Die wechselhafte Rechtssprechung zur Aufrechnung der Umsatzsteuer im Insolvenzverfahren hat erneute Änderungen erfahren.  Diesmal hat der BFH über die Aufrechnung von Ansprüchen aus einer Entgeltberichtigung im Sinne des § 17 UStG entschieden:

“Für die Anwendung des in der Insolvenzordnung geregelten Aufrechnungsverbots (§ 96 InsO) ist entscheidend, wann der materiell-rechtliche Berichtigungstatbestand des § 17 Abs. 2 UStG verwirklicht wird. Nicht entscheidend ist, wann die zu berichtigende Steuerforderung begründet worden ist (BFH, Urteil v. 25.7.2012 – VII R 29/11; veröffentlicht am 31.10.2012) .

Hintergrund: Gerät ein Steuerpflichtiger in Insolvenz, besteht für das Finanzamt oftmals nur dann eine aussichtsreiche Möglichkeit, offene Umsatzsteuerforderungen aus der Zeit vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens zu realisieren, wenn es seine Forderungen gegen Zahlungsansprüche des betreffenden Unternehmens (etwa aus Vorsteuerüberhängen in anderen Veranlagungszeiträumen) aufrechnen kann. Die Insolvenzordnung lässt eine solche Aufrechnung zwar grds. zu; sie verbietet sie jedoch, soweit der Insolvenzgläubiger dem Schuldner erst nach Eröffnung des Verfahrens etwas schuldig geworden ist (§ 96 Abs. 1 Nr. 1 InsO). Das war nach der bisherigen Rechtsprechung dann nicht der Fall – eine Aufrechnung war also zulässig -, wenn der Anspruch des Steuerpflichtigen zwar steuerrechtlich erst während des Insolvenzverfahrens entstanden war, jedoch auf dem Ausgleich einer vor Verfahrenseröffnung erfolgten Steuerfestsetzung beruhte, insbesondere etwa einer Umsatzsteuerberichtigung wegen Uneinbringlichwerden des Entgelts (vgl. z.B. BFH, Beschluss v. 6.10.2005 – VII B 309/04). Diese Rechtsprechung hat der BFH nun aufgegeben.

Hierzu führt der BFH weiter aus: Für die Anwendung des § 96 Abs. 1 Nr. 1 InsO ist entscheidend, wann der materiell-rechtliche Berichtigungstatbestand des § 17 Abs. 2 UStG verwirklicht wird. Nicht entscheidend ist, wann die zu berichtigende Steuerforderung begründet worden ist (Änderung der Rechtsprechung). Ohne Bedeutung ist – ebenso wie der Zeitpunkt der Abgabe einer Steueranmeldung oder des Erlasses eines Steuerbescheids, in dem der Berichtigungsfall erfasst wird -, ob der Voranmeldungs-  oder Besteuerungszeitraum erst während des Insolvenzverfahrens abläuft. ”

Kommentar: Diese Wendung der Rechtssprechung ist grundsätzlich zu begrüßen, weil sie konsequent zur Systematik des  UStG zurückkehrt.Das konnte  man in letzter Zeit nicht von allen BFH-Entscheidungen im Spannungsfeld zwischen Umsteuerrecht und Insolvenzrecht behaupten konnte. Damit ist vor allem an die merkwürdige Auffassung des BFH im Zusammenhang mit der Besteuerung von nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens vereinnahmten Forderungen, die vor Verfahrenseröffnung begründet wurden erinnert.
Quelle: NWB Verlag