag Vorträge zur Fortbildung angesetzt, während in der Zeit von 9:15 bis 15:45  Theorie und Praxis verschiedener Sportarten wie Surfen, Biken, Segeln, Tennis und Bergsteigen erlernt werden konnte.

Dazu führt der BFH weiter aus: "Der Abzug der Reisekosten setzt nach der bisherigen Rechtsprechung des BFH voraus, dass die Reise ausschließlich oder nahezu ausschließlich der beruflichen/betrieblichen Sphäre zuzuordnen ist. Zur Begründung diente im Wesentlichen auf § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG. Danach verbietet diese Vorschrift zur Wahrung der steuerlichen Gerechtigkeit die Aufteilung und damit den Abzug von Aufwendungen, die sowohl der privaten Lebensführung dienen als auch den Beruf fördern.

Mit Beschluss vom 21.9.2009 - GrS 1/06  hat der Große Senat des BFH diese Rechtsprechung aufgegeben. Nach seiner Auffassung normiert § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG kein allgemeines Aufteilungs- und Abzugsverbot. Die Vorschrift steht somit einer Aufteilung von gemischt veranlassten, aber anhand ihrer beruflichen und privaten Anteile trennbaren Reisekosten nicht entgegen. Aufwendungen für Reisen, die abgrenzbare berufliche und private Anteile enthalten, sind grundsätzlich aufzuteilen, sofern die berufliche oder private Veranlassung nicht von untergeordneter Bedeutung ist. Als sachgerechter Aufteilungsmaßstab kommt in derartigen Fällen das Verhältnis der beruflichen und privaten Zeitanteile der Reise in Betracht. Das unterschiedliche Gewicht der verschiedenen Veranlassungsbeiträge kann es jedoch im Einzelfall erfordern, einen anderen Aufteilungsmaßstab heranzuziehen oder von einer Aufteilung ganz abzusehen.""
Quelle: BFH online